Die juristische Presseschau vom 1. November 2016: Mora­li­sches Sexual­straf­recht / Zustim­mung für Ceta / Zukunft für Sub­si­dia­ri­tät­s­prinzip

01.11.2016

Argumente statt Aufregung: Ein Interview mit Thomas Fischer und Elisa Hoven zur Sexualstrafrechtsreform. Außerdem in der Presseschau: kann der Bundesrat die Ratifizierung von Ceta verhindern und Dieter Grimm zum Subsidiaritätsprinzip.

Thema des Tages

Sexualstrafrechtsreform: Hat die Reform des Sexualstrafrechts im vergangenen Sommer vorwiegend symbolischen Charakter? Erschöpft sie sich vielleicht sogar darin? Zu diesen und anderen Fragen interviewte lto.de (Maximilian Amos) vor einer von Elisa Hoven initiierten Veranstaltung "Sexualität und Recht" die Juniorprofessorin und Thomas Fischer. Der Bundesrichter legt Gründe für die in seiner zeit.de-Kolumne wortgewaltig vorgebrachte Kritik an der "kampagnenartig" betriebenen Reform dar. Fischer erkennt eine "Moralisierung des Rechts", Hoven die Wiederkehr einer "strengeren Sexualmoral".  Des Weiteren äußern sich die Befragten zu gesellschaftlichen Trends, die auch durch die Reform zum Ausdruck kämen und geben ihre Ansicht wieder, ob auch hierzulande ein "Sexualitäts-Rigorismus" wie in den USA zu befürchten sei. Abschließend erörtern die Interviewten Sinn und Zukunft öffentlicher Debatten, die auch bei hoch emotionalen Themen vorwiegend in sozialen Netzwerken und Kommentarspalten geführt werden.

Rechtspolitik

Ceta: Nach Bericht der FAZ (Günter Bannas/Johannes Leithäuser) behalten sich die Grünen eine Blockade des am Wochenende abgeschlossenen Freihandelsabkommen Ceta im Bundesrat vor. Die Bundesregierung habe sich aber noch nicht entschieden, ob sie das fragliche Ratifizierungsgesetz als Einspruchs- oder Zustimmungsgesetz einstufe. Eine vertiefte Analyse der FAZ (Günter Bannas) zu dieser Frage stellt das staatsorganisationsrechtliche Procedere dar, Rechtsprofessor Matthias Ruffert argumentiert auf verfassungsblog.de gegen eine Zustimmungspflichtigkeit des Ratifizierungsgesetzes.

Legalitätsprinzip: Reinhard Müller (FAZ) behauptet im Leitartikel des Blattes, es existierten rechtsfreie Räume in Deutschland. So müssten Bürger erleben, dass ihnen die Polizei bedeute, Anzeigen etwa wegen Diebstahls nicht aufnehmen zu wollen. Auch würden "unter den Augen des Staates innerstädtische Räume gleichsam offiziell für rechtsfrei erklärt", indem auf konsequentes Vorgehen gegen Rauschgifthändler und Taschendiebe verzichtet werde. Hierdurch verfestigten sich "Eindrücke von rechtsfreien Räumen". Dagegen sei der Schutz der Bürger oberstes staatliches Gebot.

BND-Gesetz: netzpolitik.org (Sven Braun) berichtet zu der Kritik des UN-Sonderberichterstatters für das Recht auf Privatsphäre, Joseph Cannataci, an der jüngst verabschiedeten BND-Gesetz-Reform. Kritisiert würde unter anderem die gering anmutende Effektivität des neu geschaffenen Kontrollgremiums.

Flüchtlingskontingente: Christian Rath (taz) setzt sich in einem Kommentar für den Beginn einer "Diskussion über die Aufnahme angemessen großer Flüchtlingskontingente" ein. Derartige Kontingente seien aktuell die einzige Chance für schutzbedürftige Flüchtlinge, nach Europa zu gelangen und erfüllten eine langjährige Forderung des UNHCR. Sie seien keine Alternative zum "Asyl für hier ankommende Flüchtlinge", sondern ergänzten dieses vielmehr.

Nichteinwilligungsfähige: Unter dem Titel "Gruppennützige Forschung an nichteinwilligungsfähigen Personen" befasst sich ein aktueller Regierungsentwurf mit einer des Arzneimittelgesetzes. Auf lto.de stellt Sebastian von Kielmannsegg, Rechtsprofessor, die zugrunde liegenden rechtlichen und ethischen Probleme vor und zählt sechs Gründe auf, die in ihrer "Summe die geplante Ermöglichung gruppennütziger Forschung vertretbar erscheinen lassen."

Gesetzänderungen: Zum 1. November in Kraft tretende Gesetzänderungen, etwa beim Bundesmeldegesetz, stellt bild.de vor.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 1. November 2016: Moralisches Sexualstrafrecht / Zustimmung für Ceta / Zukunft für Subsidiaritätsprinzip . In: Legal Tribune Online, 01.11.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/21209/ (abgerufen am: 25.04.2024 )

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