OLG München zu Embryonenschutzgesetz: Frau darf wohl nicht von totem Ehemann schwanger werden

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Eine Frau möchte sich mit dem Samen ihres verstorbenen Mannes befruchten lassen, doch das Embryonenschutzgesetz untersagt dies. Das OLG München hat heute angedeutet, dass die Klage der Frau wohl wenig Aussicht auf Erfolg hat.
"Wir haben lange überlegt", sagte der Vorsitzende Richter am Oberlandesgericht (OLG) München Wilhelm Schneider am Mittwoch. "Das ist keine einfach zu klärende Frage." Die Frage, vor der das Gericht steht, ist, ob einer Frau mit dem Samen ihres verstorbenen Mannes ihr Kinderwunsch erfüllt werden darf. Im Prozess gab es am Mittwoch noch kein Urteil, doch der Senat* machte der Klägerin nur wenig Hoffnung.
Die 35-Jährige aus dem Raum Traunstein und ihr Mann, der mit 38 Jahren nach einer Herztransplantation verstarb, hatten sich gemeinsamen Nachwuchs gewünscht, waren jedoch bis zuletzt kinderlos geblieben. Auch Versuche der künstliche Befruchtungen mit dem Sperma des Mannes scheiterten.
Nach dem Tod ihres Mannes ist der Kinderwunsch der Frau geblieben, weshalb sie nun mit dem Samen, der in einer Klinik am Chiemsee lagert, einen weiteren Versuch unternehmen will. Zwei Proben waren vor seinem Tod eingefroren worden. § 4 Abs. 1 Nr. 3 des Embryonenschutzgesetzes (ESchG) untersagt jedoch die Befruchtung mit dem Samen eines Toten. Während der Frau keine Konsequenzen drohen, ist ein solcher Eingriff für die behandelnden Ärzte unter Strafe gestellt.
Keine Vorlage zum BVerfG
Aus diesem Grund verweigerte die Klinik der Frau die neuerliche Befruchtung, wogegen sie nun vor Gericht zog. Sie hält die Vorschrift des ESchG für verfassungswidrig. In der Vorinstanz hatte bereits das Landgericht (LG) Traunstein die Klage auf Herausgabe des Samens abgewiesen.
Dass die Entscheidung des OLG in die gleiche Richtung gehen wird, ließ der Senat in der Verhandlung am Mittwoch bereits durchscheinen. Bestünden Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift des ESchG, so müsste das OLG nach Art. 100 Abs. 1 Grundgesetz (GG) die Norm dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorlegen.
Richter Schneider erklärte dagegen: "Es mögen gewisse Zweifel verbleiben, aber sie reichen nicht dafür aus, dass wir das Gesetz dem Bundesverfassungsgericht vorlegen". Schließlich habe sich der Gesetzgeber etwas dabei gedacht und eine Interessenabwägung vorgenommen. Nicht alles, was technisch machbar sei, müsse demnach auch zulässig sein, so Schneider. Zudem sehe der Vertrag mit der Klinik vor, dass das Sperma des Mannes nach seinem Tod vernichtet werde.
Ein Urteil soll es erst in drei Wochen geben, doch die Chancen auf einen positiven Ausgang aus Sicht der Klägerin scheinen nach den Äußerungen des Vorsitzenden gering. Das Gericht kündigte aber bereits an, die Revision zum Bundesgerichtshof (BGH) zulassen zu wollen.
*Hier war zunächst irrtümlich von der Kammer die Rede, geändert am 02.02.2017, 15.56 Uhr.
dpa/mam/LTO-Redaktion
"Dass die Entscheidung des OLG in die gleiche Richtung gehen wird, ließ die Kammer in der Verhandlung am Mittwoch bereits durchscheinen."
Der_JuristWieso sollte die Kammer (also das LG) Aussagen zum Verfahren vor dem OLG (welches mit Senaten besetzt ist) machen?
Du hast einen Fehler entdeckt, geatuliere... Ich lehne mich mal weit aus dem Fenster und behaupte, dass der Senat gemeint war.
Dann muss sich die Frau wohl den Nachlass ihres Mannes in der Klinik am Chiemsee aushändigen lassen und eine Reise ins Ausland unternehmen.
RDALiebe LTO-Redaktion,
Manleider häufen sich die Ungenauogkeiten in rechtlicher Hinsicht, was sehr schade ist, denn der Anspruch einer Fachseite sollte doch dahingehen genau zu arbeiten.
In vielen Artikeln Artikel kommen (nett ausgedrückt) Ungenauigkeiten vor.
Wir haben doch mittlerweile genügend Berichterstattung, welche falsch oder ungenau ist.
Ich würde mich sehr freuen, wenn sich dies wieder ändern würde.
Viele Grüße.
Warum verlangt die Frau nicht die Herausgabe des Tiefgefrorenen und lässt die Befruchtung dann an einem Ort vornehmen, wo es die hiesigen Beschränkungen für die Ärzteschaft nicht gibt?
Ano NymWeil die Kryo-Einrichtung der Frau den Samen nicht so einfach herausgeben darf. Vielmehr verlangt das Geweberecht, dass der Weg des Samens nachverfolgbar sein muss - und die Herausgabe an die Ehefrau (wenn diese überhaupt einen Herausgabeanspruch hätte, was nach den meisten Kryoverträgen eher zweifelhaft ist) erfüllt nicht diese Anforderungen.
Habe ich den Fall falsch verstanden? Das Eigentum am Samen hat der Spender durch die Einlagerung beim Kryo-Institut nicht aufgegeben. Als Erbin ist die Frau nun Eigentümerin geworden und kann die Herausgabe verlangen. Welche Rechtsnorm verhindert denn Ihrer Meinung nach, dass die Frau ihr Erbe antritt?
"Welche Rechtsnorm verhindert denn Ihrer Meinung nach, dass die Frau ihr Erbe antritt?"
celestroIch werfe mal ein Zitat aus dem Artikel in den Raum:
"Zudem sehe der Vertrag mit der Klinik vor, dass das Sperma des Mannes nach seinem Tod vernichtet werde."
Es gibt also nur eine privatrechtliche Vereinbarung (und kein "Geweberecht")? Warum kann sie den Vertrag aus wichtigem Grund nicht schlicht kündigen?
Bzgl dem Vertrag erlaube ich mir die Frage in den Raum zu stellen, ob die Vernichtung nach dem Tode nicht einfach Teil der AGB des Vertrags ist? Es klingt danach, wenn geltendes Recht die Nutzung nach dem Tode des Spenders verbietet und die Klinik damit den Verbleib des Samens in dem Fall einfach regeln wollten.
MichiDann stellt sich die Frage einer möglichen AGB Inhaltskontrolle.
Ich hätte den Vertrag gekündigt und hilfsweise diese Klausel angegriffen und die Herausgabe an die Erbin verlangt, schließlich wurde der Samen durch die Spende zur Sache und sie als Erbin tritt in das Eigentumsrecht daran ein.
Dann hätte ich der Einfachheit halber im EU Ausland nach einem Staat gesucht der die Verwendung nach dem Tode nicht verbietet und einen geregelten Transport an eine dortige Einrichtung angestrengt.
Was übersehe ich?
Für die Kündigung des Vertrages benötigen Sie höchstwahrscheinlich einen Kündigungsgrund (es darf mal angenommen, dass kein grundloses Kündigungsrecht vereinbart wurde).
Einen solchen sehe ich nicht.
Kündigung "aus wichtigem Grund", wie zuvor von Ano Nym vorgeschlagen, dürfte auch nicht in Betracht kommen, da insbesondere der Tod des Mannes kein solcher Grund sein kann - schließlich war dieses Ereignis gerade ein bei Vertragsschluss vorhergesehener Umstand, dem eine Regelung ausdrücklich zugewiesen wurde.
Davon abgesehen:
die Gesetzesregelung, dass Samenspenden von Toten (ausnahmslos) verbietet, ist extrem dämlich!!!
JA - mir scheint es auch so, dass die Verantwortung bei einem Flickschuster, d.h. dem Gesetzgeber liegt. Wir Juristen werden ja ständig mit neuen Unzulänglichkeiten aus den Bereich konfrontiert. Einerseits freut uns das, ist ja bezahlte Arbeit für uns, aber andererseits wäre ein gewisses Maß an Sachverstand beim Gesetzgeber auch nicht schlecht.
ULLRICH DOBKE