Die juristische Presseschau vom 23. Oktober 2014: BVerwG und Fahr­un­tüch­tig­keit bei Canna­bis­konsum – Kos­ten­über­tra­gung bei "Risi­ko­fuß­ball­s

23.10.2014

Recht in der Welt

Frankreich – EGMR zu Atatürk-Beleidigung: Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte erklärte am gestrigen Mittwoch ein Strafurteil eines türkischen Gerichts für unverhältnismäßig. Ein Mann war zu 13 Jahren Freiheitsstrafe verurteilt worden, nachdem er Denkmäler und Statuen des Staatsgründers Atatürk mit Farbe übergossen hatte. Verfassungsblog.de (Maximilian Steinbeis) sieht die Unverhältnismäßigkeit des türkischen Urteils als evident an, beanstandet jedoch die Art und Weise der Entscheidungsfindung des EGMR. Der Bericht stellt die Kritik des für die Kammerentscheidung mit zuständigen Richters, András Sajó, dar: Danach fehle es unter anderem an einem Vergleichsmaßstab. Auch hätte das Gericht in seinen Verhältnismäßigkeitserwägungen die Beeinträchtigung der Meinungsfreiheit berücksichtigen müssen. Das Gericht hätte in diesem Fall seine Qualität als europäisches Verfassungsgericht ausbauen können, wenn es sich mit der Legitimität der türkischen Strafrechtsnorm befasst hätte.

Frankreich – Strafe für "Sollbruchstellen": Frankreich hat ein Gesetz auf den Weg gebracht, nach dem ein Produzent wegen Betruges bestraft werden kann, wenn er absichtlich vorzeitig alterndes oder minderwertiges Material verarbeitet, um durch vorschnellen Verschleiß den Umsatz zu steigern. Vorgesehenes Strafmaß sei bisher eine Freiheitsstrafe von 2 Jahren und eine Geldstrafe von 300.000 Euro. Frankreich will so den Energiebedarf reduzieren, so spiegel.de sowie die BerlZ.

Spanien – Aufhebung Conterganurteil: Das Madrider Landgericht hat am gestrigen Mittwoch in einem Berufungsverfahren eine Verurteilung des deutschen Pharma-Unternehmens Grünenthal zu Entschädigungszahlungen an Contergan-Opfer aufgehoben. Die Ansprüche seien verjährt. Die Betroffenen planten, gegen diese Entscheidung vorzugehen. Dies melden die SZ sowie die taz.

USA – Blackwater-Mitarbeiter verurteilt: Ein US-Gericht hat am gestrigen Mittwoch vier Mitarbeiter der Sicherheitsfirma Blackwater wegen der Tötung 14 irakischer Zivilisten in einem Einsatz in Bagdad im September 2007 verurteilt. spiegel.de berichtet, der Angriff habe damals einen Wendepunkt in der amerikanischen Besetzung dargestellt und international Empörung ausgelöst. Ein Angeklagter wurde wegen Mordes, die anderen drei wegen Totschlags schuldig gesprochen.

Sonstiges

Antiziganistische Rechtsprechung: Romani Rose, Vorsitzender des Zentralrats deutscher Sinti und Roma, bat den Bundesgerichtshof am vergangenen Dienstag um eine Distanzierung von der antiziganistischen Rechtsprechung der Nachkriegszeit. Den "Zigeunern" wurden damals nur bedingt Entschädigungen für die Verfolgung durch die Nazis gezahlt. Die BGH-Richter begründeten dies damit, dass bis 1943 keine rassistische Motivation vorgelegen habe, sondern vielmehr präventiv-polizeilich der Eigenart der "Zigeunerplage" entgegen gewirkt wurde. Der BGH hat in einem späteren Urteil anerkannt, dass bereits vor 1943 eine rassistische Verfolgung der Sinti und Roma stattfand, ließ jedoch die vermeintlichen polizeilichen Erwägungen daneben stehen. Rose kritisiert, dass das Gericht sich somit nicht ausreichend von der nationalsozialistischen Demagogie distanzierte. Dies berichtet die taz (Christian Rath).

Das Letzte zum Schluss

Beschwerde über Fahndungsfoto: Der junge Delinquent fühlte sich wohl sicher und erlaubte sich einen Spaß mit der neuseeländischen Polizei. Der Mann wurde über Facebook mit Fahndungsfoto gesucht. Offenbar war er aber mit seinem Bild nicht zufrieden und teilte dies den Beamten über die Kommentarfunktion in facebook mit. Zwar brachte das Angebot der Polizisten für ein kostenloses neues Fahndungsfoto den Mann nicht dazu sich zu stellen, aber die vielen Facebookabonnenten der Polizei in Wellington konnten schließlich zur Festnahme verhelfen. Von dem eitlen Gesetzesbrecher berichtet justillon.de (Andreas Stephan).

Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.

Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.

lto/vb

(Hinweis für Journalisten)

Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 23. Oktober 2014: BVerwG und Fahruntüchtigkeit bei Cannabiskonsum – Kostenübertragung bei "Risikofußballs . In: Legal Tribune Online, 23.10.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/13563/ (abgerufen am: 05.05.2024 )

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