Die juristische Presseschau vom 28. Juli 2015: Dauerhafte Leiharbeit - Zukunft für NSU-Prozess? - Problem Managerhaftung

28.07.2015

Recht in der Welt

Großbritannien – zivilrechtlicher Tatsachenvortrag: Rechtsanwalt Bernhard Schmeilzl (cross-channel-lawyers.de) unternimmt einen rechtsvergleichenden Blick auf die Anforderungen an den zivilrechtlichen Tatsachenvortrag in Großbritannien. Dortige Kläger müssten anwaltliche Schriftsätze unterschreiben und hierbei ausdrücklich deren Wahrheitsgehalt versichern. Inhaltlich falscher Vortrag würde als "contempt of court" mit tatsächlich verhängten, empfindlichen Strafen geahndet. Die Praxis habe "eine erheblich disziplinierende Wirkung" und trage zur geringeren Fallzahl vor britischen Gerichten bei.

Großbritannien – Geheimprozess: Ende März sprach der Londoner Strafgerichtshof Old Bailey einen türkischstämmigen Angeklagten vom Vorwurf frei, einen Terroranschlag geplant zu haben. Bis auf den Namen des Mannes dürfen Medien nach gerichtlicher Anordnung jedoch weder über die Gründe für den Freispruch noch sonstige Umstände des Verfahrens berichten, ihre Notizen werden beim Inlandsgeheimdienst aufbewahrt. Mehrere namhafte Zeitungen klagen gegen dieses Vorgehen, schreibt die SZ (Björn Finke), die Fortsetzung dieses Verfahrens stehe jedoch nicht vor Oktober an.

Russland – Senzow/Sawtschenko: Im russischen Rostow beginnen Verfahren gegen den Filmemacher Oleg Senzow wegen eines Brandanschlages auf der Krim sowie die Militärpilotin Nadja Sawtschenko, der Beihilfe zum Mord vorgeworfen wird. zeit.de (Simone Brunner) stellt die Fälle der in der Ukraine Putin-Geiseln genannten Angeklagten und ihre zweifelhaften Erfolgsaussichten vor.

USA/Schweiz – FIFA: Nach Darstellung der FAZ (Michael Ashelm) im Wirtschafts-Teil der Zeitung bedrohen die Ermittlungen der US-amerikanischen Justiz schon bald die Handlungsfähigkeit der FIFA. So würde bereits vor Erhebung einer Anklage die als Verteidigerin engagierte Kanzlei Quinn Emanuel nur noch einige wenige Akteure des FIFA-Apparats, etwa den Chef der Rechtsabteilung oder der Ethikkommission, nicht aber den immer noch amtierenden Präsidenten Sepp Blatter, konsultieren. Hierdurch solle gegenüber den Ermittlern Kooperationsbereitschaft signalisiert werden. Wegen der umstrittenen WM-Vergaben an Russland und Katar ermittle zudem auch die Schweizer Bundesanwaltschaft.

Guatemala – Rios Montt: Das Strafverfahren wegen Völkermord gegen den ehemaligen guatemaltekischen Militärdiktator Efrain Rios Montt stockt weiterhin. Eine in der vergangenen Woche gerichtlich verfügte psychiatrische Untersuchung des 89-jährigen Angeklagten, der sich mittlerweile auf demenzbedingte Verhandlungsunfähigkeit beruft, wurde nun in einem Berufungsbeschluss aufgehoben, berichtet die SZ (Boris Herrmann).

Sonstiges

NSU-Untersuchungsausschuss: In einer Meldung zu einem beim Generalbundesanwalt anhängigen Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt, das sich gegen die weitere Unterstützerszene des NSU richten soll, gibt die SZ (Tanjev Schultz) die Einschätzung mehrerer Fachpolitiker wieder, dass eine Neuauflage des parlamentarischen Untersuchungsausschusses zum Thema nötig werden könnte. In einem separaten Kommentar begrüßt Tanjev Schultz (SZ) einen solchen Ausschuss. Denn auch die bisherigen, oftmals widerwillig erscheinenden Zeugenaussagen von Mitarbeitern der Sicherheitsbehörden in den U-Ausschüssen von Bund und Ländern hätten für keine ausreichende Aufklärung gesorgt. Ein ohne politische Instrumentalisierung gründlich arbeitender Ausschuss hätte zudem die Chance, wild um sich greifenden Verschwörungstheorien zum Themenkomplex NSU den Boden zu entziehen und damit auch die Arbeit der "einsichtigen und integren Beamten, die es nun mal auch gibt" hinreichend zu würdigen.

Polizeigewalt und Video: In den USA sind in der letzten Zeit zahlreiche Übergriffe von Polizisten durch Amateurfilmer festgehalten worden. Unter ausführlicher Darstellung einiger besonders bekannter Fälle geht die SZ (Johannes Boie) der Frage nach, inwiefern der verstärkte Einsatz von Videotechnik auch in Deutschland hilfreich wäre um Polizeigewalt zu verhindern und das Vertrauen der Bürger in die Polizei zu erhöhen.

Kündigungsgrund Ausländerfeindlichkeit: Einem österreichischen Azubi kündigte sein Ausbilder, weil sich der 17-jährige in einem Facebook-Post in menschenverachtender Weise das Bild eines Flüchtlingskinds kommentierte. Rechtsanwalt Jobst-Hubertus Bauer erläutert im Gespräch mit spiegel.de (Silvia Dahlkamp), warum er die Kündigung für gerechtfertigt hält.

Das Letzte zum Schluss

Rücktrittsgrund: Wilde Partynächte mit illegalen Drogen und Prostituierten gelten eigentlich als Domäne zünftiger Rockstars und nicht als typisches Verhalten altehrwürdiger britischer Lords. Baron Sewel of Gilcomstoun, bislang stellvertretender Sprecher des House of Lords, des Oberhauses des Vereinigten Königreichs, ließ sich jedoch bei einem derartigen Freizeitvergnügen von der wie üblich aufmerksamen britischen Boulevardpresse erwischen. Seinen grundsätzlich auf Lebenszeit angelegten Posten dürfte er damit los sein. Wie die SZ (Björn Finke) schreibt, ermöglicht ein Verstoß gegen den Verhaltenskodex den Ausschluss aus dem Oberhaus. Als Ausschussvorsitzender hatte Baron Sewel die Regelung einst selbst durchgesetzt.

Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.

Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.

lto/mpi

(Hinweis für Journalisten)

Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 28. Juli 2015: Dauerhafte Leiharbeit - Zukunft für NSU-Prozess? - Problem Managerhaftung . In: Legal Tribune Online, 28.07.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/16394/ (abgerufen am: 28.04.2024 )

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