OLG München zu künstlicher Befruchtung: Kein Anspruch auf Sperma eines Toten

22.02.2017

Ein Paar wünscht sich ein Kind und setzt auf künstliche Befruchtung. Doch dann stirbt der Ehemann, dessen Sperma in einer Klinik lagert. Seitdem klagt die Witwe auf Herausgabe. Auch vor dem OLG hatte sie am Mittwoch aber keinen Erfolg.

Am Traum vom gemeinsamen Kind hält sie auch nach dem Tod ihres Mannes fest: Eine 35 Jahre alte Witwe hat vor dem Oberlandesgericht (OLG) München auf Herausgabe des Spermas ihres verstorbenen Ehemannes geklagt - und den Rechtsstreit verloren. Die Frau darf sich nicht mit dem Sperma befruchten lassen, entschied das Gericht am Mittwoch (Urt. v. 22.02.2017, Az. 3 U 4080/16).

Das OLG bestätigte damit ein Urteil des Landgerichts (LG) Traunstein und wies die Berufung zurück. Die Revision zum Bundesgerichtshof (BGH) wurde allerdings zugelassen.

Die Frau und ihr Ehemann, der im Juli 2015 mit 38 Jahren nach einer Herztransplantation starb, hatten sich vergeblich Kinder gewünscht und auf künstliche Befruchtung gesetzt. Die Klägerin möchte auch nach dem Tod ihres Mannes mit seinem Sperma, das in einer Klinik am Chiemsee lagert, künstlich befruchtet werden. Die Klinik verweigerte die Herausgabe unter Berufung auf das Embryonenschutzgesetz (ESchG); die Strafnorm des § 4 Abs. 1 Nr. 3 hält die Klägerin indes für verfassungswidrig.

OLG zweifelt nicht am Verbot im Embryonenschutzgesetz

Das Urteil gibt auch ihre Begründung wieder: "Das Interesse der Klägerin auf Fortpflanzung, insbesondere daran, die Gene ihres verstorbenen Mannes und ihre eigenen im und am Kind zu sehen und zu erleben, überwiege die Aspekte, dass das Kind ohne Vater aufwachse und es möglicherweise für das Kind ein Problem darstelle, wenn es erfahre, wie es gezeugt wurde."

Das Gericht bestätigte aber im Wesentlichen die Ansicht der Klinik. Die kann sich auf das Embryonenschutzgesetz berufen, das die sog. Post-mortem-Befruchtung, also die Verwendung des Samens eines Mannes nach dessen Tod verbietet. Das OLG erklärte am Mittwoch, die Klinik könnte sich der Beihilfe zum Verstoß gegen das Gesetz schuldig machen, wenn sie das Sperma wie von der Witwe gewünscht herausgäbe. § 4 Abs 2 ESchG nimmt nämlich nur die Frau, der die Samenzellen eingesetzt werden, nicht aber die Ärzte von der Strafbarkeit aus. "Von der Verfassungswidrigkeit der entscheidungserheblichen Norm des (...) Embryonenschutzgesetzes ist der Senat nicht überzeugt."

Selbst wenn man die grundrechtlich geschützten Positionen der klagenden Frau über den vom Gesetzgeber als maßgeblich erachteten Schutz des Kindeswohls stellen wollte, stünden zumindest die Interessen des verstorbenen Ehemanns einer Post-mortem-Befruchtung entgegen, so die Münchner Richter. Sein postmortales Persönlichkeitsrecht stehe der Fiktion entgegen, dass er auch nach seinem Tod noch mit der Zeugung mit seinen Spermien einverstanden wäre. Eine testamentarische Erklärung o.ä. gibt es nämlich ebensowenig wie eine Regelung im Vertrag mit der Klinik. Das Gericht stützt sich dabei darauf, dass ein Samenspender zu Lebzeiten sein Einverständnis mit der Verwendung seiner Samenspende jederzeit und ohne Angabe von Gründen widerrufen kann. 

In der Verhandlung hatte das Gericht die Entscheidung bereits angedeutet: "Wir haben lange überlegt", sagte der Vorsitzende Richter. "Das ist keine einfach zu klärende Frage." Aber: "Nicht alles, was technisch machbar ist, muss auch rechtlich zulässig sein."

Das Gericht kam schon in der Verhandlung zu dem Schluss, dass das Embryonenschutzgesetz in dieser konkreten Fragestellung nicht verfassungswidrig sei. "Es mögen gewisse Zweifel verbleiben, aber sie reichen nicht dafür aus, dass wir das Gesetz dem Bundesverfassungsgericht vorlegen."

dpa/una/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

OLG München zu künstlicher Befruchtung: Kein Anspruch auf Sperma eines Toten . In: Legal Tribune Online, 22.02.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/22181/ (abgerufen am: 20.04.2024 )

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