Was gilt bei Homeoffice und mobiler Arbeit

Der Bür­o­platz in der Küche

Gastbeitrag von Dr. Stefan LochnerLesedauer: 5 Minuten

Seit gut einem Jahr arbeiten viele Beschäftige nicht mehr in ihren Betrieben. Diese Situation wird sich so schnell noch nicht ändern, höchste Zeit, dass Stefan Lochner die Unterschiede zwischen Homeoffice und mobilem Arbeiten erklärt.

CoVid-19 hat die Arbeitswelt weiterhin fest im Griff. Seit nunmehr einem Jahr arbeiten viele Beschäftigte nur noch zeitweilig im Unternehmen. Nachdem zu Beginn der Pandemie viele Maßnahmen pragmatisch in der Hoffnung umgesetzt wurden, dass es sich nur um eine kurze Phase handelt, wird immer klarer, dass sich die Uhr nicht zurückdrehen lässt. Dies wirft Fragen nach den rechtlichen Rahmenbedingungen für Homeoffice und mobiles Arbeiten auf.

Die Begriffe "mobiles Arbeiten" und "Homeoffice" werden häufig synonym verwendet. Der Gesetzgeber kennt, wie ein Blick in die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) zeigt, jedoch weder das eine noch das andere, sondern nur sogenannte "Telearbeit". Dabei handelt es sich nach § 2 Abs. 7 ArbStättV um vom Arbeitgeber fest eingerichtete und ausgestattete Bildschirmarbeitsplätze in der Wohnung des Beschäftigten auf Grundlage einer entsprechenden vertraglichen Vereinbarung, in der die Einzelheiten geregelt sind. 

Als Arbeit im Homeoffice wird demgegenüber allgemein die Möglichkeit zur Erbringung der Arbeitsleistung in der eigenen Wohnung verstanden. Je nachdem, wie die Tätigkeit im Einzelfall ausgestaltet ist, kann sie rechtlich als "Telearbeit" oder als gesetzlich nicht geregelte Sonderform der Arbeit zu qualifizieren sein. 

Zu letzterer zählt auch das mobile Arbeiten: Ihm fehlt, anders als dem Homeoffice, jedoch weitgehend jede räumliche Dimension; es zeichnet sich alleine durch die Erbringung der Arbeitsleistung außerhalb des Betriebs an wechselnden Arbeitsorten aus, zu denen auch die eigene Wohnung zählen kann. Auch wenn insoweit in weiten Teilen dieselben rechtlichen Vorgaben zu beachten sind, gibt es doch auch bedeutende Unterschiede.

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Weiterhin keine Pflicht zum Homeoffice

Nach der vorerst befristet bis 30. April 2021 geltenden Corona-Arbeitsschutzverordnung vom 27. Januar 2021 ist Beschäftigten pandemiebedingt ein Arbeiten im Homeoffice anzubieten, soweit dem nicht zwingende betriebsbedingte Gründe entgegenstehen. Beispiele für solche entgegenstehenden Gründe finden sich in einem FAQ des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS). Arbeitgeber müssen in diesem Zusammenhang zweierlei beachten: 

Zum einen besteht für Arbeitgeber weiterhin keine Pflicht, ihren Beschäftigten mobiles Arbeiten oder einen eingerichteten Telearbeitsplatz anzubieten. Zum anderen korrespondiert mit der Pflicht des Arbeitgebers, Homeoffice anzubieten, nach herrschender Meinung keine generelle Pflicht des Arbeitnehmers, ein solches Angebot anzunehmen. 

Arbeiten im Homeoffice setzt im Regelfall also ein Einvernehmen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer voraus. Ein Recht, Homeoffice oder mobiles Arbeiten einseitig im Wege des Direktionsrechts anzuordnen, besteht nach richtiger Ansicht nur in Einzelfällen. Dies etwa dann, wenn der Arbeitgeber bei Anwesenheit von (allen) Beschäftigten im Betrieb die ihm obliegenden Pflichten zum Gesundheitsschutz nicht gewährleisten kann und soweit nicht im Einzelfall überwiegende Interessen des Arbeitnehmers an einer tatsächlichen Beschäftigung im Betrieb überwiegen, etwa – bei Homeoffice - aufgrund der räumlichen Situation zu Hause.

Der Betriebsrat redet mit

Existiert ein Betriebsrat, so müssen ferner dessen Beteiligungsrechte bei der Einführung von Homeoffice oder mobilem Arbeiten beachtet werden. Je nach konkreter Ausgestaltung können dabei unter den Gesichtspunkten Arbeitsschutz, Einführung technischer Einrichtungen oder Lage der Arbeitszeit erzwingbare Mitbestimmungsrechte nach § 87 Abs. 1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) bestehen. 

Praktische Relevanz hat auch das Überwachungsrecht des Betriebsrats nach § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG mit Blick auf die Einhaltung von Unfallverhütungsvorschriften. Da die nicht nur ganz kurzzeitige Anordnung von Homeoffice oder von mobilem Arbeiten im Regelfall eine Versetzung darstellt, greift außerdem das Mitbestimmungsrecht nach § 99 BetrVG ein. 

Welche Pflichten aus dem Arbeitsschutz?

Bedeutsam ist die Unterscheidung zwischen Homeoffice und mobilem Arbeiten sowie deren konkrete Ausgestaltung ferner mit Blick auf den Umfang und der Reichweite der dem Arbeitgeber in Bezug auf den Arbeitsschutz obliegenden Pflichten. 

Handelt es sich beim Homeoffice rechtlich um einen Telearbeitsplatz, gelten die allgemeinen Vorgaben des Arbeitsschutzgesetzes (ArbSchG) und die speziellen Regeln zur Telearbeit aus der Arbeitsstättenverordnung vollumfänglich und sind vom Arbeitgeber einzuhalten bzw. zu überwachen. 

Liegt hingegen Homeoffice im eigentlichen Sinne oder mobiles Arbeiten vor, ist die Arbeitsstättenverordnung nicht anwendbar. Auch bei diesen Sonderformen der Arbeit grundsätzlich zu beachten sind hingegen die Vorgaben des Arbeitsschutzgesetzes. Bei dessen Anwendung ist nach h. M. jedoch zu beachten, dass der Arbeitgeber nur verpflichtet ist, solche Maßnahmen zu ergreifen, die tatsächlich in seinem Macht- und Einflussbereich liegen. 

Reduzierung auf Gefährdungsbeurteilung und Pflicht zur Unterweisung

Die ihm insoweit obliegenden Pflichten sind daher regelmäßig beschränkt und erschöpfen sich in der Pflicht zur Gefährdungsbeurteilung nach § 5 ArbSchG sowie zur Unterweisung der Arbeitnehmer nach § 12 ArbSchG. 

Bezogen auf die Gefährdungsbeurteilung ist der Arbeitgeber dabei insoweit privilegiert, als er im Falle des Homeoffice nicht verpflichtet ist, die Räumlichkeiten des Arbeitnehmers selbst zu überprüfen. Er kann stattdessen seine Gefährdungsbeurteilung auf Grundlage von zuvor konkret beim Arbeitnehmer erfragten Informationen zu den örtlichen Gegebenheiten erstellen kann. Beim mobilen Arbeiten können Arbeitgeber eine konkrete Gefährdungsbeurteilung im Regelfall nicht vornehmen. 

Die Pflicht zur Unterweisung nach § 12 ArbSchG verpflichtet den Arbeitgeber hier nur zur Unterweisung hinsichtlich allgemeiner und konkreter Risiken solcher Arbeitsformen. 

Schließlich wird vom Arbeitgeber verlangt, Beschäftigte auch bei einer Tätigkeit im Homeoffice oder an einem Telearbeitsplatz oder beim Mobilen Arbeiten auf die Einhaltung des Arbeitszeitrechts hinzuweisen. Ihm wird jedoch das Recht zuerkannt, die Pflicht zur Aufzeichnung von über acht Stunden tägliche Arbeitszeit hinausgehender Arbeitszeit im Sinne von § 16 Abs. 2 ArbZG auf die Arbeitnehmer zu delegieren. 

Arbeitgeber muss die Arbeitsmittel stellen

Die Pflicht des Arbeitgebers, Beschäftigten die für die Erbringung ihrer Arbeitsleistung erforderlichen Arbeitsmittel zur Verfügung zu stellen, gilt auch in diesen Bereichen. Der Arbeitgeber muss also zumindest die mobilen Endgeräte nebst erforderlicher Software zur Verfügung stellen; bei Telearbeitsplätzen darüber hinaus auch die sonstige Büroausstattung. 

Ist vereinbart, dass Arbeitnehmer privat erworbene Endgeräte für ihre Arbeit verwenden können, kann ihnen gegen den Arbeitgeber ein Aufwendungsersatzanspruch analog § 617 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zustehen. Die Übernahme solcher Kosten, wie auch gegebenenfalls höherer Allgemeinkosten, etwa für Strom oder Heizung, muss dabei nur gegen entsprechenden Nachweis erfolgen. 

Da dies in der Praxis jedoch kaum umsetzbar und mit einem hohen administrativen Aufwand verbunden ist, empfiehlt sich in diesen Fällen die Vereinbarung pauschalierter Aufwendungsersatzansprüche.

Unfallschutz bei Arbeit außerhalb des Betriebs

Bezügliches des Versicherungsschutzes ergeben sich keine Besonderheiten im Vergleich zu einer Tätigkeit im Betrieb. Wenn und solang ein Beschäftigter eine dem Unternehmen dienende Tätigkeit erledigt und dabei einen Unfall erleidet, genießt er gesetzlichen Unfallschutz. 

Es ist daher in jedem Einzelfall zu ermitteln, ob die eine unfallverursachende Tätigkeit dem dienstlichen oder dem privaten Bereich zuzuordnen ist. Stürzt der Arbeitnehmer beispielsweise, wenn er eine von ihm zu Ende bearbeitete Akte in seinen Aktenschrank im häuslichen Arbeitszimmer legen will, besteht Versicherungsschutz. Erfolgt der Sturz auf dem Weg in die Küche, um sich ein Glas Wasser zu holen, handelt es sich um einen Unfall im privaten Bereich, für den die gesetzliche Unfallsversicherung nicht einsteht.

Da ein Ende der Pandemie nicht absehbar ist und auch weiterhin Beschäftigte in nennenswertem Umfang außerhalb des Betriebs arbeiten werden, kann jedem Arbeitgeber nur geraten werden, hierfür verbindliche Rahmenbedingungen, sei es in einer Betriebsvereinbarung oder durch individuelle Vereinbarungen festzulegen. Für die zu Beginn der Pandemie häufig zu beobachtende "Wild-West-Manier" ist künftig kein Platz mehr.

Der Autor Dr. Stefan Lochner ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und Partner bei Beiten Burkhardt.

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