Die juristische Presseschau vom 26. November 2015: BVerfG ver­han­delt über "Ton­fetzen" / Waf­fen­fund im Ter­r­o­ris­ten­pro­zess / Asyl­ver­mie­tung

26.11.2015

Dürfen HipHoper fremde Beats sampeln? Darüber verhandelte das BVerfG. Außerdem in der Presseschau: Beim Terror-Angeklagten Marco G. wurden Waffen gefunden, Vermietung an Asylbewerber als Rücktrittsgrund vom Kaufvertrag

Thema des Tages

BVerfG - Sampling von "Tonfetzen": Das Bundesverfassungsgericht hat im Streit zwischen der Band Kraftwerk und dem Produzenten Moses Pelham verhandelt. Pelham hatte 1992 ein zwei Sekunden langes Kraftwerk-Sample ohne Erlaubnis für den Song "Nur mir" der Sängerin Sabrina Setlur verwendet. 2012 entschied der Bundesgerichtshof (BGH), dass auch für "kleinste Tonfetzen" das Leistungsschutzrecht der Plattenfirmen gelte. Die "freie Benutzung" einer Tonsequenz sei dann zulässig, wenn sie nicht in "gleichwertiger" Art und Weise reproduziert werden könne. Dagegen erhob Pelham Verfassungsbeschwerde. Ohne Sampling gebe es keinen HipHop, er berief sich auf die Kunstfreiheit. Es berichteten u.a. spiegel.de (Dietmar Hipp) und BadZ (Christian Rath). Die SZ (Wolfgang Janisch) vermutet, dass die Karlruher Richter für die momentane Regelung im Urheberrecht "Reformbedarf" sehen und deshalb eine mündliche Verhandlung durchgeführt wurde.

Rechtspolitik

Mietrecht: Die FAZ (Joachim Jahn) berichtet von Plänen des Bundesjustizministers Heiko Maas (SPD), das Mietrecht deutlich zu verschärfen. Nach der Mietpreisbremse solle es nun ein zweites Reformpaket geben. Im Kern solle dabei zum einen die Umlage von Modernisierungskosten auf die Mieter stark eingeschränkt werden. Zum anderen solle es eine Ausweitung des Beobachtungszeitraums von Mietspiegeln geben, was sowohl Mieterhöhungen in laufenden Verträgen als auch bei Neuvermietungen erschweren würde. Auch sollen die Kriterien für Mietspiegel in einer Verordnung geregelt werden, um die zuletzt vermehrt bestehende Rechtsunsicherheit hinsichtlich der Wirksamkeit von Mietspiegeln zu beseitigen. In einem separaten Kommentar warnt Joachim Jahn (FAZ) vor negativen Auswirkungen der Änderungen auf die Immobilienbranche. Von Maas geplante Kappungsgrenzen bezeichnet er als "Folterwerkzeuge aus dem Gruselkabinett".

EU-Flüchtlingspolitik: Kanzlerin Merkel bringt erstmals die Aussetzung des Schengen-Systems als Option ins Spiel, sollte sich die EU weiterhin nicht auf eine Verteilungsquote für Flüchtlinge einigen können. Das berichtet die SZ (Stefan Braun, Cerstin Gammelin). Wenn sich manche Staaten einer permanenten, solidarischen Verteilung verweigerten, setzten sie die Reisefreiheit in Europa aufs Spiel. Zudem seien EU-Beitrittsverhandlungen der Türkei, die sie als "Schlüsselpartner" in der Flüchtlingskrise bezeichnete, voranzutreiben.

Digitale Grundrechte: Der Präsident des Europäischen Parlaments, Martin Schulz, beschäftigt sich in einem Gastbeitrag in der Zeit mit den gesellschaftlichen Herausforderungen der schnellen Digitalisierung. Es bedürfe einer Diskussion darüber, wie Zusammenleben im digitalen Zeitalter gestaltet werden solle – und entsprechender Regeln, weshalb er sich für eine Charta der digitalen Grundrechte ausspricht. Diese solle auf europäischer Ebene von Parlamenten, Regierungen und Verbänden aktiv ausgehandelt werden. Sowohl hinsichtlich aufkommender Grundrechtsfragen im Zusammenhang mit der Digitalisierung als auch den anstehenden Verteilungskämpfen hält er eine breite gesellschaftliche Debatte für notwendig. Zentrale Entscheidungen sollten weder allein von den Gerichten getroffen, noch faktisch der Internetgemeinde überlassen werden.

Sozialleistungen für Asylsuchende: In einem Gastbeitrag in der FAZ erörtert Rechtsprofessor Kay Hailbronner die Frage, welche Spielräume der Gesetzgeber bei der Bemessung der Leistungen für Asylsuchende in Deutschland hat. Das BVerfG hatte 2012 entschieden, dass die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz nicht mit dem Grundrecht auf Gewährung einer menschenwürdigen Existenz und dem Sozialstaatsprinzip vereinbar seien.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 26. November 2015: BVerfG verhandelt über "Tonfetzen" / Waffenfund im Terroristenprozess / Asylvermietung . In: Legal Tribune Online, 26.11.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/17661/ (abgerufen am: 25.04.2024 )

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