OLG Braunschweig zur Leihmutterschaft: Keine Aner­ken­nung bei Umge­hung deut­schen Rechts

20.04.2017

In Colorado werden Zwillinge von einer Leihmutter geboren, ein US-Gericht bescheinigt einem deutschen Paar die rechtliche Elternschaft. Doch das OLG Braunschweig erkennt die Entscheidung nicht an - wegen Unvereinbarkeit mit deutschem Recht.

Das Oberlandesgericht (OLG) Braunschweig hat die Anerkennung der rechtlichen Elternschaft eines Ehepaares für zwei in den USA von einer Leihmutter ausgetragenen Zwillingskindern abgelehnt (Urt. v. 12.04.2017 Az. 1 UF 83/13). Zugleich hat sich das Gericht damit gegen die Anerkennung des Urteils eines US-Gerichts ausgesprochen, welches die rechtliche Elternschaft des deutschen paares bejaht hatte.

Das in Deutschland lebende Ehepaar schloss über eine Agentur mit der späteren Leihmutter und ihrem Ehemann in den USA einen Vertrag zur entgeltlichen Schwangerschaftsaustragung. Dafür wurden Spermien des deutschen Ehemannes in eine fremde Eizelle eingesetzt und in die Gebärmutter der Leihmutter gepflanzt. Ob die Eizelle von der Leihmutter oder einer dritten, ebenfalls über die Agentur vermittelten Frau stammt, ist unklar - von der deutschen Ehefrau stammt sie jedenfalls nicht.

Ein US-Gericht im Bundesstaat Colorado entschied auf dieser Grundlage noch vor der Geburt, dass das deutsche Ehepaar als Auftraggeber der Leihmutterschaft nach der Geburt der Zwillingskinder zu deren rechtlichen Eltern bestimmt sei. Die in Colorado ausgestellten Geburtsurkunden der von der Leihmutter ausgetragenen Zwillingskinder weisen das deutsche Ehepaar als rechtliche Eltern aus. Diese leben seit Ende 2011 gemeinsam mit den beiden Kindern in Deutschland. Eine Anerkennung des US-Urteils und damit der rechtlichen Elternschaft wurde jedoch vom Standesamt und vom Amtsgericht Braunschweig abgelehnt.

Keine rechtliche Elternschaft auf vertraglicher Grundlage

Dem hat sich nun auch das OLG angeschlossen. Eine Anerkennung des amerikanischen Urteils wäre mit wesentlichen Grundsätzen des nationalen Rechts unvereinbar, entschied das Gericht. Die rechtliche Elternschaft könne nach deutschem Recht grundsätzlich allein auf Abstammung und Adoption, nicht hingegen auf vertragliche Grundlage gestützt werden.

Das Ehepaar habe durch die kommerzielle vertragliche Vereinbarung zur Leihmutterschaft für sie erkennbar gegen die in Deutschland geltenden Bestimmungen des Embryonenschutzgesetzes und des Adoptionsvermittlungsgesetzes gehandelt, die eine Leihmutterschaft untersagen. Diese bewusste Umgehung der nationalen Gesetze durch Ausnutzung der Rechtsordnung eines anderen Staates stehe der nachträglichen Anerkennung eines dem deutschen Recht entsprechenden Elternstatus grundsätzlich entgegen, entschieden die Braunschweiger Richter.

Fall könnte bald den BGH beschäftigen

Der deutsche Gesetzgeber habe bei den gesetzlichen Regelungen zur Reproduktionsmedizin den Schutz der betroffenen Frauen und Kinder vor den Gefahren kommerzieller Leihmutterschaft über die Wünsche von Auftraggebern nach Elternschaft gestellt. Damit wollte der Gesetzgeber nach Einschätzung des Gerichts den Werteentscheidungen des Grundgesetzes zugunsten der Menschenwürde, des Lebens und der Wahrung des Kindeswohls in besonderer Weise Rechnung tragen. Jedenfalls die in diesem konkreten Fall getroffene vertragliche Vereinbarung zur kommerziellen Leihmutterschaft verletze diese Prinzipien jedoch.

Darüber hinaus sei der psychischen Bindung der Schwangeren zu den von ihr ausgetragenen Kindern nur unzureichend Rechnung getragen worden, da die Entscheidung des US-Gericht noch vor der Geburt und ohne Anhörung der Leihmutter erging.

Der Senat hat die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof (BGH) zugelassen. Dieser hatte 2014 ein US-Urteil zur Leihmutterschaft anerkannt und somit zwei Männern das Recht zugesprochen, in Deutschland als Eltern eines in den USA geborenen Kindes eingetragen zu werden. 2016 folgte eine Entscheidung zugunsten eines lesbischen Elternpaares, das sich auf südafrikanisches Recht berief - in diesem Fall hatte allerdings eine der beiden Frauen das Kind selbst ausgetragen.

Unabhängig von der Frage der Elternschaft hat das deutsche Paar, das vor dem OLG Braunschweig klagt, die Vormundschaft für die Zwillinge inne.

acr/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

OLG Braunschweig zur Leihmutterschaft: Keine Anerkennung bei Umgehung deutschen Rechts . In: Legal Tribune Online, 20.04.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/22696/ (abgerufen am: 18.03.2024 )

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