Die juristische Presseschau vom 28. Oktober 2015: BGH zur Ter­r­or­vor­be­rei­tung - BVerwG zu Dublin-Abschie­bungen - Thomas Fischer über Volks­ver­het­zung

28.10.2015

Selbstverteidigung ist kein Terror, so der BGH. Außerdem in der Presseschau: Fristen für Dublin-Abschiebungen schützen nicht die Flüchtlinge, ein renitenter Zeuge im Deutsche-Bank-Prozess und Thomas Fischers Erklärungen zur Volksverhetzung.

Thema des Tages

BGH zur Terrorvorbereitung: Der Bundesgerichtshof entschied, dass die so genannte "Allgäuer Islamistin" zu Recht nicht wegen "Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat" (§ 89a Strafgesetzbuch) verurteilt wurde. Die Frau habe sich in Syrien zwar im Umgang mit Waffen unterrichten lassen, wollte diese aber nur zur Selbstverteidigung anwenden. Das genüge in einer "Gesamtbetrachtung" nicht für eine Strafbarkeit in Deutschland. Generell solle § 89a StGB in Bürgerkriegskonstellationen "zurückhaltend" angewandt werden, mahnte der BGH. Es berichten die SZ (Wolfgang Janisch), die taz (Christian Rath) und die Welt (Hannelore Crolly). Die FAZ (Alexander Haneke) erklärt zudem die Bedeutung von § 89a StGB als Norm, die heimliche Ermittlungen ermögliche.

Heribert Prantl (SZ) kritisiert die Strafnorm: "Es gibt Strafparagrafen, denen man ansieht, dass sie nichts taugen." Er postuliert: "Man kann Menschen nicht dafür bestrafen, dass sie potenziell gefährlich sind." Christian Rath (taz) lobt den BGH: "Gut zu wissen, dass der 3. Strafsenat hier zuverlässig auf eine enge Auslegung der Anti-Terror-Paragrafen achtet."

Rechtspolitik

EU-Gericht: Die Anzahl der Richter am Gericht der Europäischen Union (EuG) soll von 28 auf 56 verdoppelt werden. Das hat der Europäische Gerichtshof vorgeschlagen. Richter des EuG sind jedoch dagegen, sie würden eine Erhöhung der Mitarbeiterzahl bevorzugen. Die FAZ (Helene Bubrowski) schildert die politischen Querelen.

Hartz IV-Sanktionen: Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) hat einen Referentenentwurf mit zahlreichen Änderungen der Hartz_IV-Gesetze vorgelegt. Dabei hatte die CSU durchgesetzt, dass besonders scharfe Sanktionsregelungen für Hartz-IV-Bezieher unter 25 Jahren erhalten bleiben, berichtet die SZ (Thomas Öchsner). Verfassungsrechtler hatten Probleme mit dem Gleichheitssatz gesehen.

Illegale Einreise: zeit.de (Michael Stürzenhofecker) schildert die Diskussion um eine Änderung von § 95 Aufenthaltsgesetz. Danach machen sich auch Asylantragsteller wegen illegaler Einreise strafbar. Die Polizei müsse Strafanzeigen schreiben, die in über 99 Prozent der Fälle wieder eingestellt werden. Möglicherweise verstoße die Rechtslage sogar gegen die Genfer Flüchtlingskonvention.

Asylbewerberleistungsgesetz: Am vorigen Samstag sind die Änderungen am Asylbewerberleistungsgesetz in Kraft getreten. Danach erhalten vollziehbar ausreisepflichtige Asylbewerber nur noch Leistungen unter dem vom Bundesverfassungsgericht definierten Existenzminimum. Die taz (Christian Rath) beschreibt, dass die Reform wohl dennoch nicht gegen Karlsruher Vorgaben verstößt, weil sie nicht von der Stellung erfolgversprechender Asylanträge abschrecken will.

Beteiligungstransparenz: Die Anwälte Stephan Oppenhoff und Dirk Horcher stellen in der FAZ Änderungen des Wertpapierhandelsgesetzes vor, die demnächst in Kraft treten und mit denen EU-Vorgaben umgesetzt werden. Dabei werden die Meldevorschriften für Beteiligungen an börsennotierten Unternehmen neu geregelt und vor allem die Sanktionen für Verstöße verschärft.

Reiserecht: Internetreiseanbieter sollen von Ende 2017 an weitgehend mit klassischen Reisebüros gleichgestellt werden. Das hat laut FAZ (Hendrik Kafsack) das Europaparlament beschlossen. Der für herkömmliche Pauschalreisen geltende Verbraucherschutz werde damit auf im Internet gebuchte einzelne Reisebausteine ausgeweitet.

Whistle Blower: Der UN-Sonderberichterstatter für Meinungsfreiheit, David Kaye, fordert in einem Bericht, den Schutz von Whistleblowern zu verbessern. Laut netzpolitik.org (Andrea Jonjic) formuliert Kaye dabei auch Richtlinien, an die sich Staaten halten sollen.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 28. Oktober 2015: BGH zur Terrorvorbereitung - BVerwG zu Dublin-Abschiebungen - Thomas Fischer über Volksverhetzung . In: Legal Tribune Online, 28.10.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/17348/ (abgerufen am: 08.05.2024 )

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