Steuerabkommen mit der Schweiz: Keine Hoffnung mehr?

von Dr. Pia Dorfmueller

18.07.2012

Die Finanzbehörden NRWs haben wieder eine Steuer-CD aus der Schweiz erworben. Die Eidgenossen sind empört und auch der deutsche Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble gibt sich wenig erfreut. Ob vor diesem Hintergrund ein Inkrafttreten des Steuerabkommens zwischen der Schweiz und Deutschland noch realistisch ist, fragt Pia Dorfmueller.

Das Steuerabkommen soll Personen mit Wohnsitz in Deutschland die Gelegenheit geben, ihre bestehenden Bankbeziehungen in der Schweiz nachzuversteuern. Nach der ursprünglichen Version des Abkommens aus September 2011 soll dafür eine einmalige Steuerzahlung geleistet werden, die zwischen 19 und 34 Prozent des Vermögensbestands beträgt – abhängig von der Dauer der Kapitalanlage sowie vom Anfangs- und Endbetrag des Kapitalbestands. Alternativ können die schweizerischen Konten gegenüber den deutschen Behörden offenlegt werden. Mit dieser Zahlung gelten die deutsche Einkommen-, Umsatz-, Vermögen-, Gewerbe- sowie die Erbschaft- und Schenkungsteuer als abgegolten.

Die schweizerischen Banken haben sich zu einer Garantieleistung von zwei Milliarden Franken verpflichtet. Das heißt, diese Steuereinnahmen wären auf jeden Fall in Deutschland zu verzeichnen. Künftige Kapitalerträge sollen mit einer Abgeltungsteuer von knapp über 26 Prozent erfasst werden. Die deutschen Behörden können Auskunftsgesuche stellen; allerdings maximal 750 bis 999 innerhalb von zwei Jahren.

Das Steuerabkommen soll an dem 1. Januar in Kraft treten, der auf den Abschluss der nationalen Gesetzgebungsverfahren folgt. Die Bundesregierung strebt den 1. Januar 2013 an. Die Opposition lehnt jedoch die geplante einmalige pauschale Nachzahlung ab und fordert weiterhin den Kauf von CDs aus der Schweiz mit den Daten mutmaßlicher Steuerhinterzieher aus Deutschland.

Der zweite Anlauf im April 2012

Am 5. April 2012 unterzeichneten die Regierungsvertreter der beiden Staaten in Bern ein Ergänzungsprotokoll. Der deutsche Bundesfinanzminister erklärte hierzu: "Mit dem Ankommen werden wir in die Lage versetzt, für die Vergangenheit und für die Zukunft Kapitalanlagen deutscher Staatsbürger in der Schweiz zu besteuern. Das sind Steuereinnahmen, die ohne Abkommen laufend verjähren würden. So wird Gerechtigkeit hergestellt."

Das Ergänzungsprotokoll sieht vor, den Steuersatz für die Einmalzahlung auf 21 bis 41 Prozent zu erhöhen. Bei Erbschaften, die ab dem Inkrafttreten des Abkommens eintreten, soll eine fünfzigprozentige Steuer erhoben werden; es sei denn, die Erben legen die Erbschaft gegenüber den deutschen Finanzbehörden offen und versteuern das Erbe entsprechend. An einer vergleichbaren Regelung für Schenkungen fehlt es.

Des Weiteren soll Deutschland nun bis zu 1.300 Auskunftsersuchen innerhalb von zwei Jahren stellen dürfen. Man vereinbarte zudem, dass die Schweiz bereits ab dem 1. Januar 2013 – und nicht erst ab dem 31. Mai 2013 – meldet, wenn deutsche Staatsbürger ihr Vermögen verlagern. Eine von Deutschland angestrebte Vorverlagerung auf den Tag, an dem das Abkommen abgeschlossen wurde, also auf September 2011, setzte sich somit nicht durch.

Das Steuerabkommen soll ferner nicht auf Erträge oder Gewinne angewendet werden, die dem Zinsbesteuerungsabkommen zwischen der Schweiz und der Europäischen Union unterliegen. Die europäische Vereinbarung hat damit Vorrang vor dem bilateralen Abkommen zwischen Deutschland und der Schweiz.

Kein aktives Bemühen mehr um Steuer-CDs

In der Schlussakte erklärt Deutschland weiterhin, dass sich die deutschen Finanzbehörden nicht mehr aktiv um den Erwerb von Kundendaten bemühen werden, die bei schweizerischen Banken entwendet wurden. Nun im Fall der Bermuda Lebensversicherungen scheinen die Daten jedenfalls nicht gekauft zu sein, auch wenn der eine oder andere das kaum glauben mag.

Für die Daten von der schweizerischen Dependance der britischen Privatbank Coutts soll NRW Zeitungsberichten zufolge dagegen 3,5 Millionen Euro bezahlt haben. Ob sich die Finanzbehörden in diesen Fällen nun aktiv um die Daten der Steuerhinterzieher bemüht haben oder die CDs nur passiv entgegengenommen haben, ist kaum zu beantworten.

Wie geht es weiter?

Klar ist jedenfalls, dass das Steuerabkommen in der Fassung des Ergänzungsprotokolls aus April 2012 nicht in Kraft getreten ist. In der Plenarsitzung am 15. Juni 2012 konnte sich der deutsche Bundesrat nicht auf eine Stellungnahme zum Regierungsentwurf für das Steuerabkommen mit der Schweiz einigen. Nach diesem ergebnislosen Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens im Bundesrat ist nun der Bundestag gefordert. Dort muss das Gesetz zunächst verabschiedet werden, bevor es erneut dem Bundesrat zur Zustimmung vorgelegt wird.

Die Chancen, dass im Bundesrat eine absolute Mehrheit für das Abkommen zustande kommen wird, sind gering. Die schwarz-gelb regierten Länder vereinen auf sich nur 21 Stimmen, für eine absolute Mehrheit wären aber 35 Stimmen erforderlich. Eine Verabschiedung des derzeit vorliegenden Steuerabkommens ist in Deutschland daher nicht mehr realistisch und die Schweiz wird sich dem Vernehmen nach nicht auf einen dritten Anlauf einlassen.

Am Ende kann nur ein vollständiger Informationsaustausch, das heißt die vollständige Aufgabe des Bankengeheimnisses, erstrebenswert sein. So wie es beispielsweise Liechtenstein und Großbritannien in ihrem Steuerabkommen, der Disclosure Facility, im August 2009 vereinbart haben.

Die Autorin Dr. Pia Dorfmueller ist Partner der Kanzlei P+P Pöllath + Partners in Frankfurt am Main. Sie ist Steuerberaterin und unter anderem auf Unternehmenssteuerrecht, internationale Steuerstrukturierung und Finanzierungsstrukturen spezialisiert. Sie ist Trägerin des Förderpreises "Internationales Steuerrecht" der Bundessteuerberaterkammer (2003) und Lehrbeauftragte der Universität Mannheim, der Universität Liechtenstein und der Universität Hamburg.

Zitiervorschlag

Dr. Pia Dorfmueller, Steuerabkommen mit der Schweiz: Keine Hoffnung mehr? . In: Legal Tribune Online, 18.07.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/6649/ (abgerufen am: 15.04.2024 )

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