Die juristische Presseschau vom 1. Dezember 2015: Letzter Stroh­halm Aus­sage / Asyl­rechts­ver­schär­fung ver­schoben? / Deut­sche Bank-Urteil ver­zö­gert

01.12.2015

Nach Zschäpe hat auch Wohlleben eine Aussage im NSU-Prozess angekündigt. Außerdem in der Presseschau: neue Asylrechtsregeln wie Urteil zu Deutsche Bank-Managern erst im nächsten Jahr und ein Rechtsargument gegen das Spielen mit Kindern.

Thema des Tages

OLG München – NSU: Der NSU-Prozess vor dem Oberlandesgericht München steht vor einer Premiere: In der kommenden Woche wird sich die Hauptangeklagte erstmals in einer schriftlichen Einlassung zu den gegen sie erhobenen Vorwürfen äußern. Daneben will aber auch der mitangeklagte Ralf Wohlleben aussagen. Nach Mitteilung seiner Anwältin wolle Wohlleben "dreiste Lügen" einiger Zeugen "klarstellen", schreibt die taz (Konrad Litschko). Der wegen Beihilfe zum Mord Angeklagte wolle im Gegensatz zu Beate Zschäpe persönlich aussagen und Fragen aller Verfahrensbeteiligter beantworten.

Annette Ramelsberger (SZ) macht in ihrem Kommentar auf die Überschrift der entsprechenden Mitteilung von Wohllebens Verteidigung aufmerksam. "Der Wahrheit eine Gasse" war auch der Titel der verklärenden Lebenserinnerungen des früheren Reichskanzlers Franz von Papen. Wie bei diesem sei auch bei Wohlleben "nicht unbedingt mit der reinen Wahrheit zu rechnen". Vielmehr stehe zu vermuten, dass ihm ebenso wie der Hauptangeklagten die schlechten Aussichten auf ein günstiges Urteil bewusst geworden seien. Die angekündigten Aussagen seien unter diesen Umständen "nichts anderes als der Griff zum letzten Strohhalm".

Rechtspolitik

Asylrecht: Nach Bericht der SZ (Nico Fried/Robert Roßmann) droht die zum 1. Januar 2016 geplante Einführung neuer Asylrechtsregeln zu scheitern. Obwohl sich die Vorsitzenden der Regierungsparteien bereits auf die Eckpunkte der Reform verständigt hatten, bestehe nach wie Streit über Details wie etwa der Definition von sogenannten subsidiär Schutzberechtigten. Die notwendige Vorlage an sowohl Bundestag als auch Bundesrat noch in diesem Jahr sei somit kaum mehr zu bewerkstelligen.

Integration: Heribert Prantl (SZ) setzt in seinem Kommentar die Forderung der CDU zur Schaffung eines Integrationspflichtgesetzes mit der schwarzen Pädagogik, bei der mit Druck und Einschüchterung gearbeitet werde, in Verbindung. Zwar seien die Werte und Haltungen, zu denen ein Bekenntnis gefordert werde, "richtig und wichtig". Ihre Durchsetzung in Gestalt einer "Rohrstock-Integration" fördere aber "allenfalls die Heuchelei". Integration sei vielmehr "eine Frage der Fantasie".

Flüchtlingsunterbringung: Die FAZ (Joachim Jahn) schreibt zu Bemühungen des Berliner Senats, noch mehr als bisher Turnhallen für die Unterbringung von Flüchtlingen zu nutzen. Hierzu seien die Bezirke der Hauptstadt aufgefordert worden, geeignete Objekte zu benennen. Gleichzeitig bereite die Landesregierung eine Änderung des Allgemeinen Zuständigkeitsgesetzes vor, um die erforderliche Umwidmung selbst vornehmen zu können.

Krieg: Nach Einschätzung von Jost Müller-Neuhof (Tsp) eignet sich die von Frankreich reklamierte Ausrufung eines Bündnisfalls nach Artikel 42 Absatz 7 des EU-Vertrages jedenfalls nicht dazu, "EU-Staaten auf den Kriegspfad" zu führen. Die erbetene Intervention in Syrien sei ein Militäreinsatz, über den in Deutschland das Parlament zu entscheiden habe. Bei Terroranschlägen innerhalb der EU – und dementsprechender Hilfe anderer Mitgliedsstaaten - sei vielmehr die Solidaritätsklausel nach Artikel 222 des Vertrags über die Arbeitsweise der EU einschlägig.

Strafrecht und Terror: Im Kampf gegen den Terror dürfe Strafrecht "nicht selbst zum Terrorinstrument werden", schreibt Strafverteidiger Klaus Volk in einem Gastbeitrag für das HBl. Im Gegensatz zum angloamerikanischen Rechtskreis, in dem Strafrecht um so effizienter gelte, je unbestimmter es sei, müsse das hiesige Strafrecht ein Tatstrafrecht bleiben.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 1. Dezember 2015: Letzter Strohhalm Aussage / Asylrechtsverschärfung verschoben? / Deutsche Bank-Urteil vergert . In: Legal Tribune Online, 01.12.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/17713/ (abgerufen am: 26.04.2024 )

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