Die juristische Presseschau vom 13. Oktober 2015: Reform der StPO - Asyl­ver­fahren in der Tran­sit­zone - BAG-Prä­si­dentin Sch­midt

13.10.2015

Eine Expertenkommission stellt heute Änderungsvorschläge zur StPO vor. Außerdem in der Presseschau: Transitzonen für Asylbewerber, Staatsziel Integration, BAG-Präsidentin Schmidt und ziviler Ungehorsam auf schlüpfrige Art.

Thema des Tages

Strafprozessrecht: Im Juli des vergangenen Jahres berief Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) eine Expertenkommission ein, die Vorschläge entwickeln sollte, um das Strafverfahren effektiver und praxistauglicher zu gestalten. Der knapp 180-seitige Bericht des Gremiums wird am heutigen Dienstag vorgestellt. Die taz (Christian Rath) gibt einen Überblick zu den wichtigsten der "Dutzenden Empfehlungen". So solle der Einsatz polizeilicher Lockspitzel ausdrücklich verboten werden, der Einsatz von Trojanern zur Telefonüberwachung dagegen erlaubt werden. In Großverfahren wie dem NSU-Prozess sollen Nebenkläger zu Gruppen zusammengefasst werden dürfen. Einer Änderung der Vorschriften zur Wiederaufnahme eines Verfahrens widersetzte sich die Kommission jedoch. Der Bericht der FAZ (Helene Bubrowski) rückt technische Neuerungen in den Mittelpunkt. So sollten richterliche und polizeiliche Vernehmungen von Beschuldigten und Zeugen nach den Vorstellungen der Kommission videotechnisch aufgezeichnet und in der Hauptverhandlung unter Wahrung etwaig bestehender Zeugnisverweigerungsrechte abgespielt werden dürfen. Zur besseren Dokumentation sollten künftig Hauptverhandlungen auf Video aufgezeichnet werden.

Rechtspolitik

Transitzonen für Flüchtlinge: Den aktuell diskutierten Vorschlag, die Asylberechtigung von Flüchtlingen in sogenannten Transitzonen an der Grenze zu prüfen, stellen Tsp (Jost Müller-Neuhof u.a.) und spiegel.de (Annett Meiritz/Anna Reimann) auch im Hinblick auf seine Vereinbarkeit mit EU-Recht dar. Obwohl der Begriff in der EU-Asylrechtsrichtlinie erwähnt wird, sei eine Transitzone nach den Worten des von der SZ (Wolfgang Janisch) zitierten Rechtsprofessors Jürgen Bast nur an den EU-Außengrenzen "denkbar". Bei einer immerhin theoretisch möglichen vorläufigen Einrichtung an deutschen Grenzen hingegen sei zu bezweifeln, dass eine in jedem Fall notwendige sorgfältige Prüfung des Einzelfalls gewährleistet werden kann.

Ähnlich argumentiert Jan Bielicki (SZ) in einem Kommentar. Das als Vorbild bemühte, sogenannte Flughafenverfahren, bei dem binnen zwei Tagen über ein Asylgesuch entschieden werde, laufe bereits dort "weitgehend ins Leere". Die weit überwiegende Zahl der Betroffenen werde in die "ordentliche Erstaufnahme" geschickt, "weil die Bearbeitung eben doch nicht so schnell läuft".

Asylpolitik: Die BerlZ (Christian Bommarius) zieht Parallelen zwischen den juristisch verbrämten Wortmeldungen von CSU und AfD zur Asylpolitik. Sowohl der Ankündigung des bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer (CSU), eine Verfassungsklage einreichen zu wollen, als auch der Anzeigenerstattung des stellvertretenden AfD-Sprechers Alexander Gauland gegen die Bundeskanzlerin fehlten juristische Grundlagen. Der mit der Anzeige erhobene Vorwurf, Angela Merkel (CDU) habe sich mit ihrer Anfang September getroffenen Entscheidung, das Weiterreiseverbot für Flüchtlinge außer Kraft zu setzen, als "Schleuserin" betätigt, werde auch durch Hilfestellung des Rechtsprofessors Holm Putzke nicht sinnvoller. Denn ignoriere der Vorwurf die tatsächliche Hilfebedürftigkeit von Flüchtlingen in Ungarn und im Mittelmeer.

Staatsziele Teilhabe und Integration: In einem Gastbeitrag für die SZ spricht sich Farhad Dilmaghani, ehemaliger Staatssekretär für Arbeit und Integration in Berlin, für "einen neuen verfassungsrechtlichen Kompass für die Einwanderungsgesellschaft" aus. Ein neuer Art. 20b des Grundgesetzes könnte den Charakter Deutschlands als "vielfältiges Einwanderungsland" und "gleichberechtigte Teilhabe und Integration" als förderungswürdiges Staatsziel festlegen.

Erbschaftsteuer: Nach der Sachverständigenanhörung zur Reform der Erbschaftsteuer droht sich das Vorhaben bis zum kommenden Jahr hinzuziehen. Wie die FAZ (Manfred Schäfers) schreibt, mache die SPD vor allem verfassungsrechtliche Bedenken geltend, die CDU empfinde dagegen die hohe Belastung von Familienunternehmern als problematisch. Angehörte Experten sähen im gegenwärtigen Entwurf die Vorgaben des Bundesverfassungsgericht nur ungenügend umgesetzt.

Syndikusanwälte: Zu Schwierigkeiten bei der Neuregelung des Rechts der Unternehmensjuristen schreibt lto.de (Anne-Christine Herr). Nach wie vor herrsche Uneinigkeit im Rechtsausschuss des Bundestages bezüglich der vom Bundesjustizministerium geplanten Pflicht zum Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung. Kritiker empfänden dies als Schlechterstellung gegenüber angestellten Anwälten in Kanzleien.

Arbeitsrecht: In einem Gastkommentar für das Handelsblatt fordert Rechtsanwalt David Plitt ein neu zu schreibendes Arbeitsrecht für das digitale Zeitalter. Denn würden die Auswirkungen der digitalen Transformation in der Arbeitswelt durch das geltende Recht "einschließlich der Beziehungen zwischen den Sozialpartnern" nicht mehr zutreffend abgebildet.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 13. Oktober 2015: Reform der StPO - Asylverfahren in der Transitzone - BAG-Präsidentin Schmidt . In: Legal Tribune Online, 13.10.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/17180/ (abgerufen am: 26.04.2024 )

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