Afrikanische Schweinepest in Deutschland: Das große Schlachten

Gastbeitrag von Prof. Dr. Alexander Schink und Dr. Michael Winkelmüller

14.09.2020

In Deutschland wurde der erste Fall der afrikanischen Schweinepest bei einem Wildschwein nachgewiesen. Was das rechtlich für Landwirte bedeutet – und was für Zucht- und Wildschweine – erläutern Alexander Schink und Michael Winkelmüller.

Das Landeslabor Berlin-Brandenburg und anschließend das Friedrich-Loeffler-Institut (LFI) als nationales Referenzlabor kamen zu einem eindeutigen Testergebnis: Ein in Brandenburg kurz hinter der polnischen Grenze im Landkreis Spree-Neiße verendetes Wildschwein war mit der Afrikanischen Schweinepest (ASP) infiziert. Damit liegt rechtlich ein ASP-Ausbruch vor (§ 1 Abs. 1 Nr. 3 der Schweinepest-Verordnung). ASP ist für den Menschen ungefährlich, für Schweine allerdings fast immer tödlich. Deswegen stellt sie eine erhebliche Gefährdung für landwirtschaftliche und industrielle Schweinebetriebe dar.

Der offiziell festgestellte ASP-Ausbruch löst eine ganze Reihe von Rechtsfolgen aus. Die zuständige Behörde in Brandenburg muss nun alle notwendigen Maßnahmen ergreifen, die erforderlich sind, um einen Überblick über die Seuchensituation vor Ort zu erhalten und um eine Weiterverbreitung der Seuche zu verhindern. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) hat den "Nationalen Krisenstab Tierseuchen" einzuberufen und mit handelsrelevanten Drittländern zu verhandeln, um soweit wie möglich den Export aus ASP-freien Gebieten aufrecht zu erhalten.

Bereits seit 2018 bereitet sich Deutschland auf einen ASP-Ausbruch vor. Seitdem laufen Präventionsmaßnahmen, insbesondere durch eine Verringerung der Besatzdichte, also eine Reduzierung der Tieranzahl in der Fläche. Bayern, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg zahlen zum Beispiel Abschussprämien für jedes erlegte Stück Schwarzwild. In Bayern sind im Rahmen des "ASP-Abwehr-Pakets" sogar Wildzäune errichtet worden und Drohnen im Einsatz.

Wildschweine: EU-Kommission deklariert Seuchengebiete in Deutschland

Die Bekämpfung von ASP ist dabei keine rein nationale Angelegenheit mehr. Die Rechtsfolgen sind in EU-Richtlinien geregelt. Die EU stützt sich dazu auf ihre Kompetenzen für den Binnenmarkt und für die internationale Handelspolitik.

So hat die EU-Kommission mit Beschluss vom 11. September 2020 die Landkreise Oder-Spree, Dame-Spreewald und Spree-Neiße als Seuchengebiete ausgewiesen. Deutschland muss in diesem Gebiet sofort die in der Richtlinie zur Bekämpfung der Schweinepest festgesetzten Maßnahmen umsetzen: Um die Fundstelleherum werden ein gefährdetes Gebiet und eine Pufferzone mit einem Radius von 15 Kilometerneingerichtet. Ein Teil des Gebietes ist als Kerngebiet (Hochrisikogebiet) festgelegt.

Im Kerngebiet gilt ein absolutes Betretungsverbot, auch "nur kurz" hindurchfahren ist damit verboten. Das Kerngebiet wird zudem mit elektrischen Wildzäunen eingezäunt. Jäger müssen dann alle Wildschweine im Kerngebiet töten. In der Regel erfolgt dies unmittelbar nach der Einzäunung von außen nach innen. Auf diese Weise wurde etwa in Belgien ein ASP-Ausbruch effektiv eingedämmt.

Hausschweine: Drohende Schäden für Landwirte

In dem sogenannten Gefährdetengebiet mit einem Radius von mindestens 15 Kilometern rund um den Fundort sind auch Maßnahmen für Hausschweine umzusetzen. Insbesondere gilt ein Transportverbot für Schweine. Das bedeutet auch, dass die Schweine nicht zum Schlachthof verbracht und damit nicht vermarktet werden können. Aufgehoben werden die Maßnahmen frühestens, wenn innerhalb von 45 Tagen kein weiterer ASP-Fall im Sperrbezirk aufgetreten ist.

Wird ein ASP-Ausbruch in einem Betrieb amtlich festgestellt, werden ein Sperrbezirk von drei Kilometern um den Betrieb herum und ein Beobachtungsgebiet von mindestens sieben Kilometern festgelegt. Alle Schweine im Betrieb müssen sofort getötet und unschädlich beseitigt werden. Das Gleiche gilt für Kontaktbetriebe.

Nur geringe Entschädigungszahlungen

Eine Entschädigung erhalten die Landwirte aber nur für einen sehr geringen Teil der Schäden. Geregelt ist das im Tiergesundheitsgesetz (TierGesG). Eine Entschädigung wird geleistet für Tiere, die auf behördliche Anordnung getötet worden oder nach Anordnung der Tötung verendet sind, und für Tiere, bei denen nach dem Tode eine anzeigepflichtige Tierseuche festgestellt worden ist und die sonst hätten getötet werden müssen (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 TierGesG). Das betrifft nur die unmittelbar betroffenen Betriebe. Die anderen Betriebe im Sperrbezirk und im Beobachtungsgebiet gehen leer aus.

Vom Zweck des Gesetzes her ist dies konsequent. Die gesetzlichen Ansprüche sollen keine umfassende Kompensation für die Schäden durch eine Tierseuche darstellen. Sie sollen nur gewährleisten, dass die Tierhalter ihren Meldepflichten nachkommen. Betroffene Landwirte sollen keinen Anreiz haben, die Infektion den Behörden zu verschweigen. Mittelbar sollen die Ansprüche außerdem sicherstellen, dass die Landwirte ihren Schutzpflichten nachkommen: Der Anspruch auf Entschädigung entfällt nämlich, wenn der Tierhalter schuldhaft Vorschriften zum Schutz vor einer Infektion nicht befolgt hat (§ 18 Abs. 1 TierGesG).

Das Hauptproblem: Sinkender Export

Der wirtschaftliche Hauptschaden, der den deutschen Schweinehaltern droht, besteht aufgrund von durch Nicht-EU-Staaten verhängten Importverboten. Nach Südkorea hat inzwischen auch China die Einfuhr von Schweinefleisch verboten - wohlgemerkt nicht nur aus der Sperrzone, sondern aus ganz Deutschland. Der Export von Schweinefleisch nach China ist für die deutschen Landwirte ein wichtiges Geschäft. Die chinesischen Schweinebestände waren 2019 um über 40 Prozent geschrumpft - wegen ASP. Der Bedarf wurde unter anderem aus Deutschland gedeckt.

Die Importbeschränkungen asiatischer Staaten, die die deutschen Landwirte insgesamt treffen, sind dem deutschen Staat nicht zuzurechnen. Für sie gibt es dementsprechend keine Entschädigung.

Die Autoren sind Rechtsanwälte bei Redeker Sellner Dahs. Dr. Michael Winkelmüller ist Fachanwalt für Verwaltungsrecht und spezialisiert auf Arbeitsschutz, Umweltschutz und Gesundheitsschutz. Prof. Dr. Alexander Schink, Staatssekretär a.D., ist spezialisiert auf Umweltrecht, Planungsrecht, Naturschutzrecht und Abfallwirtschaftsrecht, Verfassungsrecht.

Beteiligte Kanzlei

Zitiervorschlag

Afrikanische Schweinepest in Deutschland: Das große Schlachten . In: Legal Tribune Online, 14.09.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/42788/ (abgerufen am: 18.03.2024 )

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