BAG zu Anschlussbefristung bei Heimarbeitern: Heim­ar­beit ist keine "echte Arbeit"

25.08.2016

Fünf Jahre Heimarbeit und danach einen ohne sachlichen Grund auf ein Jahr befristeten Arbeitsvertrag? Kein Problem, meint das BAG – Heimarbeitsverhältnisse seien beim Schutz vor Kettenbefristungen nicht zu berücksichtigen. Von Michael Fuhlrott.

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte am Mittwoch Gelegenheit, grundlegende Klarstellungen über Heimarbeitsverhältnisse und Befristungsvorgaben zu treffen. Die Klägerin des Ausgangsfalls war aufgrund eines "Heimarbeitsvertrags" rund fünf Jahre mit dem Umetikettieren aus Asien stammender "modischer Accessoires" betraut gewesen, welche die Beklagte auf dem europäischen Markt vertreiben wollte. Diese Tätigkeit nahm die Klägerin zuhause vor. Einmal wöchentlich lieferte sie die bearbeitete Ware bei der Beklagten ab und erhielt im Gegenzug eine neue Ladung. Unmittelbar im Anschluss an diese fünfjährige Beschäftigung stellte die Beklagte die Klägerin für ein Jahr befristet als "Junior Team Member Decorations" ein. Einen sachlichen Grund für die Befristung (z.B. Vertretung eines in Elternzeit befindlichen Arbeitnehmers o.ä.) gab es nicht.

Als die Beklagte sich am Ende des Jahres weigerte, die Klägerin weiter zu beschäftigen, erhob diese Klage vor dem Arbeitsgericht Köln (Urt. v. 22.10.2014, Az. 2 Ca 228/14). Dort blieb sie jedoch, trotz der strengen Vorgaben des Befristungsrechts, ebenso erfolglos wie anschließend beim Landesarbeitsgericht Köln (Urt. v. 21.05.2015, Az. 7 Sa 1117/14).

Beide Instanzen hielten die Befristung für wirksam. Der fehlende sachliche Grund der Befristung schade nicht – ein solcher sei nur notwendig, wenn der Arbeitnehmer zuvor schon einmal beim selben Arbeitgeber angestellt gewesen sei. Dies sei hier jedoch nicht der Fall, denn bei der fünfjährigen Tätigkeit in Heimarbeit handele es sich nicht um ein "Normalarbeitsverhältnis", sie habe daher keine Auswirkungen auf die Zulässigkeit der Befristung."

"Normalarbeitsverhältnisse" und Heimarbeit

Das "Normalarbeitsverhältnis" soll dem Arbeitnehmer ein erträgliches Einkommen erbringen. Zudem soll der mit dem Arbeitsverhältnis einhergehende sog. "soziale Besitzstand" gesichert und der Arbeitnehmer vor unberechtigten Kündigungen geschützt werden. Das Arbeitsrecht als Arbeitnehmerschutzrecht mit Mindestlohngesetz, Kündigungsschutzgesetz und weiteren Schutzvorschriften sichert diese Standards ab. Maßgeblich für die Anwendbarkeit des Arbeitsrechts und der meisten arbeitsrechtlichen Vorgaben ist daher stets, dass ein Arbeitnehmer in einem solchen "Normalarbeitsverhältnis" betroffen ist. Freien Mitarbeitern oder Selbständigen gesteht der Gesetzgeber hingegen keinen solchen Schutz zu.

Eine Besonderheit und eine Zwischenstellung zwischen Arbeitnehmern auf der einen und Selbständigen auf der anderen Seite nehmen die sog. arbeitnehmerähnlichen Personen ein. Diese sind zwar selbständig tätig und nicht in den Betrieb eines Arbeitgebers eingegliedert, so dass sie auch keinem Direktionsrecht unterliegen. Allerdings sind sie nur für einen Auftraggeber tätig und wirtschaftlich von diesem abhängig. Sie unterliegen daher etwa auch der Sozialversicherungspflicht.

Klassischer Fall sind Heimarbeiter, die in ihrer eigenen Wohnung die vereinbarte Tätigkeit verrichten. Typische Betätigungsfelder von Heimarbeitern sind etwa die Durchführung von telefonischen Befragungen, Lektor- oder Programmiertätigkeiten. Aber auch einfachere handwerkliche Tätigkeiten wie Bastelarbeiten oder – im Falle der Klägerin – das Umetikettieren von Importware werden oftmals in Heimarbeit erledigt.

Zitiervorschlag

BAG zu Anschlussbefristung bei Heimarbeitern: Heimarbeit ist keine "echte Arbeit" . In: Legal Tribune Online, 25.08.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/20380/ (abgerufen am: 26.04.2024 )

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