Die juristische Presseschau vom 22. Juli 2016: OLG gegen Gabriel / Rot bleibt Spar­kasse / Dik­tatur Türkei?

22.07.2016

Recht in der Welt

Türkei – EMRK/Ausnahmezustand: Die türkische Regierung hat angekündigt, gemäß Art. 15 der Europäischen Menschenrechtskonvention bestimmte Teile der EMRK auszusetzen. Der Europarat sei hiervon informiert worden, schreibt SZ (Mike Szymanski/Stefan Ulrich). Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte werde eine Überprüfung der Rechtmäßigkeit und Verhältnismäßigkeit der Aussetzung einleiten. Die durch die Verhängung des Ausnahmezustandes im Land erweiterten Befugnisse der Regierung fasst zeit.de zusammen. Rainer Hermann (FAZ) meint in einem Kommentar, dass "der Staat bisher auch ohne rechtliche Grundlage getan" habe, "was immer nun legal möglich ist". Die von Präsident Erdogan angezettelten Kampagnen würden nun aber in einen "neuen Normalzustand" überführt. Nach dem Leitartikel von Heribert Prantl (SZ) wandelt sich das Land von einem "Staat, den man rechtsstaatlich nennen durfte", in ein "autoritäres System". Der Versuch, "den Weg der Türkei in die Diktatur juristisch zu pflastern" bemühe sich zwar um verfassungsrechtliche Legalität, offenbare aber sein wahres Wesen in der Ausschaltung der Justiz. Demgegenüber habe der Ausnahmezustand in Frankreich dort "nicht die Gewaltenteilung beseitigt, nicht die Justiz dezimiert und minimiert". Er sei vielmehr "eingebettet in eine funktionierende Rechts- und Werteordnung."

EGMR – Griechischer Schuldenschnitt: Der griechische Schuldenschnitt von 2012, durch den Zeichner von Staatsanleihen mehr als die Hälfte des Nominalwerts verloren, verstößt nicht gegen die Europäische Menschenrechtskonvention. Die Umschuldung habe ein legitimes Ziel verfolgt und sei auch verhältnismäßig gewesen. Über das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte schreibt die taz (Christian Rath).

Griechenland – Asylrecht: Die nach Griechenland geflüchteten acht türkischen Soldaten sind wegen illegaler Einreise zu Bewährungsstrafen verurteilt worden. Nach dem Bericht der taz (Jannis Papadimitrou) wird das von ihnen beantragte Asyl weiterhin bearbeitet.

Russland – Doping: Der Internationale Sportgerichtshof CAS hat die vom Russischen Olympischen Komitee und zahlreichen Leichtathleten eingelegten Einsprüche gegen die vom Leichtathletikverband IAAF verhängten Olympia-Sperren bestätigt. Nach dem Bericht der SZ (Thomas Kistner) gerät damit nun das Internationale Olympische Komitee in die heikle Position, selbst über einen möglichen Olympia-Ausschluss für das gesamte russische Team entscheiden zu müssen. Dies solle bis spätestens Dienstag geschehen. Die taz (Tom Mustroph) berichtet ebenfalls.

Sonstiges

Religion und Staat: Rainer Herrmann (FAZ) diskutiert im Leitartikel international verschiedene Konzepte von Laizität und Säkularismus und legt dar, dass diese "in der Gegenwart durch die massenweise Einwanderung von Muslimen" zu einer Weiterentwicklung herausgefordert würden. Dieser Aufgabe würde der liberale Säkularismus etwa deutscher Prägung "mehr gerecht als die strikte Laizität", weil er mehr als diese die Sichtbarmachung "vielfältiger Identitäten in religiösen Symbolen" erlaube.

Pokemon Go: Der Bundesverband der Verbraucherzentrale hat die Softwarefirma Niantic als Entwicklerin der Spiel-App Pokemon Go abgemahnt. Die Verbraucherschützer hätten Bedenken zum Datenschutz und weitreichenden Haftungs- und Gewährleistungsausschlüssen geltend gemacht, schreibt Korbinian Zellner (paloubis.com).

Jobcenter/Privatinsolvenzen: Die SZ (Kristiana Ludwig) berichtet zu einem Papier aus dem Bundesarbeitsministerium, nach dem sich Jobcenter nur noch in "besonderen Härtefällen" auf außergerichtliche Einigungen zu Rückstanden von Leistungsbeziehern einlassen sollen. Hierdurch seien bei verschuldeten Arbeitslosen "Insolvenzverfahren vorprogrammiert".

Das Letzte zum Schluss

By the book: Im Roman "Bier, Geld und Tomaten" wird nach bild.de ein erfolgreicher Bankraub geschildert. Offenbar nicht genau gelesen hat ihn der Autor selbst. Sein eigener Versuch scheiterte im Januar, nun steht er vor Gericht.

Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.

Am Montag erscheint eine neue LTO-Presseschau.

lto/mpi

(Hinweis für Journalisten)

Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 22. Juli 2016: OLG gegen Gabriel / Rot bleibt Sparkasse / Diktatur Türkei? . In: Legal Tribune Online, 22.07.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/20142/ (abgerufen am: 05.05.2024 )

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