Die juristische Presseschau vom 20. Dezember 2016: Lag­arde veru­teilt / Elb­ver­tie­fung am BVerwG / Frauke Petry und Fakten

20.12.2016

Schuldig, aber straflos: Ein französisches Sondergericht urteilt gegen Christine Lagarde. Außerdem in der Presseschau: das BVerwG verhandelt erneut zur Elbvertiefung, Frauke Petry obsiegt zum Teil und ein bisschen Frieden in Brandenburg.

Thema des Tages

Christine Lagarde: Wegen "Fahrlässigkeit im Amt" hat der Gerichtshof der Republik Frankreich (Cour de justice de la République) Christine Lagarde verurteilt, gleichzeitig aber auf die Verhängung einer Strafe verzichtet. Als Finanzministerin des Landes hätte die heutige Chefin des IWF 2008 Einspruch gegen die Entscheidung eines Schiedsgerichts, durch die dem Geschäftsmann Bernard Tapie eine Entschädigung von mehreren Hundert Millionen Euro zugesprochen wurde, einlegen müssen, fasst die SZ (Claus Hulverscheidt/Christian Wernicke) die Argumentation des Gerichts zusammen. Eine Prüfung der Schiedsentscheidung hätte Manipulationen offengelegt. Ihr gegenwärtiges Amt wolle Lagarde nach den Worten ihrer Anwälte weiterführen. Weitere Berichte zur Entscheidung bringen taz (Rudolf Balmer), Hbl (Thomas Hanke) und zeit.de (Annika Joeres). Ein Porträt der Verurteilten bringt die taz (Rudolf Balmer).

Michaela Wiegel (FAZ) fragt in einem Kommentar, ob sich der IWF angesichts seiner "immensen Herausforderungen" eine Generaldirektorin leisten könne, die der Fahrlässigkeit "für schuldig gesprochen wurde" und die auch vor Gericht "eine schwache Figur" gemacht habe. Dagegen meint Cerstin Gammelin (SZ), dass Europa "gut beraten" sei, "Lagarde zu stützen". In einem durch die Präsidentenwahl in den USA verstärkt konservativen Polit-Milieu sei sie schließlich "die einzige liberale Europäerin", die in Washington "westliche Werte" verteidigen könne.

Rechtspolitik

Fake News: Helene Bubrowski (FAZ) bezeichnet im Leitartikel ihrer Zeitung Forderungen zur Schaffung eines neuen Straftatbestandes gegen die Verbreitung sogenannter Fake News als "wenig weitsichtig". Einerseits sei die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Meinungsfreiheit "derart großzügig", dass der Gedanke komme, persönliche Ehre sei "ein überkommendes Konzept". Andererseits verbiete das Grundgesetz eine Zensur "aus guten Gründen". Dennoch müssten soziale Netzwerke stärker in die Pflicht genommen werden, um gegen auch nach geltendem Recht strafbare Inhalte vorzugehen. Ähnlich argumentiert Jost Müller-Neuhof (Tsp) in einem Kommentar. In "der Millionenwelt der sozialen Netzwerke" mangele es an der durchaus möglichen strafrechtlichen Sanktionierung von Beleidigung, übler Nachrede und Verleumdung oder der Durchsetzung zivilrechtlicher Unterlassungsansprüche. Hier sei rechtspolitisch anzusetzen.

Musterklagen: Das Gesetz zur Einführung einer Musterfeststellungsklage befindet sich gegenwärtig in der Referentenentwurfsphase. Den Entwurf unterzieht Richter Benedikt Windau auf lto.de einer kritischen Analyse. Nach dem bisherigen Planungsstand soll das Gesetz wegen noch zu erbringender technischer Vorarbeiten erst zwei Jahre nach Verkündung in Kraft treten. VW-Käufer dürften damit von der Neuregelung nicht profitieren.

Mindeststeuersatz für Unternehmen: Nach Informationen der SZ (Cerstin Gammelin) sind mehrere Bundesländer nun bereit, die Bemessungsgrundlage für die Besteuerung von Unternehmen zu vereinheitlichen. Ein derartiger Vorstoß solle den Weg für einen EU-weiten Mindeststeuersatz ebnen.

Arzneimittel: Das Hbl (Peter Thelen) berichtet über anhaltende Kritik an dem von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) vorgelegten Gesetzentwurf zum Verbot eines Versandhandels mit Arzneimitteln. Diese werde nicht nur vom Koalitionspartner geäußert, auch innerhalb des Ministeriums bestünden rechtliche Bedenken.

Justizsenator: Die taz-Berlin (Plutonia Plarre/Bert Schulz) interviewt Dirk Behrendt (Grüne), den neuen Berliner Justizsenator. Der frühere Richter stellt Vorhaben in den von ihm betreuten Bereichen Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung vor.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 20. Dezember 2016: Lagarde veruteilt / Elbvertiefung am BVerwG / Frauke Petry und Fakten . In: Legal Tribune Online, 20.12.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/21520/ (abgerufen am: 27.04.2024 )

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