BFH zur Pflege des Brauchtums: "Gesetz­geber hat nicht das Par­ty­ma­chen för­dern wollen"

07.02.2017

Im Steuerrecht ist der Karneval keineswegs närrisch - sondern gemeinnützig und damit steuerprivilegiert. Das gilt aber nicht für Kostümpartys, die zwar an Karneval stattfinden, mit Brauchtum aber wenig zu tun haben, entschied jetzt der BFH.

Der Bundeshof (BFH) zeigt dem Karneval die steuerlichen Grenzen auf. Denn nach Einschätzung des höchsten deutschen Finanzgerichts verdient nicht jede als "Karnevalsparty" bezeichnete Veranstaltung den Steuervorteil für die Pflege des Brauchtums. Mit einem am Dienstag veröffentlichten Urteil entzogen die Richter in München der populären "Nacht der Nächte" in Bergisch-Gladbach das Steuerprivileg. Anstelle von 7 Prozent Umsatzsteuer ist für die alljährliche Kostümparty der Regelsatz von 19 Prozent fällig, weil diese nicht traditionell genug ist (Urt. v. 30.11.2016 Az. V R 53/15).

Die "Nacht der Nächte" der Karnevalsgesellschaft Alt-Paffrath mit alljährlich weit über 1.000 Besuchern ist seit langem ein gesellschaftliches Highlight in Bergisch-Gladbach - und hat nun als Steuerfall Rechtsgeschichte geschrieben. Die Alt-Paffrather setzten alle juristischen Hebel in Bewegung, um das Steuerprivileg zu behalten. Doch damit stießen sie beim BFH auf taube Ohren: "Der Gesetzgeber hat nicht das Partymachen fördern wollen", sagte Richter Hans-Werner Heidner. "Sondern das traditionelle Brauchtum." Am grundsätzlichen Steuerprivileg rütteln die Finanzrichter nicht: "Dem Bundesfinanzhof ist klar, dass es sich beim rheinisches Karneval um ein hohes Kulturgut handelt", sagte Heidner.

Kommerzielle Kostümpartys konkurrieren mit Karnevallsgesellschaft

Laut Urteil verdient eine Karnevalsparty den Steuervorteil nur, wenn sie durch "Elemente des Karnevals in seiner traditionellen Form" geprägt ist. Im konkreten Fall ging es um die "Nacht der Nächte" 2009. Damals waren unter anderem die Cheerleader des 1. FC Köln und ein Schlagersänger aufgetreten, die die Anforderungen des Fiskus an die Brauchtumspflege nicht erfüllten. Ein weiteres Argument: Es gibt auch Kostümpartys kommerzieller Veranstalter, mit denen die Karnevalsgesellschaft konkurriert - doch die kommerziellen Partys sind nicht steuerbegünstigt.

"Wir nehmen das mit Bedauern zur Kenntnis, aber natürlich werden wir uns der Juristerei beugen", sagte Rudolf Pick, Vorsitzender der Alt-Paffrather Karnevalsgesellschaft. "Wir haben versucht, den schmalen Grat zwischen der traditionellen Pflege des Brauchtums und einer zeitgemäßen Veranstaltung zu gehen."

dpa/acr/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

BFH zur Pflege des Brauchtums: "Gesetzgeber hat nicht das Partymachen fördern wollen" . In: Legal Tribune Online, 07.02.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/22021/ (abgerufen am: 28.03.2024 )

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