Die juristische Presseschau vom 18. September 2015: Org­an­klage gegen Geheim­nis­krä­merei - Recht gegen Asyl­be­werber - EuGH gegen Flug­ver­spä­t­ungen

18.09.2015

Grüne und Linke klagen gegen die geheimschutzorientierte Informationspolitik der Bundesregierung. Außerdem in der Presseschau: Verschärfung des Asylrechts, EuGH stärkt erneut Rechte von Fluggästen und steile Karriere für jungen Bastler.

Thema des Tages

BVerfG – Selektorenliste: Aufgrund der Weigerung der Bundesregierung, dem NSA-Untersuchungsausschuss des Bundestages eine vollständige Einsicht der sogenannten NSA-Selektoren zu gewähren, haben Linkspartei und Grüne beim Bundesverfassungsgericht eine Organklage erhoben. Sie rügen eine Verletzung der Rechte des Parlaments, die auch nicht durch die Einsetzung des Juristen Kurt Gramlich als Vertrauensperson geheilt werden könne. Die beim Thema zu beachtenden Geheimhaltungsvorschriften strahlen auch auf die Klage aus: der Prozessbevollmächtigte Wolfgang Ewer übergab dem Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts die Klageschrift persönlich, der Online einsehbare Text ist großflächig geschwärzt. Zudem müssten Mitarbeiter des Gerichts eine Sicherheitsprüfung durchlaufen, bevor sie mit den Akten in Berührung kämen, schreibt zeit.de (Kai Biermann). SZ (Thorsten Denkler) und netzpolitik.org (Anna Biselli) berichten ebenfalls.

Rechtspolitik

Asylrecht: Die Bundesregierung plant offenbar Leistungseinschränkungen für Asylbewerber. So sollen nach dem der SZ (Heribert Prantl) vorliegenden Entwurfstext sogenannte Dublin-Flüchtlinge in das jeweilige Einreiseland zurückgeschickt werden und hierfür "ausschließlich eine Reisebeihilfe zur Deckung des unabweisbaren Reisebedarfs" erhalten. Der Bericht der taz (Christian Rath) mutmaßt, dass gerade diese Einschränkung als Verhandlungsmasse geplant sein dürfte.

Dass der Entwurf "missliebigen Flüchtlingen nur noch einen Apfel, ein Ei und eine Rückfahrkarte" garantiere, hält Heribert Prantl (SZ) für "frevlerisch". Betroffen seien auch jene Flüchtlinge, denen die Kanzlerin "Schutz und Hilfe" versprochen habe. Dieses Versprechen sei "nicht mit Orbanismus, nicht mit der Verletzung der Fundamentalregeln des Anstands" einzulösen. Dagegen hält Ulf Poschardt (Welt) die Verschärfungen für "juristische Versuche, den Herausforderungen ungeordnet durchs Land ziehender Flüchtlingsgruppen zu begegnen". Es bedürfe "keiner prophetischer Kräfte, um vorauszusagen, dass weitere Verschärfungen unerlässlich sind."

Abschiebungen: Jasper von Altenbockum (FAZ) macht den von der niedersächsischen Landesregierung zu Beginn ihrer Amtszeit verkündeten "Paradigmenwechsel", durch den "geltendes Recht aus humanitären Gründen einfach ignoriert" und "Abschiebungen de facto" ausgesetzt wurden, dafür verantwortlich, dass "sich Deutschland zum Magneten von Migration und Illusion entwickeln konnte". Das Land habe sich so "den Ruf, nicht nur ein sicherer, sondern auch ein rechtsfreier Hafen zu sein", erarbeitet.

Zwangsvermietung: Nun kommentiert auch Joachim Jahn (FAZ) den Vorschlag, Flüchtlinge in zwangsweise beschlagnahmten Wohnungen unterzubringen. Als "Klassiker im Polizei- und Verwaltungsrecht" sei dies "keine leere Drohung", wenn auch, wie jede Enteignung, entschädigungspflichtig. Vorzuziehen seien einer "Zwangsbewirtschaftung" jedoch in jedem Fall Anreize für Neubauten.

TTIP: Die von der EU-Kommission vorgeschlagene Reform des Investitionsschutzes durch Schaffung eines neuen TTIP-Investitionsgerichtshofs lobt der wissenschaftliche Assistent Till Patrick Holterhus (verfassungsblog.de) in einer ausführlichen Besprechung als "modern und mutig". Es bleibe jedoch abzuwarten, ob sich der Vorschlag zunächst innerhalb der EU, dann aber vor allem gegenüber dem US-amerikanischen Verhandlungspartner durchsetzen lasse.

Mietspiegel: Nach Bericht der FAZ (Christian Siedenbiedel) im Finanz-Teil arbeitet das Bundesjustizministerium gegenwärtig an einer Überarbeitung der Regeln für die Aufstellung von Mietspiegeln. Vorrangiges Ziel sei dabei, Mietspiegel "gerichtsfest" zu machen. Vorschläge, nach denen die ortsüblichen Mieten durch eine Vollerhebung aller Mieten bestimmt würden, hätten dagegen wegen zu großen Aufwandes keine Chancen.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 18. September 2015: Organklage gegen Geheimniskrämerei - Recht gegen Asylbewerber - EuGH gegen Flugverspätungen . In: Legal Tribune Online, 18.09.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/16932/ (abgerufen am: 01.05.2024 )

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