Korruption im Sport: Sportler-Gangster

von Prof. Dr. Ulrich Sommer

13.02.2017

2/2: Strafrecht gegen "es kann doch nicht sein, dass …"?

Aber das Gesetz wird kommen. "Wahrscheinlich noch in dieser Legislaturperiode", schätzte sein Befürworter Prof. Kubiciel am vergangenen Wochenende auf dem hochkarätig besetzten Kolloquium der Kölner Universität zur "Korruption im Sport". Dass der Ausflug des Strafgesetzgebers in den Bereich des Sports flankiert wird von einer "Suggestion moralischer Werte", war nur ein Teil der ernsthaften Warnungen des Rechtsphilosophen Reinhard Merkel.

Sie werden verhallen. Entscheidend ist für die aktuelle Gesetzgebungsmaschinerie, dass sich Empörung über Unfairness in einem herausragenden gesellschaftlichen Bereich breitgemacht hat. Wie auf der Tagung Berichte der Praktiker vom DFB, der FIFA oder Bundesligavereinen deutlich gemacht haben, gibt es massive Probleme.

Auch wenn Ethikkommissionen hier oft nur unzulänglich arbeiten können, bleibt die Frage, warum ausgerechnet das Strafrecht hier korrigierend eingreifen soll. Der Gesetzgeber verhebt sich offensichtlich, wenn er durch die neuen Normen der Gesellschaft verdeutlichen will, was Sport eigentlich ist und wann beim Verfehlen seiner hehren Ziele nichts anderes hilft als die massive Androhung einer Strafe. "Es kann doch nicht sein, dass…" ist die Basis der politischen Aktivität.

"Die Mafia" lässt sich nicht durch Strafandrohung steuern

Anwälte halten das Gesetz ebenso wie der Richterbund für überflüssig. Der Strafbarkeitsteppich in unserer Gesellschaft wird allerdings dichter geknüpft werden. Da die Ideen vage sind, wird es in der Praxis der Strafgerichte eine Operation am offenen Herzen der Sport-Gesellschaft werden. Gefühlt wird ein Handlungsbedarf, da trotz der zahlreichen strafrechtlichen Verurteilungen von Sportskandalen der letzten Jahre  (Hoyzer, Ante Sapina) und der weiten Anwendungsfelder des Betruges und des reformierten § 299 StGB "Strafbarkeitslücken"  ausgemacht werden. Schon der erste Ausflug des Strafgesetzgebers in den Bereich des Sports vor zwei Jahren kann (noch) nicht als Erfolgsgeschichte verbucht werden.

Das Anti-Doping-Gesetz will die Fairness im Sport sichern und mit strafprozessualen Zwangsmitteln das erreichen, was Sportverbände allein nicht schaffen. Das aktuelle Fazit ist ernüchternd: "Die Anzahl der Doping-Ermittlungsverfahren liegt bei 0,2 Promille aller Ermittlungen", berichtet der Frankfurter Hochschullehrer Matthias Jahn.

Doch selbst wenn gegen Tausende von Sportlern und Trainern ermittelt würde, dürfte ein Erfolg fraglich sein. Die Praxis kennt das aus dem Betäubungsmittelrecht; auch härteste Strafen und intensivste Ermittlungen kratzen das gesellschaftliche Phänomen nicht an. Das System wird nicht tangiert, die Akteure werden lediglich aus dem Verkehr genommen und ausgetauscht. Wenn hinter Manipulationen und Wettbetrügereien tatsächlich "die Mafia" steht, wenn dem Sportler absurd hohe Prämien in Aussicht gestellt werden, ist die Handlungssteuerung durch Strafandrohung wenig erfolgversprechend.

Die Regulierung des Sports ist angesichts seiner enormen Bedeutung im Leben vieler Menschen eine von allen erkannte Herausforderung. Die Installation von Regulierungsmechanismen setzt allerdingseine präzise Vorstellung voraus, welche Art von Fairness es zu bewahren gilt, und wie dies im Leben des Sports selbst umgesetzt werden kann. Allein die Deklamation von Strafnormen ist der billigste Aktionismus, der zumeist nur der politischen Karriere der Aktionisten dient.

Der Autor Prof. Dr. Ulrich Sommer ist Senior des 'Strafverteidigerbüros' in Köln und Autor zahlreicher Veröffentlichungen zum Strafrecht.

Zitiervorschlag

Prof. Dr. Ulrich Sommer, Korruption im Sport: Sportler-Gangster . In: Legal Tribune Online, 13.02.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/22078/ (abgerufen am: 03.05.2024 )

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