Die juristische Presseschau vom 7. Mai 2015: Freispruch für Transplantationsarzt – Hürden des Mautgesetzes – Handyortung ohne Richtervorbehalt

07.05.2015

Im Prozess um den Transplantationsskandal sprach das LG Göttingen den Arzt Aiman O. frei. Außerdem in der Presseschau: Warum das Mautgesetz noch scheitern könnte, Ermittlungen gegen mutmaßliche rechtsextreme Terroristen, Kritik an Nedopils Gutachten über Zschäpe und weshalb man seine Handbremse anziehen sollte.

Thema des Tages

LG Göttingen zu Transplantationsskandal: Das Landgericht Göttingen sprach den ehemaligen Transplantationsarzt Aiman O. wegen versuchten Totschlags und Körperverletzung mit Todesfolge frei. Es war laut Gericht nicht nachweisbar, dass die Manipulationen tatsächlich zum Tod anderer Menschen führten und O. hatte "berechtigten Anlass zu glauben, dass die anderen Patienten nicht sterben". Die Manipulationen seien zur Tatzeit auch nicht strafbar gewesen. Insbesondere könne O. nicht vorgeworfen werden, dass er Alkoholkranken ohne sechsmonatige Abstinenz eine Leber transplantierte. Das Gericht teilte hier die Auffassung der Verteidigung, die Richtlinien der Bundesärztekammer, welche eine Alkoholkarenz von sechs Monaten für einen Wartelistenplatz voraussetzen, seien verfassungswidrig. Die Staatsanwaltschaft kündigte bereits eine Revision gegen das Urteil an – sie hatte eine achtjährige Haftstrafe gefordert. Dies berichtet die FAZ (Andreas Nefzger). Mit der Entscheidung befassen sich ebenso spiegel.de (Antje Windmann), die Badische Zeitung (Christian Rath) und die SZ (Christina Berndt).

Christina Berndt (SZ) rechnet es der Staatsanwaltschaft hoch an, "dass sie mit großem Engagement dafür gekämpft hat und noch dafür kämpft, die Verantwortlichen zu bestrafen". Angesichts des schwierigen Konstrukts des versuchten Totschlags im vorliegenden Fall sei das Urteil "schmerzhaft, aber nachvollziehbar". Tröstlich sei, dass solche Manipulationen seit 2013 nun strafbar sind. Dennoch sei das Transplantationssystem nach wie vor "willkürlich und undurchsichtig". Es sei daher zu begrüßen, dass das Gericht die Verfassungswidrigkeit mancher Regeln feststellte.

Rechtspolitik

Mautgesetz: Das Mautgesetz könnte noch scheitern, konstatieren die wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen Judith Schamell und Julia Wittig auf verfassungsblog.de und stellen mögliche Hürden des geplanten Gesetzes vor. Unter anderem könnte der Bundespräsident die Ausfertigung des Gesetzes wegen Verstoßes gegen das unionsrechtliche Diskriminierungsverbot verweigern – denn sein Prüfungsrecht umfasse auch EU-Recht.

TTIP und Schiedsgerichte: Am heutigen Donnerstag will die EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström ihren Vorschlag für das Schiedsgerichtsverfahren im TTIP mit den Wirtschaftsministern der EU-Länder besprechen. Die taz (Julia Amberger) beschreibt die Rolle der Schiedsgerichte, vergleicht den Vorschlag Malmströms mit dem von Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) und resümiert die Kritik am Schiedsgerichtsverfahren.

"Unrealistisches Wunschkonzert" und "Akt der Verzweiflung" tituliert der Europarechtler Andreas Fischer-Lescano in der taz die Idee der Einführung eines Investitionsschiedsgerichtshofs von Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD). Besonders schwerwiegend sei, dass sich der Entwurf nicht damit auseinandersetze, dass ein derartiges Gericht vom Europäischen Gerichtshof nicht akzeptiert werden würde. Fischer-Lescano fordert die SPD dazu auf sich realpolitisch machbare Ziele für "eine gerechte und soziale Weltwirschaftsordnung" zu setzen.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 7. Mai 2015: Freispruch für Transplantationsarzt – Hürden des Mautgesetzes – Handyortung ohne Richtervorbehalt . In: Legal Tribune Online, 07.05.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/15471/ (abgerufen am: 26.04.2024 )

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