Sportwetten-Anbieter will Entscheidung des BGH: Ver­zockt sich Tipico?

11.04.2024

In einem Hinweisbeschluss zu unerlaubten Sportwetten stärkte der BGH den Spielern kürzlich den Rücken. Tipico zeigt sich trotzdem zuversichtlich und will eine höchstrichterliche Klärung. Pokert Tipico hier zu hoch?

Mehrere Spieler verklagen derzeit Wettanbieter. Sie fordern Rückerstattung ihrer Verluste, weil die Anbieter nicht über die erforderliche Lizenz verfügten, um Online-Glücksspiele in Deutschland anzubieten, und weil sie teils verbotene Angebote gemacht hätten. Einige Gerichte haben entschieden, dass Spieler ihre Verluste aus Online-Glücksspielen über das Bereicherungsrecht zurückfordern können.

Die Spielverträge sind nach der Rechtsprechung gemäß § 134 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) nichtig, weil sie gegen den Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV) verstoßen. Eine höchstrichterliche Entscheidung zur Rückerstattung von Verlusten aus Online-Sportwetten gab es bislang aber nicht. Obwohl das eigentlich längst geplant war.

Das will der Sportwetten-Anbieter Tipico nun in einem gegen ihn laufenden Klageverfahren ändern. Der Bundesgerichtshof (BGH) soll Klarheit schaffen. "Und wir sind nach wie vor zuversichtlich, dass der BGH in diesem Verfahren letztlich unsere Rechtsansicht teilen wird", sagte ein Sprecher am Donnerstag – trotz eines kürzlich bekannt gewordenen Hinweisbeschlusses, in dem sich der BGH wohl auf die Seite der Spieler stellte.

Klagewelle ab Mai?

Grund dafür, warum der BGH bislang nicht entschieden hat: Die Wettanbieter stellten die jeweiligen Kläger immer wieder schadlos, offenbar um eine Grundsatzentscheidung zu verhindern. Der BGH hatte beispielsweise Anfang März eigentlich schon einen Fall verhandeln wollen, in dem es um Tipico geht. Zwei Tage vor dem angesetzten Termin setzte der BGH das Verfahren aber aus, weil die Parteien sich außergerichtlich einigen wollten.

Nun griff der BGH – in einem Verfahren gegen einen anderen Anbieter, den Betkick Sportwettenservice, – zu einem Trick: Er erließ einen Hinweisbeschluss, in dem er sich deutlich auf die Seite der Spieler stellte. Der Anbieter hat nach vorläufiger Einschätzung des I. Zivilsenats gegen Regelungen des GlüStV in seiner Fassung von 2012 verstoßen. So heißt es in dem bisher nicht veröffentlichten Beschluss (v. 22.03.2024, Az. I ZR 88/23), der LTO vorliegt. Der BGH sieht danach gute Gründe für einen Rückzahlungsanspruch der Spieler aus § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB. Diese Sache wird am 2. Mai 2024 mündlich verhandelt.

Der Tipico-Sprecher erläuterte am Donnertag: "In unserem Verfahren handelt es sich beim Kläger um eine Prozessfinanzierungsgesellschaft, die dem Spieler seine Forderung abgekauft hat." Tipico habe sich wegen dieser Besonderheiten auf Gespräche zu einer außergerichtlichen Verständigung eingelassen. Sollten diese scheitern, würde der Fall doch am BGH verhandelt.

Sollte der BGH demnächst nicht nur einen Hinweisbeschluss, sondern auch ein Urteil zugunsten der Spieler fällen, prophezeien die Spieler-Vertreter schon jetzt eine Klagewelle.

dpa/cho/LTO-Redaktion

* Zuvor wurde in diesem Artikel behauptet, es würde am 2. Mai über das Tipico-Verfahren verhandelt. Dies ist unrichtig. Am 2. Mai wird über das Hinweis-Beschlussverfahren verhandelt. Zudem wurde die Aussage getroffen, dass der ergangene Hinweisbeschluss in einem Tipico-Verfahren ergangen sei. Auch dies ist unrichtig. Beides wurde korrigiert.

Zitiervorschlag

Sportwetten-Anbieter will Entscheidung des BGH: Verzockt sich Tipico? . In: Legal Tribune Online, 11.04.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/54310/ (abgerufen am: 29.04.2024 )

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