Die juristische Presseschau vom 18. - 20. Oktober 2014: Diskussion um Streikrecht – BGH zu Wohnungseigentum – NSU-Untersuchungsausschuss in BaWü

20.10.2014

Die Streiks der vergangenen Woche lösen wieder Diskussionen um eine Begrenzung des Streikrechts aus. Außerdem in der Presseschau: BGH zur Sanierung von Wohnungseigentum, US-Army-Deserteur vor dem EuGH, Pariser Gericht verhängt Strafe gegen Uber und ein Mann klagt auf Schadensersatz wegen rosa Unterwäsche.

Thema des Tages

Streikrecht: Infolge der Streiks von Lokführern und Piloten in der vergangenen Woche werden wieder Forderungen nach einer Beschränkung des Streikrechts und der Macht von Spartengewerkschaften wie GDL und Cockpit diskutiert. Neben der Darstellung der aktuellen Ereignisse befassen sich unter anderem der Focus (Daniel Goffart u.a., Kurzfassung), die FAS (Corinna Budras), die Welt am Sonntag (Wolfgang Büscher u.a.) und die Samstags-taz (Pascal Beuckert/Richard Rother) mit dem rechtlichen Rahmen der Streiks. Sie erklären die grundgesetzlich verbriefte Koalitionsfreiheit, die vom Bundesarbeitsgericht aufgegebene Rechtsprechung zur Tarifeinheit und die rechtlichen Anforderungen an einen rechtmäßigen Streik. Zudem wird die gesetzliche Lage mit anderen europäischen Ländern verglichen, wie etwa Frankreich, wo auch politische Streiks zulässig seien. Schließlich wird erneut das Gesetzvorhaben von Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) zur gesetzlichen Festlegung der Tarifeinheit vorgestellt. Danach soll bei konkurrierenden der Tarifvertrag der mitgliederstärksten Gewerkschaft gelten und damit die Friedenspflicht für die übrigen Gewerkschaften. Der Gesetzentwurf soll im November beschlossen werden, sei aber im Hinblick auf die Koalitionsfreiheit der unterlegenen Gewerkschaften rechtlich umstritten. Ein anderer Vorschlag fordert eine Einführung höherer Hürden für Streiks in der Daseinsvorsorge, wie etwa die Pflicht zur rechtzeitigen Ankündigung und eine Schlichtungspflicht.

Wie das Montags-Handelsblatt (Dieter Fockenbrock/Frank Specht) berichtet, wird die Deutsche Bahn keine Klage gegen die GDL erheben, zumal die Anforderungen an einen rechtmäßigen Streik wahrscheinlich erfüllt wären.

In einem Interview mit dem Handelsblatt (Frank Specht) gibt Heiner Geißler den Plänen der Bundesregierung die Schuld an der langen Dauer der Streiks, weil die Bahn auf die Einführung des Gesetzes warte. Zudem würde der Grundsatz der Tarifeinheit eine Monopolisierung der Tarifpolitik bewirken und sei ohnehin verfassungswidrig.

Rechtspolitik

Datenschutz: Martine Reicherts, designierte EU-Kommissarin für Justiz, Grundrechte und Bürgerschaft, hebt in einem Gastbeitrag in der FR die Vorteile der geplanten Reform der europäischen Datenschutzvorschriften hervor, die von der Europäischen Kommission vorgeschlagen worden ist. Die Reformen würden sich zunächst positiv auf Unternehmen auswirken, da diese sich nur noch mit einer einzigen Datenschutzbehörde und einem Regelwerk befassen müssten. Es würden aber auch Bürgerrechte gestärkt, etwa durch die Verpflichtung aller in der EU tätigen Unternehmen auf die Einhaltung von EU-Vorschriften und die Schaffung klarer Vorschriften für die Datenübertragung. Insgesamt gelte es, einen „starken und modernen Rahmen für den Schutz personenbezogener Daten“ herauszuarbeiten.

Insolvenzverwalter: Nach Informationen der Samstags-FAZ (Joachim Jahn) soll die geplante Änderung der Insolvenzordnung zur Beschränkung des Anfechtungsrechts von Insolvenzverwaltern zunächst nicht weiter verfolgt werden. Das Anfechtungsrecht gestattet den Insolvenzverwaltern, Zahlungen an Gläubiger innerhalb von zehn Jahren anzufechten, wenn diese von der drohenden Insolvenz Kenntnis hatten, was vom Bundesgerichtshof bereits bei einer Vereinbarung von Ratenzahlungen vermutet werde. Die Reform wurde wegen der Kritik mittelständischer Unternehmen an der dadurch entstehenden Rechtsunsicherheit in die Wege geleitet, Justizminister Maas (SPD) konnte sich mit den Rechpolitikern der beiden Koalitionsparteien jedoch nicht auf die Reichweite der Reformen einigen.

Suizidhilfe: Die Montags-FAZ (Oliver Tolmein) greift die Debatte um die rechtliche Handhabung von Suizidhilfe auf. Der am gestrigen Donnerstag vorgestellte Vorschlag einiger Koalitions-Abgeordneter um Peter Hintze (CDU), ärztlich assistierte Suizidhilfe ausdrücklich im Bürgerlichen Gesetzbuch zu regeln und straffrei zu stellen, habe eine Regelung aus Oregon (USA) zum Vorbild, welche jedoch strengere Voraussetzungen als der jetzige Vorschlag aufweise. So dürfe die Lebenserwartung des Patienten nicht länger als sechs Monate betragen und dieser müsse seinen Wunsch zweimal mündlich und einmal schriftlich äußern. Des Weiteren sei die Regelung vor dem Hintergrund wirtschaftlicher Erwägungen im Medizinsystem bedenklich. So seien in Oregon Fälle bekannt geworden, in denen krebskranken Patienten die nötige Behandlung nicht bewilligt, aber auf die Möglichkeit der staatlich bezahlten Leistungen der ärztlichen Suizidhilfe verwiesen worden sei.

Flüchtlingspolitik: Heribert Prantl (Samstags-SZ) kommentiert die aktuelle Flüchtlingspolitik vor dem Hintergrund der Innenministerkonferenz von letztem Freitag. Die Innenminister würden die in der Bevölkerung gestiegene Solidarität  den Flüchtlingen gegenüber ignorieren und stattdessen auf bisherige Methoden der „Repression und Abschreckung“ zurückgreifen: „Das ist nicht Flüchtlingspolitik, das ist Anti-Flüchtlingspolitik.“ Stattdessen sollten die Integrationsmaßnahmen ausgeweitet werden und Flüchtlinge aus den unsichersten Herkunftsstaaten ein schnelleres Verfahren erhalten.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 18. - 20. Oktober 2014: Diskussion um Streikrecht – BGH zu Wohnungseigentum – NSU-Untersuchungsausschuss in BaWü . In: Legal Tribune Online, 20.10.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/13529/ (abgerufen am: 26.04.2024 )

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