BVerfG zu Wahlkampfauftritten in Deutschland: Tür­ki­sche Poli­tiker brau­chen Zustim­mung der Bun­des­re­gie­rung

10.03.2017

Das BVerfG hat zu Wahlkampfauftritten von Mitgliedern ausländischer Regierungen Stellung bezogen: Bereits auf die Einreise hätten die Politiker keinen Anspruch. Ebenso wenig wie auf die Ausübung amtlicher Funktionen in Deutschland.

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat eine Verfassungsbeschwerde gegen den im Februar stattgefundenen Auftritt des türkischen Ministerpräsidenten Yildirim in Oberhausen nicht zur Entscheidung angenommen. Der Beschwerdeführer habe nicht dargelegt, dass er durch hoheitliche Maßnahmen betroffen sei, heißt es in dem am Freitag veröffentlichten Beschluss (Beschl. v. 08.03.2017, Az. 2 BvR 483/17).

Gleichwohl äußerte sich die 2. Kammer des Zweiten Senats zu den grundsätzlichen Voraussetzungen von Auftritten ausländischer Regierungsmitglieder in Deutschland. Diese hätten, so das BVerfG, weder von Verfassungs wegen noch nach allgemeinen Regeln des Völkerrechts einen Anspruch auf Einreise in das Bundesgebiet. Auch ein Anspruch auf Ausübung amtlicher Funktionen in Deutschland bestehe nicht. Ähnlich hatte bereits Prof. Dr. Niels Petersen in seinem Beitrag für lto argumentiert.

Für einen derartigen Auftritt sei zudem die Zustimmung der Bundesregierung erforderlich, da diese für auswärtige Angelegenheiten zuständig sei. In diesem Zusammenhang dürften sich die ausländischen Politiker, soweit sie in amtlicher Eigenschaft auftreten, nicht auf Grundrechte berufen. Untersagt die Bundesregierung einen solchen Auftritt, so liege darin nach Ansicht der Richter keine Entscheidung des deutschen Hoheitsträgers gegenüber einem (ausländischen) Bürger. Stattdessen wäre dies eine Entscheidung im Bereich der Außenpolitik.

Die Richter hätten die Klage auch ohne Begründung abweisen können. Stattdessen nutzen sie die Gelegenheit für die grundsätzlichen Anmerkungen. Auffällig ist auch, dass die Beschwerde sehr schnell bearbeitet und die Entscheidung rasch veröffentlicht wurde.

Update 10.03.2017, 14:37 Uhr:

Die Bundesregierung plant dennoch keine Einreiseverbote, wie die stellvertretende Regierungssprecherin Ulrike Demmer am Freitag in Berlin sagte. Sie verwies auf die hohe Bedeutung der Meinungsfreiheit. "Was wir von anderen fordern, sollten wir eben selber leben."

Bislang sind zwar einzelne Veranstaltungen von den betroffenen Kommunen aus Sicherheitsgründen untersagt worden. Die Bundesregierung selbst wurde aber nicht aktiv. Die türkischen Politiker wollen vor ihren gut 1,4 Millionen in Deutschland lebenden Landsleuten für eine umstrittene Verfassungsreform werben, über die am 16. April per Referendum abgestimmt wird. Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan will seine Machtbefugnisse damit massiv ausweiten. Ob Erdogan selbst einen Auftritt in Deutschland anstrebt, war zuletzt unklar.

una/dpa/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

BVerfG zu Wahlkampfauftritten in Deutschland: Türkische Politiker brauchen Zustimmung der Bundesregierung . In: Legal Tribune Online, 10.03.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/22336/ (abgerufen am: 25.04.2024 )

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