Die juristische Presseschau vom 18. bis 20. Juni 2016: "Nein heißt Nein" kommt/Ex-SS-Wach­mann ver­ur­teilt/Gesetz zur Lohn­ge­rech­tig­keit wackelt

20.06.2016

Die Koalitionsfraktionen haben sich auf das Prinzip "Nein heißt Nein" geeinigt. Der Gesetzentwurf soll vor dem Sommer verabschiedet werden. Außerdem in der Presseschau: 5 Jahre Haft für Hanning, Prozess gegen Reker-Attentäter.

Thema des Tages

Sexualstrafrecht: Die Montags-taz (Christian Rath) meldet, dass Anfang Juli der Bundestag über den Gesetzentwurf zum Sexualstrafrecht entscheiden soll. Die Rechts- und Frauenpolitiker der Regierungsfraktionen haben sich darauf geeinigt, das Prinzip "Nein heißt Nein" im Gesetz zu verankern. Außerdem soll es künftig einen Straftatbestand der sexuellen Belästigung geben. Danach wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wer eine andere Person in sexuell bestimmter Weise körperlich berührt und dadurch belästigt.
Laut einer separaten Meldung der taz befürworteten in einer Umfrage 86 Prozent eine Verschärfung des Sexualstrafrechtes, 10 Prozent der Befragten hielten die bisherige Rechtslage für ausreichend.

Simone Schmollack (taz.de) begrüßt die geplante Neuregelung als Paradigmenwechsel. Dass "Nein heißt Nein" jetzt Gesetz wird, schreibt sie dem Fall Gina-Lisa Lohfink zu. Man dürfe davon ausgehen, dass die laufenden Verfahren um die Ex-Teilnehmerin bei "Germany’s next Topmodel" und ihre Vergewaltigungsvorwürfe dazu beigetragen haben, dass das Gesetz nun sogar noch vor der parlamentarischen Sommerpause verabschiedet werde.
Anderer Ansicht sind Melanie Amann und Ann-Katrin Müller (Spiegel). Sie beschreiben noch einmal die Historie des Falles Gina-Lisa Lohfink und stellen dabei nachdrücklich in Frage, dass er tatsächlich als Beispiel einer Schutzlücke im Gesetz taugt.
Claudia Voigt (Spiegel) mit dem Argument auseinander, ein verschärftes Sexualstrafrecht könnte falschen Anschuldigungen Vorschub leisten. Sie hofft, dass sich die gesetzliche Regelung von "Nein heißt Nein" so in den Köp­fen von Män­nern und Frau­en ver­an­kert, dass der Slo­gan dazu bei­trägt, ei­nen ge­sell­schaft­li­chen Wan­del vor­an­zu­trei­ben.

Rechtspolitik

Asylrecht: Katrin-Göring Eckardt, die Vorsitzende der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen, hat sich im Interview mit spiegel.de (Annett Meiritz) gegen das Konzept der sicheren Herkunftsstaaten ausgesprochen. Bei einer niedrigen Anerkennungsquote – drei Jahre lang jeweils drei Prozent oder weniger – sollen nach ihren Vorstellungen Asylanträge innerhalb von drei Wochen entschieden werden – in einem "Fast-und-Fair"-Verfahren. Außerdem sollen gewalttätige Ausländer ohne Asylanspruch schneller abgeschoben werden.

§ 103 StGB: Der Bundesrat am vergangenen Freitag nicht wie vorgesehen über die Abschaffung des § 103 StGB – Beleidigung von Organen und Vertretern ausländischer Staaten – beraten, berichtet die Montags-taz. Die Länderkammer setzte den Tagesordnungspunkt mit dem von Hamburg, Bremen, Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein, Thüringen und Niedersachsen eingebrachten Gesetzentwurf wieder ab, nachdem sich abzeichnete, dass der Vorstoß nicht die erforderliche Mehrheit erhalten würde.

Lohngerechtigkeit: Die Montags-SZ (Constanze von Bullion) befürchtet, dass das Lohngerechtigkeitsgesetz scheitern könnte. Am heutigen Montag soll die Initiatorin des Gesetzes, Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD), mit Vertretern des Kanzleramts sowie Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbänden zusammentreffen, um einen Kompromiss bei ihrem kontroversesten Projekt zu erreichen. In einem Interview mit dem Spiegel (Ann-Katrin Müller/ Michael Sauga) verteidigt Schwesig das Gesetzesvorhaben, zeigte sich aber auch offen für Vorschläge aus der Union zur konkreten Ausgestaltung. In ihrem Kommentar mahnt Constanze Bullion (Montags-SZ) das Gesetz an, es gäbe kaum andere Länder in Europa, in denen die Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen so gravierend wie in Deutschland. seien.

Netzsperren: netzpolitik.org (Markus Beckedahl) berichtet von den Aktivitäten Monika Hohlmeiers, in den derzeit diskutierten Entwurf einer Richtlinie zur Terrorismusbekämpfung auch die Möglichkeit, bestimmte Internetseiten zu blockieren, aufzunehmen. Beckedahl befürchtet, dass hier die Tür für willkürliche Netzsperren geöffnet wird.

Antiterrorgesetz:
Gegen das geplante Antiterrorgesetz formiert sich Widerstand, berichtet die Montags-taz (Konrad Litschko). Nicht nur der Hamburger Datenschutzbeauftragte, sondern auch der Bundesrat kritisiert die vorgesehenen Regelungen. Laut Länderkammer ist der Entwurf zu unbestimmt und zu weit, der Datenschutzbeauftragte warnt vor einer neuen Eingriffsqualität.

Waffenrecht: Der Spiegel (Dietmar Hipp) vermeldet, dass die Initiative "Keine Mordwaffen als Sportwaffen" den Beschluss der EU-Innenminister zum Waffenrecht kritisiert hat, weil er ihr nicht weit genug gehe. Insbesondere wendet sich die Initiative dagegen, dass Sportschützen weiterhin halbautomatische Sturmgewehre besitzen und nutzen dürfen sollen. Sie fordert zumindest ein Verbot aller halbautomatischen Waffen beziehungsweise ein Verbot aller tödlichen Schusswaffen für den Schießsport.

Burkaverbot: Bayern will im Bundesrat laut Focus (gös) ein Burkaverbot in Gerichten initiieren. Ein entsprechender Gesetzentwurf soll am Dienstag im bayerischen Kabinett diskutiert und im Juli im Bundesrat eingebracht werden.

§ 113 StGB: Die Konferenz der Innenminister will laut Samstags-SZ (Ronen Steinke) die Mindeststrafandrohung des § 113 StGB – Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte – auf sechs Monate erhöhen und gleichzeitig den Anwendungsbereich ausweiten.

Hilfe für Flutopfer: Laut Samstags-SZ (Michael Bauchmüller) will Bundesjustizminister Heiko Maas mit Ausnahmeregelungen im Insolvenzrecht Unternehmen unterstützen, die durch die starken Regenfälle der vergangenen Wochen in wirtschaftliche Schwierigkeiten gekommen sind. Ein entsprechendes Gesetz soll kurzfristig verabschiedet werden.

Mietpreisbremse:
Die Nachbesserungswünsche an der Mietpreisbremse, die insbesondere aus Berlin kommen, greift jetzt auch das Hbl auf. Eine Verschärfung der Regelungen scheitert bisher allerdings an der CDU/CSU-Fraktion.

Gaffer: Der Bundesrat hat laut Samstags-SZ beschlossen, im Bundestag einen Gesetzentwurf einzubringen, der die Behinderung von Hilfseinsätzen bei Unfällen durch Gaffen unter Strafe stellt.

Kulturschutzgesetz:
Der von Kulturstaatsministerin Monika Grütters vorgelegte Entwurf für ein neues Kulturschutzgesetz stößt weiterhin auf Kritik. So befürchten Baden-Württemberg und Hessen, laut einer Meldung der Samstags-SZ, dass die geplanten Regelungen zur Ausfuhr von Kulturgut eine unabsehbare finanzielle und organisatorische Belastung für die Länder bringen würden. Mit dem neuen Gesetz soll die Ein- und Ausfuhr von Kulturgütern in das Ausland und dabei auch in EU-Mitgliedsländer geregelt werden. Außerdem sind bestimmte Nachweispflichten hinsichtlich der legalen Herkunft von Kulturgütern vorgesehen.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 18. bis 20. Juni 2016: "Nein heißt Nein" kommt/Ex-SS-Wachmann verurteilt/Gesetz zur Lohngerechtigkeit wackelt . In: Legal Tribune Online, 20.06.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/19717/ (abgerufen am: 26.04.2024 )

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