EM 2016: Weiterverkaufsverbot von Fußballtickets: Sicher ist mal gar nichts

von Thomas Herro, LL.M.

10.06.2016

2/2: Interessenabwägung anhand der Umstände im Einzelfall

Die Vereine verteidigen das Weiterverkaufsverbot regelmäßig mit dem Argument der Aufrechterhaltung der Stadionsicherheit. Denn nur bei einem von den Vereinen kontrollierten Ticketverkauf sei gewährleistet, dass die Zuschauer ein sicheres und friedliches Spiel erleben könnten. Daneben könne nur durch ein Weiterverkaufsverbot ein soziales Preisgefüge aufrechterhalten werden. Auf der anderen Seite steht das Interesse des Käufers an der uneingeschränkten Weiterveräußerung seiner Eintrittskarte. Ob die in den vergangenen Jahren kontinuierlich festzustellende Abnahme von Gewalt in den Stadien tatsächlich ein Verdienst des Weiterverkaufsverbots ist, darf dabei ebenso bezweifelt werden wie die Bezeichnung aktueller Ticketpreisen für Bundesligaspiele von teilweise weit über 50,00 Euro als sozialverträglich.

Wie unterschiedlich diese Abwägung im Einzelfall ausfallen kann, zeigen die gegensätzlichen Gerichtsentscheidungen, die zu dieser Frage bereits ergangen sind. Das AG Hamburg etwa sah in der Erhaltung der Stadionsicherheit und des sozialen Preisgefüges tatsächlich ein berechtigtes Interesse an der eingeschränkten Übertragbarkeit des Besuchsrechts. Dieses überwiege das Interesse des Erwerbers an der uneingeschränkten Weiterveräußerung seiner Eintrittskarte. Auch das AG Mönchengladbach schloss sich dieser Beurteilung an.

Anders hingegen entschied das OLG Hamburg und kam zu dem Ergebnis, dass die Weiterverkaufsklauseln wegen des überwiegenden Interesses des Käufers an der freien Abtretbarkeit der Besuchsrechte unwirksam waren. Das OLG wollte sich dem Argument der Stadionsicherheit nicht anschließen, denn der betroffene Verein konnte nicht hinreichend darlegen, dass bereits bei dem Verkauf der Tickets über den Ticketshop zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen ergriffen worden waren, wie etwa ein Abgleich mit gelisteten Hooligans oder Stadionverboten. Auch den vorgebrachten schützenswerten Belangen an einem sozialen Preisgefüge wollte sich das OLG im konkreten Fall nicht anschließen. Denn wie sich in dem Verfahren herausstellte lieferte der Verein selbst einem Ticketportal Eintrittskarten und gestattete diesem, die Karten für einen Aufschlag von 100 % auf den Originalpreis zu verkaufen. Das vorgetragene Interesse des Vereins an einem sozialen Preisgefüge war damit kein Argument mehr.

Fazit für die EM

Bei den EM Tickets kommt zu der ohnehin schon unsicheren Rechtslage nochmals erschwerend dazu, dass die ATGB französischem Recht unterliegen sollen. Im Ergebnis bleibt jedoch festzuhalten, dass der Verkauf von Tickets über die Portale oftmals gegen die ATGB des jeweiligen Veranstalters verstoßen wird. Sollten die Karten von Vereinsseite tatsächlich gesperrt werden, so müssten im Streitfall die Gerichte über die Wirksamkeit der Klauseln anhand der Umstände im Einzelfall entscheiden.

Rein praktisch gesehen wird es in den meist überwiegenden Fällen so sein, dass eine gerichtliche Entscheidung erst weit nach Spielende ergeht. Der Zutritt zum Stadion durch die Drehkreuze mit gesperrten Tickets ist zumeist schlicht unmöglich. Die ATGB der UEFA sehen solche Ticketsperren nicht vor. Allerdings hat die UEFA bereits Personen- und Ausweiskontrollen angekündigt.

Nicht zuletzt aufgrund der angespannten Sicherheitslage in Frankreich könnten die Ordner eher dazu geneigt sein, den Zutritt verwehren, wenn die Person des Karteninhabers nicht mit der Person übereinstimmt, deren Name auf dem Ticket abgedruckt ist. Unwirksamkeit hin oder her: Das erhoffte Stadionerlebnis im Nachbarland wäre damit passé.

Thomas Herro, LL.M. ist Rechtsanwalt in der Kanzlei Lampmann, Haberkamm & Rosenbaum in Köln. Er ist spezialisiert auf das Wettbewerbs-, Urheber und Markenrecht.

Zitiervorschlag

Thomas Herro, LL.M., EM 2016: Weiterverkaufsverbot von Fußballtickets: Sicher ist mal gar nichts . In: Legal Tribune Online, 10.06.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/19622/ (abgerufen am: 19.04.2024 )

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