Wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit von Ad Blockern: Das Geschäft mit der Werbung

Sascha B. Greier

26.02.2014

2/2: Laut Gutachten keinerlei rechtliche Bedenken

Hoeren räumt zwar ein, dass die Ausschaltung fremder Werbung unlauter im Sinne des § 4 Nr. 10 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) sein könne. Das setze allerdings voraus, dass die Entscheidungsfreiheit nicht mehr beim Nutzer liege. Da die Beeinträchtigung der Werbewirkung der jeweiligen Seite jederzeit auf der freien Entscheidung des Nutzers beruhe, komme es – trotz Acceptable Ads - nicht zu einer Übertragung der Entscheidungskompetenz. Eine eigene, vom Nutzer nicht beeinflussbare Entscheidung werde durch den Adblockentwickler nicht getroffen.

Auch liege keine allgemeine Marktbehinderung nach § 3 UWG vor. Alleine die Möglichkeit, dass potentielle Werbekunden bei einer starken Verbreitung der Ad Blocker Software weniger Werbefläche buchen und es deshalb  zu Einnahmeverlusten kommen kann, sei dafür nicht ausreichend. Darüber hinaus wäre eine solche Beeinträchtigung  im Rahmen einer Gesamtschau auch derart gering, dass keine spürbare Marktbeeinflussung durch die Adblocker-Software eintreten würde. Die jährliche Steigerung der Umsätze in der Online Werbung würde zeigen, dass es seit dem Vertrieb der Software im Jahr 2011 zu keiner Veränderung des Trends gekommen wäre.

Schließlich sei die Werbung für Adblock Plus mit dem Slogan "für ein Web ohne nervige Werbung" auch nicht irreführend im Sinne der §§ 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 1, 5a, Abs. 2 UWG, obwohl die Acceptable Ads standardmäßig angezeigt würden. Denn der Nutzer werde ja deutlich darüber informiert, dass von Haus aus eben nicht jede, sondern nur "nervige" Werbung geblockt werde.

Einkaufsmöglichkeit in die Whitelist wäre hochproblematisch

So eindeutig, wie es der Anbieter unter Berufung auf dieses Gutachten darstellt, ist die Rechtslage indes nicht. Gerade dann, wenn die Möglichkeit bestehen sollte, sich am Nutzerwillen vorbei in die Whitelist einzukaufen, ließe sich eine gezielte Behinderung von Mitbewerbern im Sinne des § 4 Nr. 10 UWG durchaus annehmen.

In diesem Fall dürfte die Entscheidungsfreiheit der Nutzer faktisch durch die Entscheidungen des Ad Block Anbieters überlagert werden. Ganz eindeutig dürfte das auch dann der Fall sein, wenn bei einem Update ohne Einwilligung der Nutzer deren gewählte Konfiguration rückgängig gemacht und die Acceptable Ads erneut sichtbar gestellt würden.

Auch die Annahme, dass das Geschäftsmodell generell nicht geeignet sei, eine spürbare Marktbeeinflussung zu erreichen und damit eine allgemeine Marktbehinderung gem. § 3 UWG per se ausscheide, ist wenig nachvollziehbar. Wenn bereits ein Viertel aller Nutzer die Werbung ausblendet,  ist nicht von vorneherein auszuschließen, dass die zur Verfügung gestellten Werbegelder erheblich zurückgehen und sich die Internetlandschaft dadurch nachhaltig verändern könnte.

Information der Nutzer wirklich ausreichend?

Mit Blick auf eine etwaige Irreführung ist außerdem fraglich, ob der Nutzer sämtliche Informationen über das Geschäftsmodell in der gebotenen Form erhält. Gem. § 5a Abs. 2 UWG sind die wesentlichen Informationen rechtzeitig und so zur Verfügung zu stellen, dass der Verkehr sie tatsächlich zur Kenntnis nehmen kann. Das erfordert im Internetvertrieb, dass die Angaben vor Vertragsschluss zu erteilen sind.

Bei einem Aufruf des Add-on Managers von Google Chrome erscheint in hervorgehobener Position ein Installationsbutton mit der Aufschrift "kostenlos". Darunter wird blickfangmäßig darauf hingewiesen, dass "nervige Videowerbung und vieles mehr." blockiert werde. Erst, wenn man weiter nach unten scrollt, werden am Ende der Seite Informationen zum Acceptable Ads Konzept mitgeteilt.

Es erscheint zumindest fragwürdig, ob diese noch am Blickfang teilnehmen. Der durchschnittliche Nutzer wird diese Hinweise evtl. nicht wahrnehmen, sondern unmittelbar auf den "kostenlos"-Button klicken. Nach Betätigung des Buttons ist die Installation indes bereits abgeschlossen. Es ist somit nicht auszuschließen, dass der Nutzer die Informationen zu den Filtereigenschaften erst verspätet erhält, was für eine Irreführung durch Unterlassen ausreichen würde.

So oder so: Die Sache bleibt spannend und wird bei Beschreitung des Rechtsweges mit hoher Wahrscheinlichkeit erst vom BGH endgültig entschieden werden. Aber vielleicht gelingt es den Vermarkten ja auch, Werbung auf eine Weise zu gestalten, die tatsächlich weder von den Adblock Betreibern noch von den Nutzern als störend empfunden wird. Dann wäre der Streit überflüssig, das Addon ebenfalls, und am Ende wäre tatsächlich allen geholfen.

Der Autor Sascha B. Greier ist als Rechtsanwalt im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes und E-Commerce-Rechts in Köln tätig.

Zitiervorschlag

Sascha B. Greier, Wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit von Ad Blockern: Das Geschäft mit der Werbung . In: Legal Tribune Online, 26.02.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/11175/ (abgerufen am: 27.04.2024 )

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