Die juristische Presseschau vom 15. Juni 2016: Pro­zess gegen Silvio S. / Maas gegen Mehr­fa­chehen / EuGH zu Kin­der­geld

15.06.2016

 

In Potsdam hat der Prozess gegen Silvio S, den mutmaßlichen Mörder von Elias und Mohamed, begonnen. Außerdem in der Presseschau: Schlappe für S21-Gegner, Einigung über Erbschaftsteuerreform? 

 

Thema des Tages

LG Potsdam – Prozessbeginn gegen Silvio S.: Vor dem Landgericht Potsdam hat der Prozess gegen Silvio S. begonnen. Ihm werden von der Staatsanwaltschaft der Missbrauch und die Tötung zweier Jungen vorgeworfen. Er soll den sechsjährigen Elias von einem Spielplatz in Potsdam und den vierjährigen bosnischen Flüchtlingsjungen Mohamed vor dem Lageso in Berlin weggelockt, sich an ihnen vergangen und sie getötet haben. 

Noch vor der Verlesung der Anklage wurde von der Verteidigung der Antrag gestellt, die Öffentlichkeit vom Prozess auszuschließen. Dieser Antrag wurde vom Gericht genauso abgelehnt wie der Antrag der Nebenklage, die Anklage ohne Publikum zu verlesen. 

Über den ersten Verhandlungstag berichten unter anderem die FAZ (Julia Schaaf), focus.de (Ida Haltaufderheide) und die SZ (Verena Mayer). Die taz (Uta Eisenhardt) beschreibt das immense öffentliche Interesse und die hohen Sicherheitsmaßnahmen, von denen der Prozessauftakt begleitet wurde.

Rechtspolitik

Keine Polygamie in Deutschland: Bundesjustizminister Heiko Maas hat angekündigt, Mehrfachehen oder Ehen mit Minderjährigen einen Riegel vorzuschieben, meldet spiegel.de. Solche Ehen können zwar in Deutschland nicht geschlossen werden, bei bereits verheirateten nach Deutschland einreisenden Migranten können sie aber unter Umständen von den Behörden anerkannt werden, heißt es in dem Bericht. Maas will hier ein gesetzliches Vorgehen prüfen.

Die SZ (Ulrike Heidenreich/Wolfgang Janisch) weist darauf hin, dass die Anerkennung einer Mehrfachehe in der Regel die betroffenen Frauen schützt, indem beispielsweise Unterhalts- oder Erbansprüche entstehen. Laut taz (Daniel Bax) sind in den vergangenen Monaten einige hundert Flüchtlinge mit minderjährigen Frauen nach Deutschland gekommen. Die Justizministerkonferenz will auf Antrag von Nordrhein-Westfalen prüfen, ob nach ausländischem Recht geschlossenen Ehen die Anerkennung versagt werden soll, wenn keine Ehemündigkeit nach deutschem Recht besteht. In seinem Kommentar spricht sich Wolfgang Janisch (SZ) für ein gesetzliches Mindestalter für die Anerkennungsfähigkeit einer Ehe aus und appelliert an Maas, hier nachzubessern.

Mietpreisbremse: Berlin will im Bundesrat eine Nachbesserung der Mietpreisbremse initiieren, berichten FAZ (Mechthild Küpper) und taz (Stefan Alberti). Wohnungseigentümer sollen verpflichtet werden, neuen Mietern die Miethöhe der Vormieter zu nennen und zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete im Mietspiegel soll künftig sechs statt vier Jahre lang der Mietzins betrachtet werden. Stefan Alberti (taz) bewertet den Vorstoß in einem separaten Kommentar als erfolgsversprechenden Kompromiss.

Erbschaftsteuer: Nach Angaben der SZ haben sich die Koalitionspartner auf eine Erbschaftsteuerreform geeinigt. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble soll danach die Verhandlungsführer von CSU und SPD, Horst Seehofer und Sigmar Gabriel, für Donnerstagvormittag in sein Büro eingeladen haben, um den Deal zu besiegeln.

Rasen soll teurer werden: Der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius will, dass die Bußgelder für Vergehen im Straßenverkehr drastisch angehoben werden, heißt es in einem Bericht der SZ. Bis zu 1000 Euro soll eine Geschwindigkeitsüberschreitung von 30 km/h dann kosten. Für Bernd Kastner (SZ) ist es überfällig, dass der Gesetzgeber den Preis für lebensgefährliche Rücksichtslosigkeit nach oben setzt. Ihm reicht das allerdings nicht, er will auch ein grundsätzliches Tempolimit auf den Autobahnen.

Staatsangehörigkeitsrecht: In einem Interview mit der FAZ spricht sich der Direktor des Forschungszentrums für internationales und europäisches Ausländer- und Asylrecht in Konstanz, Kay Hailbronner, angesichts der großen Flüchtlingsbewegungen für Überlegungen zum Staatsangehörigkeitsrecht aus. Aufgrund des Erwerbs der deutschen Staatsangehörigkeit kraft Geburt auf deutschem Staatsgebiet werde künftig ein erheblich größerer Teil deutscher Staatsangehöriger in wesentlich anderen kulturellen und religiösen Vorstellungen verwurzelt sein, gibt er zu bedenken.

Zahlungsdiensterichtlinie: Gustav Meyer zu Schwabedissen und Barbara Dörner stellen auf lto.de die Zahlungsdiensterichtlinie II vor, die die mit der direkten Zahlungsabwicklung durch Onlinehändlier verbundenen Gefahren abwehren soll.

Ceta: Mit der Beteiligung der nationalen Parlamente an supranationalen Abkommen befasst sich Ferdinand Weber auf verfassungsblog.de. Er weist auf das bereits laufende Gutachterverfahren vor dem EuGH hin, in dem die Kommission die Luxemburger Richter befragt hat, welche Beteiligungsrechte die nationalen Parlamente im Rahmen des Freihandelsabkommens mit Singapur haben. Konkret wird allerdings eher das mit Kanada ausgehandelte Ceta-Abkommen diskutiert. Hier soll Anfang Juli die Europäische Kommission entscheiden, ob sie das Vertragswerk mit oder ohne die nationalen Parlamente beschließen lassen will, berichtet die SZ (Alexander Mühlhauer)

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 15. Juni 2016: Prozess gegen Silvio S. / Maas gegen Mehrfachehen / EuGH zu Kindergeld . In: Legal Tribune Online, 15.06.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/19659/ (abgerufen am: 27.04.2024 )

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