IfSG-Verschärfung geplant: Kommt die bun­des­weit ver­bind­liche "Not­b­remse"?

09.04.2021

Anfang März hatten sich die Ministerpräsidenten auf die sogenannte Notbremse ab einer Inzidenz von 100 geeinigt. An der Umsetzung hatte es aber gehapert. Nun ist der nächste Corona-Gipfel abgesagt, stattdessen soll das IfSG geändert werden.

Überraschende Wende bei der Corona-Strategie von Bund und Ländern: Die vor Ostern vereinbarte nächste Runde von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mit den Ministerpräsidenten der Länder fällt aus. Stattdessen soll im Eilverfahren das Infektionsschutzgesetz (IfSG) nachgeschärft werden, wie die stellvertretende Regierungssprecherin Ulrike Demmer am Freitag in Berlin mitteilte. Ziel sei es, bundesweit einheitliche Regelungen für Regionen mit hohen Infektionszahlen zu schaffen. Die Änderung solle schon in der kommenden Woche vom Kabinett beschlossen werden. Dessen Sitzung werde von Mittwoch auf Dienstag vorgezogen.

Demmer sagte: "Bund und Länder haben sich heute darauf verständigt, in enger Absprache mit den Bundestagsfraktionen das Infektionsschutzgesetz zu ergänzen, um nun bundeseinheitlich zu regeln, welche Beschränkungen zu ergreifen sind, wenn die Sieben-Tage-Inzidenz in einem Landkreis über 100 liegt." Angestrebt werde ein "ganz normales Gesetzgebungsverfahren", sagte die Sprecherin. Der Entwurf werde vor der Verabschiedung im Kabinett mit den Fraktionen im Bundestag und mit den Ländern besprochen. In der kommenden Woche wird es nach ihren Angaben keine Ministerpräsidentenkonferenz mehr geben.

Für den Fall, dass die Sieben-Tage-Inzidenz in einer Region den Wert von 100 Neuinfektionen je 100.000 Einwohner übersteigt, hatten Bund und Länder bereits Anfang März Regeln vereinbart: Alle Lockerungen der Corona-Maßnahmen müssten demnach wieder vollständig zurückgenommen werden. Allerdings hat sich in den vergangenen Wochen vielfach gezeigt, dass diese sogenannte Notbremse nicht angewendet wird. Dies hatte auch Merkel kritisiert. Offenbar sollen die Regeln nun im IfSG verbindlich festgeschrieben werden. Wie die zusätzlichen Regelungen aussehen könnten, wollte Demmer am Freitag allerdings nicht sagen. "Das wäre den Verhandlungen vorgegriffen." Sie betonte, dass das Vorgehen in enger Abstimmung zwischen Bund und Ländern vereinbart worden sei.

"Es kann schnell gehen, wenn die Beteiligten alle wollen"

Den Anfang dieser neuen Entwicklungen machte ein Vorstoß der Spitzen der Koalitionsfraktionen im Bundestag. Die Fraktionschefs Ralph Brinkhaus (CDU) und Rolf Mützenich (SPD) sowie CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt hatten in einem Brief an die Kanzlerin und den Vorsitzenden der Ministerpräsidentenkonferenz, Berlins Regierenden Bürgermeister Michael Müller (SPD), eine Bundestagsdebatte noch vor der nächsten Bund-Länder-Runde verlangt. Sie hatten dazu eine Regierungserklärung oder eine Debatte im Parlament vorgeschlagen.

Dem Bund mehr Kompetenzen zuzusprechen, sieht Wolfang Schäuble, Bundestagspräsident, auch als Chance für die Länder. "Wenn die Ministerpräsidenten nach jeder Ministerpräsidentenkonferenz dann hinterher doch wieder irgendwie unterschiedlich wirken und das auch beklagen; vor jeder Ministerpräsidentenkonferenz auch appellieren, sie sollen es alle einheitlich machen, dann können wir als Gesetzgeber ihnen dabei doch ein ganzes Stück weit helfen", sagte Schäuble.

Änderungen, so Schäuble, könnten schon in kürzester Zeit umgesetzt werden: "Es kann schnell gehen, wenn die Beteiligten alle wollen", sagte er am Donnerstagabend dem ZDF-heute-journal. In den beiden nächsten Sitzungswochen könne man entweder den Bund ermächtigen, bundeseinheitliche Regelungen für Corona-Maßnahmen zu erlassen. Dazu brauche man eine Zustimmung des Bundesrats. Oder man könne "bestimmte Regeln für die Länder verbindlich vorgeben durch Bundesgesetz". Dem müsse der Bundesrat nicht zustimmen, sagte Schäuble. Zur Not könne dies auch in einer Sitzungswoche passieren.

ast/dpa/LTO-Reaktion

Zitiervorschlag

IfSG-Verschärfung geplant: Kommt die bundesweit verbindliche "Notbremse"? . In: Legal Tribune Online, 09.04.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/44692/ (abgerufen am: 22.04.2024 )

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