Skandal um Brustimplantate: TÜV Rheinland muss haften

14.11.2013

Im Skandal um billige Brustimplantate steht Opfern erstmals konkret eine Entschädigung in Aussicht. Ein französisches Gericht sieht eine Verantwortung des TÜV Rheinland, der Unterlagen eines Implantatherstellers geprüft hatte. Dieser ist über das Urteil schockiert, wehrt sich allerdings weiter gegen Zahlungen.

Rund 1.600 betroffene Frauen und sechs Händler hatten gegen den deutschen Prüfdienstleister geklagt. Sie können jetzt auf Geld hoffen. Aus Sicht des Gerichts im französischen Toulon verletzte der TÜV seine "Pflicht zur Kontrolle und Wachsamkeit" bei den Implantaten aus Frankreich. Das Unternehmen müsse nun "den Schaden der Importeure und der Opfer" ausgleichen, entschied die Kammer am Donnerstag.

Der TÜV hatte im Auftrag des inzwischen insolventen Herstellers Poly Implant Prothèse (PIP) dessen Produktion zertifiziert. Dabei prüfte der TÜV Unterlagen und die Qualitätssicherung des Unternehmens, allerdings nicht die Plantate selbst.

TÜV will in Berufung

Der TÜV Rheinland bezeichnete das Urteil als "schockierend". Die Entscheidung der Gerichts wolle das Unternehmen nicht hinnehmen: "Wir werden auf jeden Fall in Berufung gehen", sagte ein TÜV-Sprecher der Nachrichtenagentur dpa in Paris. Den Prüfern war wegen Zertifizierung der Implantate Schlamperei vorgeworfen worden. Die Kläger wollen zusammen rund 53 Millionen Euro Schadenersatz. Davon entfiel die knappe Hälfte auf die klagenden Frauen vor allem aus Südamerika, aber auch aus Frankreich und Großbritannien. Sie hatten je 16.000 Euro gefordert; das französische Gericht sprach ihnen nun jeweils 3.000 Euro zu.

Ein Anwalt der Händler sprach in Toulon von einem "Durchbruch für die Opfer". Weltweit haben Chirurgen Schätzungen zufolge Hunderttausenden Frauen minderwertige Silikonkissen implantiert, in Deutschland sind mehr als 5.000 Frauen betroffen. Der TÜV hat eine Verantwortung stets zurückgewiesen. Das Unternehmen sieht sich selbst als Opfer des insolventen Implantatherstellers. Entsprechende Entscheidungen gab es bereits von deutschen Gerichten.

Der Prozess war Teil einer Reihe von Verfahren in dem Betrugsfall. PIP-Gründer Jean-Claude Mas sowie frühere Mitarbeiter sind vor einem Strafgericht in Marseille angeklagt. Dort ist ein Urteil für Dezember angekündigt.

dpa/una/LTO-Redaktion

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Skandal um Brustimplantate: TÜV Rheinland muss haften . In: Legal Tribune Online, 14.11.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/10059/ (abgerufen am: 18.03.2024 )

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