Die juristische Presseschau vom 18. - 20. Oktober 2014: Diskussion um Streikrecht – BGH zu Wohnungseigentum – NSU-Untersuchungsausschuss in BaWü

20.10.2014

Justiz

BGH – Sanierung Wohnungseigentum: Wohnungseigentümer müssen zwingend erforderliche Sanierungen am Gemeinschaftseigentum mittragen, ohne dass es auf die Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit und das Wirtschaftlichkeitsgebot ankäme. Dies entschied der Bundesgerichtshof am vergangenen Freitag. In dem verhandelten Fall klagte ein Wohnungseigentümer auf Zustimmung der Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) zur anteiligen Kostentragung und Bildung einer Sonderumlage für durchgeführte Sanierungsmaßnahmen. Diese waren aufgrund eines Mangels in der Bausubstanz des Gemeinschaftseigentums notwendig geworden, nachdem das Wohnungseigentum aufgrund des Mangels nicht mehr nutzbar war. Der BGH entschied, dass die Berücksichtigung finanzieller Schwierigkeiten der anderen Eigentümer in einem solchen dringenden Fall nicht erfolgen kann. Zudem kann sich die WEG schadensersatzpflichtig machen, wenn sie die Beschlussfassung zur Maßnahme verzögert. Die Samstags-FAZ (Joachim Jahn) und Welt am Sonntag (Daniel Eckert/Kathrin Gotthold) stellen den Fall und das Urteil dar. Zudem bespricht Rechtsanwalt Christian Herzig auf lto.de das Urteil ausführlich.

EuGH – André Shepherd: Der Spiegel (Simone Salden) porträtiert André Shepherd, der während des Irakkrieges aus der US-Army desertiert war und in Deutschland Asyl betragt hatte. Sein Fall wird nach Vorlage durch das Landgericht München nun vor dem Europäischen Gerichtshof in Luxemburg verhandelt. Nach Angaben seines Anwalts geht es um Grundsatzfragen des Rechts auf Kriegsdienstverweigerung. So müssten die Richter entscheiden, ab wann das Flüchtlingsrecht einem Soldaten ein Recht auf Desertion zugesteht und ob dabei ausreiche, dass der Soldat lediglich vermutet, in Zukunft in Kriegsverbrechen verwickelt zu werden. Das Schlussgutachten der Generalanwältin werde im November erwartet.

BVerfG – Bankenaufsicht: Wie die Welt am Sonntag (Sebastian Jost) berichtet, hat die Gruppe von sieben Professoren um den Rechtsanwalt Markus C. Kerber ihre Verfassungsbeschwerde gegen die geplante Bankenaufsicht unter dem Dach der EZB vor dem Bundesverfassungsgericht erweitert. Sie wendet sich nun auch gegen das „zweite Standbein der Bankenunion“, den geplanten einheitlichen Abwicklungsmechanismus (Single Resolution Mechanism, kurz SRM). Auch diesen Mechanismus sieht die Gruppe nicht von Art. 114 AEUV gedeckt, sodass er ihrer Ansicht nach einen ultra-vires-Akt darstellt.

LAG Hamm zu Praktika: Wie lto.de (Constantin van Lijnden) schildert, hat das Landesarbeitsgericht Hamm die öffentlich viel beachtet Entscheidung des Arbeitsgerichts Bochum aufgehoben, das einer REWE-Praktikantin für die acht Monate dauernde Tätigkeit in einem REWE-Supermarkt den vollen Lohn zusprach. Anders als das ArbG, das die Praktikumsverträge gem. § 138 Abs. 2 des Bürgerlichen Geestbuchs als nichtig ansah, argumentierte das LAG, es handle sich vorliegend um keinen typischen Fall der Praktikumsausbeutung. Dabei sei ausschlaggebend gewesen, dass die Klägerin sich lange Zeit erfolglos um eine Ausbildungsstelle beworben hatte, das Praktikum im Rahmen einer Maßnahme des Berufsbildungszentrums absolvierte und zudem die Aussicht auf eine Ausbildungsstelle im Supermarkt erhalten hatte.

OLG München – Josip Perković /Zdravko Mustač: Am vergangenen Freitag hat vor dem Oberlandesgericht München der Prozess gegen zwei ehemalige, hochrangige Mitarbeiter des kroatischen Geheimdienstes, Josip Perković und Zdravko Mustač, wegen Beihilfe zum Mord begonnen. Ihnen wird vorgeworfen, 1983 den Mord am kroatischen Dissidenten und Oppositionellen Stjepan Đureković geplant und vorbereitet zu haben. Die Samstag-taz (Lisa Schnell) und Samstags-SZ (Katja Riedel) berichten vom ersten Verhandlungstag. zeit.de (Daniel Müller) stellt zudem die Hintergründe des Falles eingehend dar.

LG Leipzig zu versuchtem Mord: Die Samstags-taz (Annabelle Seubert) schildert in einem ausführlichen Beitrag einen Fall vor dem Landgericht Leipzig, bei dem eine Frau wegen versuchten Mordes an ihrem Ehemann angeklagt und schließlich zu acht Jahren Haft verurteilt wurde. Anhand des Falles erläutert die Autorin die Mordmerkmale des § 211 StGB, seine Entstehungsgeschichte und die von Justizminister Heiko Maas (SPD) geplante Reform der Tötungsdelikte.

VGH Mannheim – NPD Parteitag: Die Stadt Weinheim lehnte einen Antrag der NPD auf Nutzung der Stadthalle für ihren Bundesparteitag ab, wogegen sich die Partei mit einem Antrag auf einstweilige Anordnung wehrte. Der Eilantrag blieb nun auch vor dem Verwaltungsgerichtshof Mannheim erfolglos, melden die Samstags-FAZ und lto.de. Die Stadt habe zwar die Nutzung der Halle für solche Zwecke vorgesehen, jedoch ausreichend darlegen können, dass die Halle an den Terminen anderweitig belegt sei oder geschlossen habe, entschied das Gericht.

LG Berlin zu Online-Scheidungen: Laut der Samstags-SZ (Wolfgang Janisch) hat das Landgericht Berlin eine Scheidungs-Anwältin zu Schadensersatzleistungen verurteilt, weil sie ihre Mandantin im Rahmen der sogenannten „Online-Scheidung“ nicht ausreichend beraten habe. Die Mandantin habe ein Online-Formular der Kanzlei ausgefüllt und nach einem Telefonat mit der Anwältin auf Ehegattenunterhalt und Versorgungsausgleich verzichtet. Das Gericht sah die umfassende anwaltliche Beratungspflicht als nicht erfüllt an, weil die Anwältin nicht eindringlich genug vor den Nachteilen des Unterhaltsverzichts gewarnt habe.

LG München – Missbrauch von Berufsbezeichnungen: Die Montags-taz (Christian Rath) bringt einen Vorbericht zu einem am heutigen Montag beginnenden Prozess vor dem Landgericht München. Angeklagt ist ein Mann, der bei einem Prozess wegen Schwarzfahrt als „Strafverteidiger“ des Angeklagten aufgetreten war, ohne Anwalt zu sein, was nach der Strafprozessordnung zulässig ist und vom Richter bestätigt wurde. Weil die Polizei aber notiert haben soll, dass der Mann sich als „Rechtsanwalt“ bezeichnet hatte, werde ihm nun der Missbrauch von Titeln, Berufsbezeichnungen und Abzeichen gem. § 132a Strafgesetzbuchs vorgeworfen.

Peter Richter – Anwalt der NPD: In einem ausführlichen Porträt stellt die FAS (Timo Frasch) den Anwalt Peter Richter vor, der die NPD bei zahlreichen Verfahren vertritt, wie beispielsweise beim aktuellen Verbotsverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht. Der hochintelligente 29-jährige Jurist mit Prädikatsexamen sei selbst als stellvertretender Vorsitzender der Saarländer NPD in der Partei aktiv und weise ein instrumentelles Verhältnis zu rechtsstaatlichen Grundsätzen auf: „kraft der eigenen Intelligenz die schlechte Sache in einem guten Licht erscheinen zu lassen“, zähle zu seinen Stärken.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 18. - 20. Oktober 2014: Diskussion um Streikrecht – BGH zu Wohnungseigentum – NSU-Untersuchungsausschuss in BaWü . In: Legal Tribune Online, 20.10.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/13529/ (abgerufen am: 08.05.2024 )

Infos zum Zitiervorschlag
Jetzt Pushnachrichten aktivieren

Pushverwaltung

Sie haben die Pushnachrichten abonniert.
Durch zusätzliche Filter können Sie Ihr Pushabo einschränken.

Filter öffnen
Rubriken
oder
Rechtsgebiete
Abbestellen