Die juristische Presseschau vom 28. Juni 2016: Ver­däch­ti­gung, Ver­ge­wal­ti­gung, Ver­nunft / Brexit-Fragen / Kopf­tuch im Refe­ren­da­riat

28.06.2016

Recht in der Welt

Großbritannien/EU – Brexit: Rechtsprofessor Ingolf Pernice untersucht auf verfassungsblog.de sich aus der Brexit-Abstimmung im Vereinigten Königreich ergebende Fragen. Angesichts des in Großbritannien geltenden Prinzips der Parlamentshoheit sei bereits fraglich, ob ein Referendum für Parlament und Regierung eine Bindungskraft entfalten könnten. Daneben sei aber auch beachtlich, dass der Austritt des Landes die Grundfreiheiten von "Unionsbürgern insgesamt" betreffe und daher fraglich, ob dies nicht eine qualifizierte Mehrheit erfordere. In jedem Fall habe das Referendum nichts entschieden und nichts dem "Nach-Denken" entzogen. Nach Darstellung der SZ (Alexander Menden) widerspricht die von der Ersten Ministerin Schottlands, Nicola Sturgeon, geäußerte Absicht, notfalls einen vom Londoner Parlament betriebenen Austritt blockieren zu wollen, den Bestimmungen über die legislativen Kompetenzen Schottlands.

Patrick Bernau (FAZ) stellt in einem Kommentar das Demokratieverständnis Jener in Frage, die nun ein zweites Referendum fordern. Auch wenn für die Forderung "scheinbar rationale Argumente" vorgetragen würden, belegten sie doch "vor allem eines: Wie tief das Unverständnis zwischen den städtischen Eliten und dem Rest des Landes ist".

USA – Abtreibung: Im Jahr 2013 verabschiedete Gesetze des US-Staates Texas, die Abtreibungskliniken strengen Auflagen unterwarfen, sind nach einer Entscheidung des Obersten Gerichts des Landes als verfassungswidrig aufzuheben. Die Beschränkungen trügen "wenig bis nichts zur Gesundheit einer Frau bei", zitiert sz.de (Johannes Kuhn) das Urteil, eines der wichtigsten zu Schwangerschaftsabbrüchen in den vergangenen Jahren.

USA – VW: Das Hbl (Stefan Menzel/Astrid Dörner) berichtet zu der am heutigen Dienstag ablaufenden gerichtlich gesetzten Frist für VW, sich in den USA vergleichsweise zu Entschädigungen an Autofahrern, aber auch zu Zahlungen an Behörden wie das Justizministerium zu einigen. Grundzüge seien bereits im April erzielt worden, der Autobauer müsse nun Details vorlegen, die dann vom mit der Sache befassten Richter geprüft würden. Mit einer endgültigen Entscheidung sei im Oktober zu rechnen. Nach wie vor nicht vom Tisch seien strafrechtliche Ermittlungen in den USA sowie Ansprüche von Anlegern weltweit.

Neuseeland – Deutscher Austauschschüler: Nach einer Entscheidung des neuseeländischen High Courts muss eine Schule des Landes den Eltern eines deutschen Austauschschülers geleistetes Schulgeld zurückerstatten. Der Schüler war wegen Kiffens von der Schule verwiesen worden, schreibt spiegel.de. Nach Ansicht des Gerichts stellte dies jedoch kein erforderliches grobes Fehlverhalten dar.

Juristische Ausbildung

Kopftuch im Referendariat: Die SZ (Dunja Ramadan) porträtiert die bayerische Referendarin Aqilah Sandhu. Weil die Muslimin ein Kopftuch trägt, konnte sie ihren Vorbereitungsdienst nur unter der Auflage leisten, keine richterlichen oder staatsanwaltschaftlichen Aufgaben zu erfüllen. Am kommenden Donnerstag wird vor dem Verwaltungsgericht Augsburg über die Rechtmäßigkeit der wegen des nahenden Abschlusses des Referendariats mittlerweile aufgehobenen Auflage verhandelt.

Sonstiges

Parteien-Überwachung: Immer wiederkehrende Forderungen nach Überwachung bestimmter Parteien oder Abgeordneter durch den Verfassungsschutz nimmt Hochschullehrer Florian Albrecht auf lto.de zum Anlass, einen Überblick zu den Voraussetzungen einer solchen Maßnahme zu geben.

Das Letzte zum Schluss

Angriffsdiebstahl: Wikipedia bezeichnet Suchmaschinenoptimierung als Maßnahmen, die dazu dienten, dass Webseiten im organischen Suchmaschinenranking in unbezahlten Suchergebnissen auf höheren Plätzen erscheinen. Ob die Pressestelle des Amtsgerichts Bremen Derartiges beabsichtigte, als sie in ihrer Vorschau einen Prozess zu einem "Angriffsdiebstahl" ankündigte? Aufmerksam geworden ist jedenfalls lawblog.de (Udo Vetter).

Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.

Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.

lto/mpi

(Hinweis für Journalisten)

Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 28. Juni 2016: Verdächtigung, Vergewaltigung, Vernunft / Brexit-Fragen / Kopftuch im Referendariat . In: Legal Tribune Online, 28.06.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/19808/ (abgerufen am: 30.04.2024 )

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