Verwertungskündigung: BGH unterscheidet nicht zwischen alten und neuen Nachteilen

09.06.2011

Verwertungskündigungen geschehen aus der Not, dem Vermieter müssen erhebliche Nachteile drohen. Die Vorinstanz hatte entschieden, dass, was zum Ende der staatlichen Verwaltung schon im Argen lag, nicht als Nachteil zählen darf. Der BGH hingegen stärkt mit seinem Urteil vom Mittwoch das Eigentumsrecht von Eigentümern ehemals zwangsverwalteter Immobilien.

Ein erheblicher Nachteil im Sinne des § 573 Abs. 2 Nr. 3 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) verneint der Bundesgerichtshof (BGH) nicht schon deshalb, weil sich seit dem Eintritt der klagenden Erbengemeinschaft in das Mietverhältnis zum Ende der staatlichen Verwaltung keine Veränderung des unrentablen Zustandes ergeben hat. Es sei mit dem Eigentumsrecht aus Art. 14 Grundgesetz unvereinbar, die Eigentümer zu zwingen, den Zustand nach Ende der staatlichen Verwaltung als nicht nachteilig zu akzeptieren (Urt. v. 08.06.2011, Az. VIII ZR 226/09).

Die Kläger sind in ungeteilter Erbengemeinschaft Eigentümer eines Hauses, das auf dem Gebiet der ehemaligen DDR steht und 1953 unter staatlicher Verwaltung an die Beklagte vermietet wurde. Nach Ende der staatlichen Verwaltung traten die Kläger im Jahr 1992 in das Mietverhältnis ein, welches sie im Jahr 2007 kündigten. Als Begründung gaben sie den beabsichtigten Verkauf zwecks Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft an.

Das Haus war sanierungsbedürftig, die Vermietung verlustbringend. Die Erben argumentierten, dass der Verkauf nur in unvermietetem Zustand möglich sei, die Räumungsklage scheiterte jedoch vor dem Amtsgericht und auch vor dem Landgericht (LG).

Der BGH verwies den Rechtsstreit zurück an das LG, damit dort die behauptete Unrentabilität festgestellt werden kann. Das LG war als Vorinstanz davon ausgegangen, dass für die Beurteilung der erheblichen Nachteile im Sinne des § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB allein die Entwicklung vom Beginn der Eigentümerstellung bis hin zur Kündigung zu beachten ist. In dieser Zeit habe sich der unrentable Zustand des Hauses nicht verändert, eine wesentliche Verschlechterung sei nicht eingetreten.

Entgegen der Annahme des LG, dass der Eigentümer gewissermaßen die Verschlechterung miterleben müsse, will der BGH Eigentümer von staatlich verwalteten Immobilien nicht am Zustand nach der Verwaltung festhalten. Es sei ihnen nicht zumutbar und verletze das Eigentumsrecht, dauerhaft Verluste ohne Möglichkeit zur Verwertung dulden zu müssen.

ssc/LTO-Redaktion

 

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Zitiervorschlag

Verwertungskündigung: BGH unterscheidet nicht zwischen alten und neuen Nachteilen . In: Legal Tribune Online, 09.06.2011 , https://www.lto.de/persistent/a_id/3476/ (abgerufen am: 23.04.2024 )

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