Die juristische Presseschau vom 11. Februar 2015: Organklage zu Bundespolizeieinsätzen – Thomas Fischer zu Sexualstrafrecht – Plädoyer für Unternehmensstrafrecht

11.02.2015

Recht in der Welt

EGMR zu Wahlrecht von Häftlingen: Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte entschied am gestrigen Dienstag, dass der pauschale Entzug des Wahlrechts von Häftlingen gegen deren Grundrecht auf freie Wahl verstoße. Im vorliegenden Fall wurde 1.015 britischen Strafgefangenen zwischen 2009 und 2011 verweigert an den Wahlen Teil zu nehmen. Dies meldet spiegel.de.

Frankreich - Dominique Strauss-Kahn: Der ehemalige Chef des Internationalen Währungsfonds Dominique Strauss-Kahn sagte am gestrigen Dienstag im gegen ihn laufenden Verfahren wegen "schwerer Zuhälterei" vor dem Strafgerichtshof im französischen Lille aus. Er gab an, "weder ein Verbrechen noch ein Vergehen" begangen zu haben. Ihm sei nicht bewusst gewesen, dass es sich bei den betreffenden Frauen um Prostituierte gehandelt habe. Die Befragung soll am heutigen Mittwoch fortgesetzt werden. Über den Prozess berichtet die SZ (Leo Klimm) und schildert dabei auch die Ausführungen der Nebenklägerin Mounia, einer der Prostituierten.

USA - Boston-Attentat: Die Welt (Hannes Stein) befasst sich kritisch mit dem Einsatz von Geschworenen im US-amerikanischen Strafverfahren. Anlass ist der Prozess gegen den mutmaßlichen Attentäter auf den Boston-Marathon Dschochar Zarnajew – hier erweise sich die Suche nach unvoreingenommenen Geschworenen als besonders schwierig, da wohl ein Großteil der Bostoner der Ansicht ist, dass es sich um eine "abscheuliche Tat" handele.

Malaysia - Haftstrafe wegen Homosexualität: Der malaysische Oppositionspolitiker Anwar Ibrahim wurde wegen Geschlechtsverkehrs mit einem männlichen Mitarbeiter zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Beischlaf unter Männern ist in Malaysia verboten. Das Urteil sei politisch motiviert, meinen einige Menschenrechtler, die Verteidigung gibt an, dass es keine Beweise für einen Geschlechtsverkehr gegeben habe. Darüber informiert die FAZ (Till Fähnders). Auch die taz (Nicola Glass) berichtet.

Sonstiges

Unternehmensstrafrecht?: Heribert Prantl (SZ) spricht sich für die Einführung eines Unternehmensstrafrechts aus – Anlass sind die "dubiosen Milliardengeschäfte" der Hongkong and Shanghai Banking Corporation. So sei das Ordnungswidrigkeitenrecht, trotz der Möglichkeit erhebliche Geldbußen zu verhängen, nicht ausreichend, um Unternehmen, welche "kapitale Kapitaldelikte" begehen, zu ahnden. Er erläutert, weshalb ein "Systemwechsel im deutschen Strafrecht" notwendig sei und listet mögliche Strafoptionen gegen Unternehmen, welche bis hin zur Auflösung desselben reichen könnten.

Therapie für Gewalt- und Sexualstraftäter: Die SZ (Jana Hauschild) spricht sich für die Therapie von Straftätern zur Rückfallprävention aus und erklärt, welche Faktoren weitere Delinquenz begünstigen oder zu ihrer Verringerung beitragen können. So erhöhten Gefängnisstrafen die Rückfallraten, besonders wirksam seien dagegen Therapieverfahren, welche die "persönlichen Behandlungsbedürfnisse" des Täters und dessen Rückfallrisiko berücksichtigen. Daher sprächen sich Forscher und Therapeuten für eine vermehrte Therapie aus, so die SZ.

Was ist ein Staat?: Der Völkerrechtler Ralph Janik befasst sich auf juwiss.de kritisch mit den Voraussetzungen eines Staats und spricht sich für einen qualifizierten Staatsbegriff aus. Die Tatsache, dass der Islamische Staat die drei Aspekte eines Staates – Staatsgewalt, Staatsgebiet und Staatsvolk – erfüllt, indiziere die Notwendigkeit eines Wandels der Begrifflichkeiten, sofern man "derartige Gebilde" nicht als Staat werten möchte.

"Smart Cars" als Überwachungsinstrument: Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) warnt davor, dass "Smart Cars" es der Autoindustrie ermöglichen könnten "Bewegungs- und Verhaltensprofile" der Nutzer zu erstellen und sich somit als "Überwachungsinstrument" etablieren könnten. Dem müsse entgegen gewirkt werden, indem die Autofahrer umfassend über die erfassten Informationen in Kenntnis gesetzt werden und zudem die rechtliche Möglichkeit zur Verhinderung einer entsprechenden Datenübermittlung erhalten. Die FAZ (Joachim Jahn) berichtet auch von weiteren Reaktionen auf die "Smart Cars" und Ideen zum Schutz der Verbraucher.

Joachim Jahn (FAZ) plädiert in einem gesonderten Kommentar für die technische Innovation und gegen die Angst vor dem "gläsernem Autofahrer". Er ist der Ansicht, "der mündige Verbraucher hat das Recht seine Daten preiszugeben, wenn er sich davon einen Vorteil verspricht."

Interview mit Hans-Georg Maaßen: Die taz (Astrid Geisler/Sabine am Orde) bringt ein Interview mit dem Präsidenten des Bundesamts für Verfassungsschutz Hans-Georg Maaßen. Er gibt Einblicke in den Einsatz von V-Leuten bei der Terrorismusbekämpfung und fordert die rechtliche Legitimation der Überwachung von verschlüsselter Kommunikation. Er äußert sich zudem zur Rolle des BfV bei den NSU-Ermittlungen. Schwere Fehler seien nicht dem Amt, sondern den Strafverfolgungsbehörden zuzurechnen.

Das Letzte zum Schluss

Der schlaflose Richter: Ein Beamter des Bundeskriminalamtes wollte sich gegen Einbrüche schützen und bediente sich einer einfachen "Kriminalitätsbekämpfungsstrategie" – er ließ nachts eine 40-Watt-Glühbirne brennen. Dummerweise schien diese in das Schlafzimmer eines benachbarten Amtsrichters, welcher wegen der Frischluftzufuhr stets bei offenem Fenster nächtigte, und raubte diesem den Schlaf. Der Schlaflose klagte und bekam vor dem Berufungsgericht Recht. Die "Blendwirkung" der Lampe ließe einen "erholsamen Schlaf" für einen "Durchschnittsbürger" nicht zu – abgesehen davon leuchtete dem Gericht die Argumentation des BKA-Beamten nicht ein. Von diesem Fall berichtet jurablogs.com (Ralf Mydlak).

Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.

Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.

lto/vb

(Hinweis für Journalisten)

Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 11. Februar 2015: Organklage zu Bundespolizeieinsätzen – Thomas Fischer zu Sexualstrafrecht – Plädoyer für Unternehmensstrafrecht . In: Legal Tribune Online, 11.02.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/14654/ (abgerufen am: 27.04.2024 )

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