Die juristische Presseschau vom 27. Januar 2016: BVerfG legt sich mit EuGH an / Ver­fas­sungs­be­schwerde gegen Vor­rats­da­ten­spei­che­rung / Kla­ge­flut gegen Zucker<

27.01.2016

Recht in der Welt

Türkei – Sürücü-Prozess: Vor einem Istanbuler Gericht hat der Prozess gegen die zwei älteren Brüder von Hatun Sürücü wegen vorsätzlicher Tötung ihrer Schwester begonnen; die Anklage fordert lebenslange Haft. Sie sollen die Tatwaffe besorgt und ihren jüngeren Bruder damit beauftragt haben, Hatun zu erschießen – dieser hatte seine Schwester 2005 durch drei Kopfschüsse getötet. Er verneinte allerdings einen gemeinsamen Tatplan. Das Landgericht Berlin hatte die beiden Brüder 2006 freigesprochen, der Bundesgerichtshof hob dieses Urteil allerdings auf. Am 28. April werde das Verfahren fortgesetzt, so unter anderem SZ (Mike Szymanski), FAZ (Michael Martens) und focus.de (Veronika Hartmann).

Die taz (Plutonia Plarre) fasst den Fall und das Verfahren vor dem Berliner Landgericht bis zur Entscheidung des Bundesgerichtshofs zusammen.

Dänemark – Asylrechtsverschärfung: Das dänische Parlament hat beschlossen, das Asylrecht weiter zu verschärfen. So sollen Polizisten künftig befugt sein, Flüchtlingen Wertgegenstände im Wert von umgerechnet 1.340 Euro abzunehmen, damit diese sich finanziell an ihrer Unterbringung beteiligen. Zudem sei künftig der Familiennachzug erschwert, die Dauer von Aufenthaltsgenehmigungen verkürzt. Kritiker beanstandeten, Dänemark verstoße gegen die Genfer Flüchtlingskonvention. SZ (Silke Bigalke), taz (Reinhard Wolff) und spiegel.de (Christop Titz) behandeln die Reform.

Südafrika – Pistorius: Die zuständige Staatsanwaltschaft hat am vergangenen Freitag in einer Stellungnahme für das Verfassungsgericht moniert, es sei nicht im Interesse der Justiz dem Gesuch von Oscar Pistorius zu entsprechen und ein Verfahren zuzulassen. Laut Anklage gebe es keinen Grund, dass das Verfassungsgericht die Verurteilung wegen Mordes aufhebe, meldet die FAZ (Claudia Bröll) und skizziert den Fall Pistorius.

Iran – Hinrichtung jugendlicher Straftäter: Laut einem Bericht von Amnesty International sollen im Iran mehrere jugendliche Straftäter wegen Taten, die sie vor ihrem 18. Lebensjahr begangen hatten, hingerichtet werden. Die iranischen Justizreformen reichten nicht aus, wenn nach wie vor 9-Jährige zum Tode verurteilt werden können, so der Bericht der Organisation, welchen zeit.de schildert.

Sonstiges

Hausverbot für Flüchtlinge: Anlässlich eines neuerlichen Verbots für Flüchtlinge, ein Schwimmbad zu nutzen, entlarvt Jost Müller-Neuhof (Tsp) diese Art populistischer Politik. Er moniert, selbst Populisten müssten sich an geltendes Recht halten – etwa an das Gleichbehandlungsgesetz. Dies unterließen sie allerdings unter anderem deswegen, "weil sie die ewige Gleichstellung ablehnen".

Fischer zu kriminellen Vereinigungen und Bürgerwehr: In seiner Kolumne auf zeit.de erläutert Thomas Fischer zunächst die Strafbarkeit bandenmäßiger Begehung sowie der Bildung krimineller wie terroristischer Vereinigungen und spannt schließlich den Bogen zu den Bürgerwehren: "Könnte es sein, dass sich jenseits unserer besorgt über die Nicht-Ortsansässigen schweifenden Blicke ein Sumpf von Organisationskriminalität entwickelt hat und – unter freundlicher Begleitung der deutschen Polizei – fortentwickelt?"

Diskurs um Flüchtlingspolitik: Der wissenschaftliche Mitarbeiter Felix Würkert setzt sich auf juwiss.de kritisch mit dem Gutachten des ehemaligen Verfassungsrichters Udo di Fabio und den Antworten von Christoph Möllers, Jürgen Bast und Jürgen Kaube auseinander. Er betont, wichtiger als die Fragen nach dem Nicht-Können und Nicht-Dürfen der Lösung der Flüchtlingskrise sei jedoch die Frage, inwieweit die Politik den Flüchtlingen helfen wolle – hier brauche es eine politischen Diskurs.

Wettbewerbsverstöße: Um den digitalen Binnenmarkt zu harmonisieren hat die EU-Kommission verschiedene Maßnahmen geplant, so der Rechtsanwalt Daniel Dohrn in einem FAZ-Gastbeitrag – unter anderem prüfe sie vermehrt etwaige Kartellrechtsverstöße. Der Autor hofft auf rechtlich verbindliche Vorgaben aus Brüssel, da diese der Rechtssicherheit und einheitlichen Bewertungsmaßstäben im europaweiten Wettbewerbsrecht dienen würden.

Das Letzte zum Schluss

Ein Kater mit (Rechts-)Persönlichkeit? In Neuseeland hat eine Katzenbesitzerin eine an ihren Kater adressierte Wahlbenachrichtigung erhalten. Die Behörde hatte den Brief an "Chairman Meow" adressiert – unter diesem Namen habe der Tierarzt immer die Post an den Kater gesendet. Nachdem Frau Lyes umgezogen war, hatte die Wahlkommission ihre Wahlbenachrichtigungen an die neue Adresse gesendet, meldet die Welt.

Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.

Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.

lto/vb

(Hinweis für Journalisten)

Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 27. Januar 2016: BVerfG legt sich mit EuGH an / Verfassungsbeschwerde gegen Vorratsdatenspeicherung / Klageflut gegen Zucker< . In: Legal Tribune Online, 27.01.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/18256/ (abgerufen am: 29.04.2024 )

Infos zum Zitiervorschlag
Jetzt Pushnachrichten aktivieren

Pushverwaltung

Sie haben die Pushnachrichten abonniert.
Durch zusätzliche Filter können Sie Ihr Pushabo einschränken.

Filter öffnen
Rubriken
oder
Rechtsgebiete
Abbestellen