Die juristische Presseschau vom 26. Januar 2017: Frei­las­sung nach Euro­päi­schem Haft­be­fehl / Kabi­netts­ent­wurf zu PKW-Maut / Juris­ti­sches im Fall Holm

26.01.2017

Mehrfaches Scheitern einer Auslieferung bei Europäischem Haftbefehl kann zur Freilassung führen. Außerdem in der Presseschau: Kabinettsentwürfe zu Maut, Majestätsbeleidigung, Steuervermeidung und mögliche Rechtsverstöße im Fall Holm.

Tagesthema

EuGH zu Vollzug des Europäischen Haftbefehls: Nach einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom gestrigen Mittwoch kann ein Inhaftierter unter Umständen eine Haftentlassung erreichen, wenn er sich wiederholt einer Auslieferung aufgrund eines Europäischen Haftbefehls widersetzt. Rechtsanwalt Franz-Josef Schillo erläutert die Entscheidung für lto.de. Zwar bestehe für die beteiligten Staaten auch eine Pflicht zum mehrfachen Übergabeversuch, dabei müsse der ausliefernde Staat aber eine angemessene Vorsorge gegen die erkennbare Wiederholung von Übergabehindernissen treffen. Die "auf den ersten Blick nicht nachvollziehbare Konsequenz der Entscheidung" trage dem europäischen Grundrechtsschutz Rechnung, so Schillo.

Rechtspolitik

"Majestätsbeleidigung": Laut spiegel.de und lto.de hat das Bundeskabinett am gestrigen Mittwoch einen Gesetzentwurf zur Abschaffung des umstrittenen § 103 Strafgesetzbuch, der "Beleidigung von Organen und Vertretern ausländischer Staaten", vorgelegt. Die Gesetzänderung soll jedoch erst zum 1. Januar 2018 in Kraft treten.

Automatisiertes Fahren: Auch für die Änderung des Straßenverkehrsrechts liegt ein Entwurf des Bundeskabinetts vor, so lto.de sowie spiegel.de. Danach soll das voll automatisierte Fahren rechtlich möglich werden; Computer und menschlicher Fahrer würden gleichgestellt, der menschliche Fahrer teilweise von Pflichten entbunden und müsse nur nach Aufforderung seitens des Fahrsystems das Steuer wieder übernehmen. Beweisproblemen soll laut Entwurf über eine Blackbox-Einrichtung vorgebeugt werden.

PKW-Maut: Weiter beschloss das Bundeskabinett Änderungen an bestehenden Maut-Gesetzen, die die von Bundesverkehrsminister Dobrindt (CSU) geplante PKW-Maut ab 2019 ermöglichen sollen. Für inländische Autofahrer solle es eine Entlastung über die KfZ-Steuer geben, besonders profitieren würden dabei Fahrer von abgasarmen PKW der Euronorm 6. Die Änderungen geben einen Kompromiss mit der EU-Kommission wieder. Österreich hält nach wie vor eine Klage gegen eine deutsche Maut vor dem Europäischen Gerichtshof für denkbar; Ungarn Slowenien und die Niederlande würden dies gegebenenfalls unterstützen. Dazu ausführlich die SZ (Markus Balser/Thomas Kirchner), FAZ (Kerstin Schwenn/Manfred Schäfers), lto.de und spiegel.de.

Steuervermeidung: Deutsche Filialen internationaler Konzerne können Gebühren für Lizenzen, Markenrechte, Patente und Konzessionen, die sie an die Konzerne zahlen müssen, bislang als Ausgaben anrechnen und so ihre Steuerlast senken. Diese "konzerninternen Steuervermeidungsmodelle" will das Kabinett mithilfe sogenannter "Lizenzschranken" erschweren, informiert die SZ (Cerstin Gammelin). Künftig solle nur noch ein bestimmter Anteil davon als Ausgabe bilanziert werden, abhängig vom Sitz des internationalen Konzerns. Auch die FAZ (Manfred Schäfers) berichtet.

Verbot Arzneimittelversand: Gegen das von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) geplante Verbot des Versandhandels mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln für ausländische Versender hat der Chef der Monopolkommission europa- und verfassungsrechtliche Bedenken erhoben, weiß die FAZ (Andreas Mihm). Der Europäische Gerichtshof hatte im vergangenen Oktober entschieden, dass ausländische Versandapotheken in Deutschland verbotene Rabatte gewähren dürfen. Der Vorsitzende des Beratungsgremiums, Wirtschaftsprofessor Achim Wambach, hält das Verbot für nicht gerechtfertigt, es sei weder geeignet noch erforderlich, "einer Gefährdung der Versorgung oder der finanziellen Stabilität des Systems vorzubeugen", so die FAZ.

Petry zu Asylgrundrecht: Die Zeit (Matthias Geis/Tina Hildebrandt; zeit.de-Zusammenfassung) hat am 9. Januar mit Frauke Petry (AfD) und Katrin Göring-Eckardt (Grüne) gesprochen. Dabei ging es um Währungs- und Wirtschaftspolitik, die Anfänge von AfD und Grünen, Utopien und Realpolitik, Gleichberechtigung und Gleichstellung sowie Sicherheit und Migrationspolitik. Zur Frage der Reichweite des Asylrechtes äußerte sich Petry dahingehend, "dass das Asylrecht nach Artikel 16a geändert (...) und dass es in ein Gnadenrecht des Staates umgewandelt werden muss".

Sonderbeauftragter im Fall Amri: Die nordrhein-westfälische Landesregierung will einen "regierungsparteiunabhängigen" Sonderbeauftragten zur Klärung möglicher Behörden-Fehler im Umgang mit dem späteren Berlin-Attentäter Amri einsetzen. Beauftragt werden solle der Gießener Strafrechtsprofessor Bernhard Kretschmer, so die FAZ (Reiner Burger), der gegebenenfalls notwendige Gesetzänderungen vorschlagen soll.

Interview Landau/Fall Albakr: Die FAZ (Reinhard Müller) spricht mit Herbert Landau, Rechtsprofessor und ehemaliger Bundesverfassungsrichter. Landau ist Vorsitzender der Expertenkommission im Fall des mutmaßlichen Terroristen Albakr, der sich in seiner Haftzelle in Sachsen selbst töten konnte. Landau spricht über die Arbeit und mögliches Versagen der Behörden bei der Festnahme, den Föderalismus, zögerliches Agieren von Bundeskriminalamt und Generalbundesanwalt, Trennungsgebot bei Polizei und Geheimdiensten, Menschenwürde und den Umgang mit Flüchtlingen.

Neue Wirtschaftsministerin: Die FAZ (Günter Bannas) stellt die künftige Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD) vor. Die Juristin ist derzeit Parlamentarische Staatssekretärin im Wirtschaftsministerium und war im zweiten Kabinett unter Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) Bundesjustizministerin.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 26. Januar 2017: Freilassung nach Europäischem Haftbefehl / Kabinettsentwurf zu PKW-Maut / Juristisches im Fall Holm . In: Legal Tribune Online, 26.01.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/21889/ (abgerufen am: 25.04.2024 )

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