Die juristische Presseschau vom 6. bis 8. Februar 2016: Über­wa­chung im ÖPNV / gie­rige Mid­del­hoff-Anwälte? / ver­rannte StA

08.02.2016

Justiz

BGH zu Strafen bei Steuerhinterziehung: In einem am vergangenen Freitag veröffentlichten Urteil hat der Bundesgerichtshof laut Samstags-FAZ (Joachim Jahn) entschieden, bei der Bestimmung eines besonders schweren Falls der Steuerhinterziehung nicht mehr nach Nichtabgabe (ab 100.000 Euro) und Falschangabe (ab 50.000 Euro) zu unterscheiden – 50.000 Euro ist bei beiden nun die Grenze. Die Unterscheidung habe sich an die Differenzierung zwischen eingetretenem Vermögensschaden und Gefährdungsschaden aus der Rechtsprechung zum Betrug angelehnt, die sich auf die Beeinträchtigung des Steueranspruchs nicht übertragen lasse.

BGH – Scala-Verträge: Im Streit der Sparkasse Ulm mit ihren Sparern um die sogenannten Scala-Verträge ist nun doch eine Einigung erfolgt. Nach mehreren Niederlagen der Sparkasse wird weder ein endgültiges Urteil des Bundesgerichtshofs ergehen noch eines der vorhergehenden in Rechtskraft erwachsen. Über den Inhalt der Vereinbarung ist Stillschweigen vereinbart, schreiben lto.de, Samstags-FAZ (Susanne Preuß) und Samstags-Welt.

OLG München – NSU: Am Oberlandesgericht München ist der Antrag, auch Hermann Borchert als Pflichtverteidiger beizuordnen, abgelehnt worden. Beate Zschäpe sei mit ihren bisher vier Pflichtverteidigern ausreichend verteidigt. Borchert gab an, trotz Zschäpes Mittellosigkeit bezahlt zu werden, von wem sagte er nicht. Es werde ein weiterer Befangenheitsantrag gegen den Vorsitzenden Richter Manfred Götzl folgen, schreibt spiegel.de (Wiebke Ramm). Auch die Samstags-SZ (Annette Ramelsberger) schreibt zu der ablehnenden Verfügung.

LG Hanau – Auschwitzprozess: Eine Jugendkammer des Landgerichts Hanau hat die Anklage gegen einen heute 93-Jährigen wegen Beihilfe zum Mord im KZ Auschwitz zugelassen und das Hauptverfahren eröffnet. Die Verhandlung soll im April beginnen, meldet spiegel.de.

LG Hannover – Salzhemmendorf: Der Prozess gegen das Trio, dass den Brandanschlag mit einem Molotowcocktail auf eine Flüchtlingsunterkunft in Salzhemmendorf gestanden hat, beginnt am Mittwoch vor dem Landgericht Hannover, schreibt die Samstags-taz (Andreas Speit). Der Vorwurf laute auf versuchten Mord, zu ihren Motiven hätten sich die Angeklagten nicht geäußert.

LG Potsdam zu Datenspeed-Drosselung: Verspricht ein Mobilfunkanbieter "unbegrenztes" Datenvolumen, darf er die Datengeschwindigkeit nicht nach Überschreiten eines Limits drosseln, entschied das Landgericht Potsdam laut lto.de, Samstags-FAZ (Thiemo Heeg) und spiegel.de. Die Verbraucherzentrale hatte wegen des Tarifs "Allnet Flat Base all-in" von E-Plus geklagt.

LG Berlin – Dussmann-Erbe: Witwe und Tochter des verstorbenen Unternehmers Peter Dussmann streiten vor dem Landgericht Berlin darum, ob er nach einem Schlaganfall noch "lichte Phasen" hatte und testierfähig war, als er seiner Frau einen größeren Erbteil zusprach. Das wird das Gericht nun begutachten lassen, schreibt der Spiegel (Jürgen Dahlkamp) und außerdem darüber entscheiden, ob die Witwe zu Recht die Macht im Konzern übernommen hat.

LG Traunstein zu Fahrlässiger Tötung: Nachdem ein Feuer in einem als Herberge genutzten alten Bauernhof sechs Menschen tötete und zwanzig verletzte, ist der Betreiber vom Landgericht Traunstein zu drei Jahren Haft wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Körperverletzung verurteilt worden. Er hatte Brandschutzvorschriften nicht eingehalten und selbst nach behördlichem Hinweis weiter Gäste beherbergt, schreiben spiegel.de und Samstags-FAZ.

LG München zu Gribkowsky: Das Landgericht München hat dem Antrag des ehemaligen bayerische Landesbankers Gribkowsky auf Aussetzung des restlichen Viertels seiner Haftstrafe zur Bewährung stattgegeben, schreiben WamS (Philipp Vetter) und HBl (Yasmin Osman).

LG Neubrandenburg – "Rabaukenjäger": Das Landgericht Neubrandenburg hat die Verurteilung eines Journalisten wegen Beleidigung durch die Bezeichnung "Rabaukenjäger" zu einer Geldstrafe im Berufungsurteil bestätigt, meldet die Montags-SZ. Der Journalist habe Revision angekündigt.

LG Essen zu Middelhoff: Das Landgericht Essen hat hinsichtlich einer weiteren Anklage gegen Thomas Middelhoff wegen Untreue die Verfahrenseröffnung abgelehnt, meldet die Montags-FAZ (Joachim Jahn). Es ging um die Anordnung einer Überweisung an eine Business School in Oxford, nachdem der Arcandor Konzern bereits in Schieflage war, die laut Middelhoff zum Gewinn qualifizierter Nachwuchskräfte gedient haben soll.

Middelhoff – ruinöse Anwälte?: Der Spiegel (Jürgen Dahlkamp u.a.) schreibt von den Vorwürfen des ehemaligen Middelhoff-Anwalts Holz gegen die Middelhoff-Anwälte Fromm und Holtermüller, zu ihrem eigenen finanziellen Nutzen den finanziellen Ruin ihres Mandanten riskiert zu haben. Einen von Holz "weitestgehend verhandelten Vergleich", nach dem Middelhoff mehrere Millionen geblieben wären, soll Fromm torpediert haben. Holtermüller soll es verstanden haben Middelhoffs Tendenz zum Griff nach den Sternen weiter anzuheizen.

GBA Frank im Interview: Der Spiegel (Dietmar Hipp u.a.) spricht mit Generalbundesanwalt Peter Frank über seine Sozialisierung in der bayerischen Justiz, den Umgang mit islamistischem Terrorismus, Anschläge aus dem rechten Spektrum und die Möglichkeit, die dritte Generation der RAF doch noch zu fassen.

StA mit Objektivitätsverlust: Der Spiegel (Gisela Friedrichsen) zieht Parallelen zwischen dem Deutsche-Bank-Prozess in München und dem Verfahren gegen Wiedeking und Härter in Stuttgart. In beiden Verfahren habe die Anklage den Moment der Einsicht verpasst und halte krampfhaft an einer vorgefertigten Version des Geschehens fest, die sich im Prozess nicht bestätigen ließen. "Sie beschädigen damit nicht nur sich, sondern auch das Ansehen einer Institution, die im Rechtsstaat ihresgleichen sucht."

Volksverhetzung: Die FAS (Markus Wehner) setzt sich mit dem Delikt der Volksverhetzung auseinander, der Anwendung durch die Justiz und mangelhafter Verfolgung durch Ermittlungsorgane insbesondere bei den massenhaften Vorkommnissen im Internet. Es müsse eine Berechtigung zur Konzentration der Ahndung auf schwere Fälle her, damit durch Strafverfolgungsdruck Abschreckung erzeugt und so der Hass eingedämmt werden könne. spiegel.de meldet Ermittlungen wegen Volksverhetzung durch einen Karnevalswagen in Panzerform mit der Aufschrift "Asylabwehr" und "Asylpaket III".

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 6. bis 8. Februar 2016: Überwachung im ÖPNV / gierige Middelhoff-Anwälte? / verrannte StA . In: Legal Tribune Online, 08.02.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/18370/ (abgerufen am: 02.05.2024 )

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