Juristische Examensklausuren von 1900 bis 1930: War früher alles ein­fa­cher?

von Martin Rath

25.08.2019

Klausurfall aus dem Jahre 1914

"M. ist bei B. mit seiner Miete im Rückstande. Da er fürchtet, B. könne sein Pfandrecht an alten ererbten Silbersachen des M. geltend machen, packte er diese in einen Koffer und reicht sie seinem Freunde F., der draußen wartet, nachts elf Uhr aus einem Fenster seiner Parterrewohnung heraus. B., der gerade nach Hause kommt, sieht von weitem diesen Vorgang, eilt dem F. nach und erreicht ihn in einer Entfernung von 500 m vom Hause und entreißt ihm nach heftigem Ringen den Koffer. Bei dem Kampfe ist dem F. sein Hut in eine Pfütze gefallen, sein Rock beschädigt worden und außerdem hat er sich den Arm verstaucht.

F. verlangt nun von B.:

1. Ersatz der beschädigten Kleidungsstücke,

2. Schmerzensgeld,

3. den Koffer mit Inhalt zurück.

Wie ist zu entscheiden?"

Mohns Kommentar zum Ergebnis: "Auch dieser Fall wurde im Allgemeinen richtig gelöst, wenn auch die Begründung der Abweisung der Klage auf Herausgabe des Koffers vielfach falsch war. Meist wurde das Recht der Selbsthilfe des B. aus § 561 BGB. hergleitet und hierbei übersehen, daß die Entfernung der Pfandsachen von dem Grundstück bereits erfolgt war. Warum § 230 Abs. 4 BGB. keine Anwendung finden darf, wurde nur in seltenen Fällen richtig ausgeführt."

Zitiervorschlag

Juristische Examensklausuren von 1900 bis 1930: War früher alles einfacher? . In: Legal Tribune Online, 25.08.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/37229/ (abgerufen am: 28.03.2024 )

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