Die juristische Presseschau vom 29. - 31. März 2014: Verfassungsbeschwerden gegen Kammerzwang – Ungeeignete Netzsperren – Studie zu Ehrenmorden

31.03.2014

Justiz

EuGH zu Netzsperren: Das Urteil des Europäischen Gerichtshofes, wonach Internetseiten mit rechtswidrigen Inhalten gesperrt werden dürfen, sei technisch schwierig umzusetzen, so die Montags-Welt (Benedikt Fuest). Die Luxemburger Richter forderten geeignete Maßnahmen – die Sperren seien allerdings entweder leicht zu umgehen, könnten zum ungewollten "Overblocking" zahlreicher anderer Seiten führen oder erforderten erheblichen technischen Aufwand und damit zu hohe Kosten für die Provider.

Engels im Interview: Die Montags-Welt (Martin Greive) führt ein Interview mit dem scheidenden Präsidenten des Bundesrechnungshofes, Dieter Engels. Er resümiert, der Staat wirtschafte insgesamt sparsamer und ordentlicher als früher. Der Bundesrechnungshof werde immer stärker schon bei der Planung großer Vorhaben einbezogen. Engels spricht sich außerdem für eine Reform der Mehrwertsteuer aus.

BVerfG zu Hausdurchsuchung: Udo Vetter (lawblog.de) begrüßt in einem knappen Kommentar, dass das Bundesverfassungsgericht in einem Beschluss von Mitte März erneut auf die strengen Voraussetzungen für Hausdurchsuchungen hingewiesen hat. Allerdings nehme das Gericht solche Fälle selten zu Entscheidung an, weil die Grundsatzfragen eigentlich geklärt sind – das helfe den Betroffenen aber "herzlich wenig, wenn sich die Instanzgerichte nicht daran halten".

BVerfG – Europäische Zentralbank: Für "sachlich falsch" hält der Volkswirt Holger Schmiedling in einem Essay für die Montags-FAZ, die Argumente des Bundesverfassungsgerichts, das den Kauf von Staatsanleihen durch die Europäische Zentralbank kritisiert und den Fall im Februar dem Europäischen Gerichtshof vorgelegt hatte. Die Verfassungsrichter hätten ein falsches Verständnis von Geldpolitik.

OLG Karlsruhe zu Haftbeschwerde: Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat die Haftbeschwerde von Hans-Georg Naumann abgewiesen. Der 77-Jährige hatte 1962 ein Liebespaar ermordet und sitzt seit 52 Jahren im Gefängnis – so lange wie kein anderer Häftling in Deutschland. spiegel.de berichtet über den Fall.

LG München zu Wiesn-Wirt: Das Langericht München hat den Gastronom Sepp Krätz wegen Steuerhinterziehung zu 22 Monaten Haft auf Bewährung und einer Geldstrafe von 570.000 Euro verurteilt. Zudem will die Stadt dem Wiesn-Wirt die Schanklizenz für ein Münchner Lokal entziehen und ihn nicht mehr zum Oktoberfest zulassen. Krätz wurde Steuerhinterziehung in Höhe von rund 1,1 Millionen Euro vorgeworfen. Es berichtet die Samstags-SZ (Stephan Handel/Katja Riedel/Christian Rost) im München-Teil.

Zeugin mit Kopftuch: Ein Richter am Berliner Amtsgericht Tiergarten hat sich offenbar geweigert, eine Zeugin zu vernehmen, weil sie ein Kopftuch trug. Das berichtet die Montags-taz (Alke Wierth) im Berlin-Teil. Laut einer als Zuschauerin anwesenden Rechtsanwältin hat der Richter behauptet, er könne an den Ohren erkennen, ob eine Zeugin die Wahrheit sage. Das Verfahren wurde letztlich eingestellt, der Gerichtssprecher erklärte, die Vernehmung sei deshalb nicht mehr notwendig gewesen. Der Richter war bereits im September 2013 aufgefallen, weil er einer Anwältin das Tragen eines Kopftuchs untersagen wollte.

Ermittlungen gegen Deutsche Bank: Der Spiegel (Martin Hesse - Zusammenfassung auf spiegel.de) berichtet über die Ermittlungen gegen die Deutsche Bank wegen des Verdachts auf Prozessbetrug im Streit mit dem Kirch-Konzern. Die Bank suche nun nach den Schuldigen bei ihrer Hauskanzlei Hengeler Mueller und in der eigenen Rechtsabteilung.

BKA und Kinderpornografie: Die FAS (Peter Carstens) befasst sich mit dem Kinderporno-Fall um die kanadische Firma Azov. Auf der Liste mit Kundendaten sei früh ein Spitzenbeamter des Bundekriminalamts entdeckt worden – er wurde gerichtlich verurteilt und in den Ruhestand entlassen. Es sei jedoch unverständlich, warum die Liste dann zunächst nicht weiter bearbeitet wurde und insbesondere der Fall des Bundestagsabgeordneten Sebastian Edathy (SPD) nicht verfolgt wurde.

GCHQ und NSA-Spionage: Die Unterlagen von Edward Snowden zeigen auch, wie der britische Geheimdienst deutsche Netzfirmen ausgeforscht hat, berichtet der Spiegel (Laura Poitras/Marcel Rosenbach/Holger Stark – Zusammenfassung auf spiegel.de). Zudem zeigten Dokumente weitere Details zur Überwachung von Bundeskanzlerin Angela Merkel. Die Bundesanwaltschaft muss noch entscheiden, ob ein Ermittlungsverfahren gegen GCHQ- und NSA-Mitarbeiter eingeleitet wird.

Uli Hoeneß: Wie der Focus meldet, könnte Ex-Bayern-München-Präsident Uli Hoeneß mehr als 30 Millionen Euro Steuern hinterzogen haben – die Berechnungen des Finanzamtes seien noch nicht abgeschlossen. Tatsächlich werde die Öffentlichkeit möglicherweise "nie erfahren, wie viel Hoeneß der Staatskasse wirklich vorenthalten hat", so die WamS (Jörg Eigendorf/Sebastian Jost/Tim Röhn) - es sei denn, er müsse Privatinsolvenz anmelden. Der "Blitzprozess" vor dem Landgericht München habe jedenfalls viele Fragen zu Hoeneß Vermögen offen gelassen.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 29. - 31. März 2014: Verfassungsbeschwerden gegen Kammerzwang – Ungeeignete Netzsperren – Studie zu Ehrenmorden . In: Legal Tribune Online, 31.03.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/11493/ (abgerufen am: 27.04.2024 )

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