Die juristische Presseschau vom 31. März 2016: Neue Chance für Erb­schaft­steuer? / Ver­rückte Anwältin? / Deut­sche Flücht­lings­kinder?

31.03.2016

Recht in der Welt

ICTY als "Schrittmacher des Völkerstrafrechts": Die SZ (Stefan Ulrich) zeichnet anhand der Arbeit des Jugoslawien-Gerichtshofs nach, warum das "kühne Experiment" des UN-Sicherheitsrats gelungen sei – das Tribunal bilde den "Schrittmacher des Völkerstrafrechts".

ICTY – Seselji: Am heutigen Donnerstag wird der internationale Jugoslawien-Gerichtshof sein Urteil über Vojislav Seselj sprechen. Aus gesundheitlichen Gründen werde der Angeklagte nicht anwesend sein. lto.de setzt sich mit seiner Person auseinander; so habe Seselj immer wieder den Prozess behindert und strebe nach wie vor nach einem Großserbien.

ICTY zu Karadzic: Strafrechtsprofessor Kai Ambos erläutert in einem FAZ-Gastbeitrag, weshalb das internationale Jugoslawien-Tribunal Karadzics genozidale Zerstörungsabsicht im Hinblick auf serbische Verbrechen in bosnischen Gemeinden verneint, aber hinsichtlich Srebrenica angenommen hat. 

Karadzic im Portrait: Im Teil "Recht und Unrecht" porträtiert die Zeit (Stefan Willeke) ausführlich den wegen Kriegsverbrechen verurteilten Radovan Karadzic. Der Beitrag zeichnet die Rolle des ausgebildeten Psychiaters als Serbenführer im Bosnienkrieg nach und versucht dabei die "Faszination", "die von ihm abstrahlte" zu erklären.

Peru – RWE: Die Hamburger Umweltrechtsanwältin Roda Verheyen vertritt einen peruanischen Bauern gegen den Energiekonzern RWE. Der zweitgrößte CO2-Produzent sei mit verantwortlich dafür, dass ein Gletscher in den Anden schmilzt und die Existenz ihres Mandanten bedroht. "Ist das verrückt oder konsequent?", mit dieser Frage setzt sich die Zeit (Alexandra Endres) ausführlich auseinander.

Probleme des EU-Türkeiabkommens: Das griechische Parlament will bis kommenden Mittwoch ein Gesetz verabschieden, welches ermöglichen soll, Asylverfahren auch in anderen als der griechischen Sprache durchzuführen. Die bisherige Regelung (Asylverfahren nur in Griechisch) würde derzeit erschweren, dass Asylrichter aus anderen EU-Staaten Griechenland bei den Verfahren unterstützen, so die Welt (Boris Kálnoky).

Österreich – Asylschnellverfahren: Nachdem ein Gutachten die Obergrenze für rechtswidrig erklärt hat, planen die österreichische Innenministerin Johanna Mikl-Leitner und Verteidigungsminister Peter Doskozil, Asylschnellverfahren an der Grenze durchzuführen. Zudem wolle Österreich die Zulassung zum Asylverfahren erheblich einschränken. Die FAZ (Stephan Löwenstein) informiert.

Völkerrechtler Stefan Salomon erläutert auf juwiss.de, weshalb die Obergrenze verfassungswidrig ist. Anhand von Beispielen aus Legislative und Exekutive moniert er die "Disponibilität der Rechte von Flüchtlingen" – Flüchtlinge würden "von rechtsfähigen Individuen zu Objekten humanitärer und sicherheitspolitischer Intervention".

Ungarn – Staatshaushalt: Das ungarische Parlament hat beschlossen, dass die ungarische Regierung künftig frei über den Staatshaushalt verfügen kann. Kritiker befürchten, dass die Transparenz der Regierungsausgaben nicht mehr gewährleistet sein wird, nachdem das Parlament seine Kontrollfunktion verliert, schreiben zeit.de und FAZ (Stephan Löwenstein).

Frankreich – keine Verfassungsänderung: Nachdem Teile der Opposition sein Vorhaben ablehnten, hat Präsident Hollande nun sein Vorhaben aufgegeben, die Verfassung zu ändern und verurteilten Terroristen die französische Staatsbürgerschaft zu entziehen, schreiben unter anderem FAZ (Michaela Wiegel) und taz (Rudolf Balmer).

Niederlande – Referendum zu Ukraine: Am 6. April findet in den Niederlanden ein Referendum über das Assoziierungsabkommen zwischen EU und Ukraine statt. Das Abkommen stehe in Frage, wenn die niederländische Bevölkerung dagegen stimmt, erklärt die Zeit (Matthias Krupa) und analysiert die verschiedenen Positionen zum "Schicksalsreferendum".

Polen – Verfassungsgericht: Im Hinblick auf den polnischen Verfassungskonflikt evaluiert der Direktor des Max-Planck-Instituts für ausländisches öffentliches Recht Armin von Bogdandy in einem FAZ-Gastbeitrag Gründe für ein Tätigwerden der EU und ihren rechtlichen Handlungsspielraum.

Sonstiges

Flüchtlingskrise und Staatsangehörigkeit: In einem Gastbeitrag der FAZ betrachtet Ferdinand Weber, wissenschaftlicher Mitarbeiter, die Flüchtlingskrise aus der Sicht des Staatsangehörigkeitenrechts und mahnt, das deutsche Geburtsortsprinzip sei angesichts der vielen Flüchtlinge "problematisch". Wegen der Unionsbürgerschaft habe die deutsche Regelung auch Rechtsfolgen für die EU.

Überwachung: "Was müssen die Europäer tun, um das nächste Massaker zu verhindern?" Dieser Frage geht die Zeit (Josef Joffe) nach. Die Terrorabwehr mache eine europaweite Gefährderdatenbank notwendig. Allerdings stelle "der permanente Notstand à la française" keine Lösung dar: "Es ist klüger, in der Ferne zu kämpfen, als daheim den Überwachungsstaat einzurichten."

"Datensammlungen gigantischen Ausmaßes, Totalüberwachung, die umfassende Vorhersage menschlichen Verhaltens – niemand will solch ein monströses System. Das heißt aber nicht, dass wir es nicht vielleicht doch erschaffen." Der Autor Tom Hillenbrand zieht in der Zeit eine Parallele zwischen seinem Roman "Drohnenland", einer Dystopie über die EU als Überwachungsstaat, und den derzeitigen Entwicklungen in der EU.

Sascha Lobo (spiegel.de) legt dar, weshalb eine weitere Überwachung durch den Staat nicht zu mehr Sicherheit führe. Die Reformen als Reaktion auf die islamistischen Anschläge in der EU hält er für eine "fatale Mischung aus Überwachungswahn und Staatsversagen".

Handyverschlüsselung: Anlässlich des "Krypto-Kriegs" in den USA, begutachtet die taz (Christian Rath) die Rechtslage in Deutschland. Das Strafprozessrecht erlaube den Strafverfolgungsbehörden Computer und Smartphones zu beschlagnahmen und auch etwaige Verschlüsselungen zu überwinden.

Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.

Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.

lto/vb

(Hinweis für Journalisten)

Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 31. März 2016: Neue Chance für Erbschaftsteuer? / Verrückte Anwältin? / Deutsche Flüchtlingskinder? . In: Legal Tribune Online, 31.03.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/18872/ (abgerufen am: 06.05.2024 )

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