Die juristische Presseschau vom 15. September 2016: Stö­rer­haf­tung beim EuGH / Rechts­po­litik beim DJT / BVerfG zu Aus­lie­fe­rung

15.09.2016

Justiz

BVerfG zu Auslieferung nach Großbritannien: Die in Großbritannien nur eingeschränkt geltende Selbstbelastungsfreiheit hindert nicht die Auslieferung von mutmaßlichen Straftätern. Das hat das Bundesverfassungsgericht im Fall eines Iren entschieden, dem vorgeworfen wird, in England einen Mann erschossen zu haben. Zwar gelte in Großbritannien der nemo-tenetur-Grundsatz nur eingeschränkt, jedoch werde dadurch der Kerngehalt der Menschenwürde nicht berührt, so die Richter. Damit seien die integrationsfesten Verfassungsgrundsätze nicht verletzt. lto.de fasst die Entscheidung zusammen. Udo Vetter (lawblog.de)sieht hinter dem Beschluss ein "sehr gefährliches Argumentationsmuster. Wenn's in der Sache passt oder zumindest notwendig erscheint, wird das Grundgesetz bis auf sein Stützgerüst reduziert und der Rest für notfalls verzichtbar erklärt."

BGH – Tengelmann: Der Bundesgerichtshof hat angekündigt, im November über die Rechtsmittel im Verfahren um die Übernahme von Kaiser's Tengelmann durch den Konkurrenten Edeka zu entscheiden. Das meldet lto.de. Zuvor hatten die Anwälte der Supermarktkette in einem Brief an den BGH eine rasche Entscheidung gefordert, weil die wirtschaftliche Situation sich zuspitzen würde, schreibt die SZ (Michael Kläsgen). In einem gesonderten Kommentar führt Michael Kläsgen (SZ) aus, dass die Zerschlagung nur durch einen runden Tisch abgewendet werden könne, an dem alle Akteure sitzen und die Supermarktkette aufgeteilt werde. Für die Zukunft sei zudem wichtig, dass der Bundesgerichtshof kläre, wann eine Ministererlaubnis zulässig ist.

LG Krefeld zum VW-Abgasskandal: Das Landgericht Krefeld hat nach einer Meldung von lto.de den Rücktritt vom Kauf eines Audis mit manipulierter Abgas-Software für wirksam erklärt. Den Käufern sei eine Nacherfüllung durch VW nicht zumutbar, weil auch nach einer Überarbeitung der Software ein "berechtigter Mangelverdacht" bestünde.

LG Braunschweig – Klagewelle zum Abgasskandal: Das Landgericht Braunschweig bereitet sich auf eine Klageflut in den nächsten Tagen vor. Hintergrund ist, dass sich am Sonntag die Aufdeckung des VW-Abgasskandals jährt. Zwar ist umstritten, ob für die Ansprüche eine einjährige Verjährungsfrist gelte, jedoch würden viele Anwälte aus Sicherheit jetzt ihre Klagen einreichen, berichtet bloomberg.com (Karin Matussek) in einem englischsprachigen Beitrag. Die Zeit (Claas Tatje) fasst die verschiedenen Verfahren zum VW-Skandal zusammen.

OLG München – NSU-Prozess: Die Hauptangeklagte im NSU-Prozess, Beate Zschäpe, verweigert weiter die Beantwortung von Fragen der Opfer und ihrer Vertreter. Nur wenn das Gericht sich diese zu eigen mache, wolle Zschäpe aussagen, erklärte ihr Anwalt Mathias Grasel am gestrigen Verhandlungstag. Beantwortet wurden hingegen Fragen des Mitangeklagten Carsten S. Die SZ (Annette Ramelsberger), die taz (Konrad Litschko), spiegel.de (Gisela Friedrichsen) und zeit.de (Tom Sundermann) berichten vom Prozess am Oberlandesgericht München.

Annette Ramelsberger (SZ) kommentiert, dass das Gericht das zeitraubende Frage-Antwort-Spiel nicht länger hinnehmen solle. Ein Jahr lang fragen und warten müsse genügen.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 15. September 2016: Störerhaftung beim EuGH / Rechtspolitik beim DJT / BVerfG zu Auslieferung . In: Legal Tribune Online, 15.09.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/20584/ (abgerufen am: 19.05.2024 )

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