Die juristische Presseschau vom 24. Juli 2014: Voßhoff kritisiert "Anti-Terror-Datei" – BGH kritisiert Abschiebehaft – VG Trier kritisiert Esels Einsamkeit

24.07.2014

Justiz

BVerwG zu BND-E-Mail-Überwachung: internet-law (Thomas Stadler) stellt die nun veröffentlichte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom Mai vor, welche die Klage eines Rechtsanwalts gegen die E-Mail-Überwachung des Bundesnachrichtendienstes mangels hinreichenden Nachweises individueller Betroffenheit als unzulässig abwies. Grundsätzlich sehe das Gericht bereits in der E-Mail-Erfassung einen Eingriff in Art. 10 des Grundgesetzes, was aufschlussreich, aber unbefriedigend sei, da der Betroffenheitsnachweis letztlich niemandem gelingen könne und so der Rechtsschutz leerlaufe. Eine Verfassungsbeschwerde sei angekündigt.

BGH zu rechtswidriger Abschiebehaft: Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass die Regelung des Aufenthaltsgesetzes zur Inhaftierung von Flüchtlingen gegen die zu Jahresbeginn erlassene Dublin-III-Verordnung verstößt, weil sie nicht hinreichend konkret angebe, wann Haft angezeigt sei. Es berichten die SZ (Wolfgang Janisch) und spiegel.de. An einer Gesetzesänderung werde gearbeitet, informiert die taz (Konrad Litschko). Was mit den zu Unrecht Inhaftierten geschehe, habe das Innenministerium aber bisher nicht beantwortet.

BGH zur Wahlfeststellung: Die FAZ (Helene Bubrowski) befasst sich mit dem Beschluss des 2. Senats des Bundesgerichtshofs zur ungleichen Wahlfeststellung vom Januar dieses Jahres, der die bisher ständige Rechtsprechung angreift, weil sie mit dem Bestimmtheitsgrundsatz nicht vereinbar sei.

BFH zu Umsatzsteuer für Sportvereine: Mit nun veröffentlichtem Urteil hat der Bundesfinanzhof im März entschieden, dass auch gemeinnützige Vereine aufgrund von Unionsrecht in vollem Umfang umsatzsteuerpflichtig sind. Bisher war nach deutschem Recht für die Überlassung von Sportanlagen ermäßigter Steuersatz zu zahlen. Der Ausweg: nach Unionsrecht ist die Überlassung von Sportanlagen durch Einrichtungen ohne Gewinnstreben steuerfrei. Das ändert jedoch nichts an der vollen Steuerpflicht etwa für Sponsorenleistungen, berichtet lto.de.

BSG zu Sozialhilfe für behinderte Menschen: Das Bundessozialgericht hat entschieden, dass behinderte Menschen auch dann Anspruch auf den vollen Sozialhilfesatz (Regelbedarfsstufe 1) haben, wenn sie bei Eltern oder Bekannten leben. Dass die aktuelle Rechtsanwendung die Sozialleistungen von individuellen Fähigkeiten zur Haushaltsführung abhängig mache, sei nicht mit dem Grundgesetz und der UN-Behindertenrechtskonvention vereinbar, meldet die taz.

OLG Köln zu Schwarzer über Kachelmann: Das Urteil des Oberlandesgerichts Köln zur ehrenrührigen falschen Tatsachenbehauptung Alice Schwarzers über Jörg Kachelmann vom Mai liegt nun im Volltext vor, meldet Thomas Stadler (internet-law.de).

OLG München – NSU-Prozess: Im nun weitergeführten NSU-Prozess gab es Probleme mit zwei Zeugen aus der rechten Szene. Einer konnte sich an nichts erinnern, und der andere war gar nicht erst zum Gericht gekommen, sondern auf der Fahrt dorthin in ein Wirtshaus eingekehrt, berichtet die taz (Andreas Speit).

OLG München – Zschäpes Erklärung: Die SZ (Tanjev Schultz/Annette Ramelsberger) und die Welt (Per Hinrichs) stellen die schriftliche Begründung Beate Zschäpes zu ihrem gewünschten Verteidigerwechsel vor. Der Wunsch werde nicht ausdrücklich erwähnt und der Text wirke wie "resignatives Zurückrudern".

LG Regensburg – Mollath: Im Prozess gegen Gustl Mollath konnte der Sachverständige "objektiv nicht sagen, ob die Reifen zerstochen wurden". Mit dem als Tatwerkzeug angegebenen breiten Schraubenzieher hätten die behaupteten kleinen Löcher nicht erzeugt werden können. Die Reifen lagen zur Untersuchung nicht vor. spiegel.de (Beate Lakotta) berichtet.

LG Regensburg – Mollaths Wahlverteidiger jetzt Pflichtverteidiger: Gustl Mollaths Verteidiger haben ihr Mandat aufgrund des Verhaltens des Angeklagten gegenüber dem Gericht niedergelegt. Anschließend ordnete sie das Gericht als Pflichtverteidiger bei, da der Mandant ihnen weiterhin vertraue, und die Anwälte setzten ihre Arbeit fort, erläutert die SZ (Ingrid Fuchs).

Rechtsprechung zu Aufklärung über Bankenprovision: Anlässlich des in der letzten Woche veröffentlichten Urteils des Bundesgerichtshofs stellt die SZ (Markus Zydra) dieses in den Kontext der Rechtsprechungsgeschichte zur Frage der Aufklärungspflicht von Banken über ihre Provisionen.

EuGH zu Sprachtest bei Familiennachzug: Rechtsprofessor Kay Hailbronner setzt sich in der FAZ mit der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs zu Sprachtests bei Familiennachzug auseinander. Er analysiert die dünnen Entscheidungsgründe und geht der Frage nach, wie das deutsche Recht den daraus erwachsenen Anforderungen gerecht werden könne.

StA Berlin – Volksverhetzung: Gegen den Imam Sheikh Abu Bilal Ismail werde wegen eines Videos ermittelt, welches ihn bei antisemitischen Äußerungen im Zusammenhang mit dem Gaza-Konflikt zeige, berichtet spiegel.de (Paul Middelhoff). Die Berliner Polizei werde nun auch bei Demonstrationen "unter Wahrung des Rechts auf Versammlungsfreiheit und der Meinungsfreiheit gegen antisemitische Äußerungen konsequent vorgehen", sagte Innensenator Henkel.

Heribert Prantl (SZ) kommentiert zum aufwallenden Antisemitismus, er zeige ein Integrationsdefizit, sei alles andere als neu und müsse mit gesellschaftlichen Mitteln bekämpft werden. Strafrecht sei ultima ratio. In seiner Videokolumne äußert er sich auch über die Grenze zwischen Kritik und strafbarer Volksverhetzung.

Verfassungsrichter Helmut Steinberger: Der ehemalige Bundesverfassungsrichter Helmut Steinberger ist am 6. Juli verstorben, teilte das Gericht nun mit. Die SZ würdigt den "weltläufigen Geist", der dieser Richter und Rechtsprofessor war.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 24. Juli 2014: Voßhoff kritisiert "Anti-Terror-Datei" – BGH kritisiert Abschiebehaft – VG Trier kritisiert Esels Einsamkeit . In: Legal Tribune Online, 24.07.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/12658/ (abgerufen am: 02.05.2024 )

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