Frauenfeindlichen Arbeitgeber verpfiffen: Headhunter haftet für Verschwiegenheitspflichtverletzung

von Christian Oberwetter

14.05.2014

Diskretion ist oberstes Gebot, wenn Personaldienstleister für ihre Auftraggeber geeignetes Personal suchen. Was aber, wenn "geeignet" keine Frau sein soll? Darf der Headhunter das der Bewerberin sagen? Nein, entschied das OLG Frankfurt. Dass er im Interesse der Allgemeinheit eine Diskriminierung aufgedeckt habe, interessierte das Gericht nicht. Christian Oberwetter sieht das etwas anders.

Es begann wie eine ganz normale Personalvermittlung: Ein Maschinenbauunternehmen beauftragte einen Personalberater mit der Suche nach einer geeigneten Person für die Stelle eines technischen Verkäufers. Aufmerksam geworden war das Unternehmen auf den Berater durch einen Flyer, auf dem er mit seiner strikten Diskretion geworben hatte.

Der Berater fand eine geeignete Bewerberin und übersandte dem Unternehmen deren Unterlagen, doch die Maschinenbauer winkten ab: Sie wollten keine Frau. Nach Beendigung des Beratungsvertrages und nachdem er sein Honorar erhalten hatte, teilte der Dienstleister der abgelehnten Bewerberin die Gründe für die Ablehnung mit. Er bezeichnete das Verhalten des Unternehmens als skandalös und diskriminierend und riet der geschmähten Kandidatin, sich wegen einer Entschädigung von einem Rechtsanwalt beraten zu lassen.

Mit Erfolg: Vor dem Arbeitsgericht einigte sich die technische Verkäuferin mit dem Unternehmen auf eine Entschädigung von 8.500 Euro. Hier hätte die Geschichte beendet sein können. Die Maschinenbauer aber verklagten nun ihren ehemaligen Berater auf Schadensersatz: Er habe seine Verschwiegenheitspflicht verletzt.

OLG Frankfurt: Schadensersatz bei Verletzung der Verschwiegenheitspflicht

Das Oberlandesgericht Frankfurt gab dem Unternehmen teilweise Recht. Der Berater muss ein Drittel des entstandenen Schadens tragen, weil er entgegen seiner vertraglichen Pflicht zur Verschwiegenheit der Bewerberin die Gründe der Ablehnung mitgeteilt habe (OLG Frankfurt, Urt. v. 08.05.2014, Az. 16 U 175/13).

Aus der Natur des Vertrages ergebe sich die Pflicht, über solche Umstände Stillschweigen zu bewahren, die ihm im Rahmen seiner Tätigkeit bekannt würden. Das gelte umso mehr, als er auf seinem Flyer mit strikter Diskretion geworben hatte.

Der Personaldienstleister war nach Ansicht der Frankfurter Richter auch nicht etwa deshalb zur Weitergabe berechtigt, weil das Unternehmen sich diskriminierend verhalten habe. Zwar sei es im Arbeitsrecht in bestimmten Fällen zulässig, Strafanzeige gegen den Arbeitgeber zu erstatten. Aber der Berater habe eben keine Anzeige erstattet, sondern der Bewerberin einen Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz mitgeteilt. Gehe es um zivilrechtliche Sachverhalte, könne er sich auch nicht darauf berufen, im Interesse der Allgemeinheit gehandelt zu haben.

Das OLG sah aber ein erhebliches Mitverschulden bei den Maschinenbauern. Durch die diskriminierende Ablehnung der Bewerberin habe das Unternehmen eine wesentliche Ursache für die Entstehung des Schadens gesetzt.

Internes intern klären

Die Entscheidung des OLG Frankfurt ist in ihrer salomonischen Aufteilung nachvollziehbar und inhaltlich angemessen. Allerdings darf man bezweifeln, ob der Headhunter tatsächlich seine Verschwiegenheitspflicht verletzt hat.

Nach gängiger arbeitsrechtlicher Definition liegt eine Verletzung dann vor, wenn Tatsachen nach außen dringen, an deren Geheimhaltung das Unternehmen ein berechtigtes Interesse hat. Ob ein Unternehmen ein berechtigtes Interesse daran besitzt, dass Diskriminierungen nicht nach außen dringen, ist fraglich. Rechtlich geschützt ist ein solches Interesse jedenfalls nicht.

Aus einem Personalberatungsvertrag ergibt sich jedoch auch die Nebenpflicht des Beraters, auf mögliche Gesetzesverstöße hinzuweisen, die sich aus dem Verhalten seines Klienten ergeben. Der Berater hat offensichtlich den AGG-Verstoß intern nicht angesprochen. Das Unternehmen konnte auf dieser Grundlage berechtigt davon ausgehen, dass der Berater der Bewerberin die Gründe der Ablehnung nicht mitteilen würde.  

Vor einer Schadensersatzforderung hätte sich der Berater bewahren können, wenn er dieser vertraglichen Nebenpflicht nachgekommen wäre. Oder wenn er beherzigt hätte, dass Diskretion die Kunst ist, Geheimnisse so auszuplaudern, dass das Siegel der Verschwiegenheit nicht verletzt wird.

Der Autor Christian Oberwetter, Rechtsanwalt und Maître en droit, ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und IT-Recht in Berlin und Hamburg.

Zitiervorschlag

Christian Oberwetter, Frauenfeindlichen Arbeitgeber verpfiffen: Headhunter haftet für Verschwiegenheitspflichtverletzung . In: Legal Tribune Online, 14.05.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/11974/ (abgerufen am: 19.04.2024 )

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