Die juristische Presseschau vom 22. Dezember 2015: BGH zu Sex­fotos / Inter­net­verbot als Bewäh­rungs­auflage / Sperre für Blatter und Pla­tini

22.12.2015

Intime Fotos müssen nach dem Beziehungsende gelöscht werden, entschied der BGH. Außerdem in der Presseschau: Fifa-Ethikkommission verhängt Sperren gegen Blatter und Platini, und Fußballvereine dürfen Verbandsstrafen nicht an Fans weitergeben.

Thema des Tages

BGH zu Intimfotos: Wenn während einer Beziehung intime Bildaufnahmen entstanden sind, hat der Ex-Partner nach dem Beziehungsende einen Anspruch darauf, dass die Bilder gelöscht oder zurückgegeben werden, entschied der Bundesgerichtshof in einem jetzt veröffentlichten Beschluss aus dem Oktober. Dies gelte auch, wenn der Besitzer der Bilder diese nicht verbreiten, sondern nur zu Erinnerungszwecken behalten wolle – das Recht der fotografierten Person auf Achtung ihrer Privat- und Intimsphäre sowie ihr Recht am eigenen Bild überwögen gegenüber diesem Wunsch. Die Bilder, die während einer Liebesbeziehung entstanden seien, seien als Teil des Sexuallebens innerhalb dieser Beziehung anzusehen, weshalb auch die Einwilligung der Fotografierten konkludent auf die Dauer der Beziehung beschränkt sei. Mit dem Beziehungsende bestehe aufgrund der Persönlichkeitsrechte ein Löschungsanspruch, weil insbesondere aufgrund des technischen Fortschritts ansonsten eine Kontrolle der betroffenen Person über den Zugriff auf die Bilder nicht möglich sei. Und derart intime Bilder seien geeignet, das Ansehen der Fotografierten gegenüber anderen zu beeinträchtigen. Für Bilder in Alltagssituationen gelte die allerdings nicht; diese dürften zur Erinnerung behalten werden. Dies berichtet lto.de (Anne-Christine Herr).

Rechtspolitik

Parteifinanzierung: Auf verfassungsblog.de beschäftigt sich die Wissenschaftliche Mitarbeiterin Anna von Notz mit der Neuregelung des Parteiengesetzes, wonach der Parteienstatus aberkannt werden kann, wenn eine Partei sechs Jahre lang keinen Rechenschaftsbericht über ihre Finanzen abgegeben hat. Betroffen seien auch Parteien, die keine staatliche Teilfinanzierung erhalten. Bislang wurde diesen Parteien nur dann der Status entzogen, wenn sie sechs Jahre lang an keiner Bundes- oder Landtagswahl teilgenommen hat. Diese Teilnahme als konstitutives Element im Sinne des verfassungsrechtlichen Parteienbegriffs anzusehen, hält die Autorin für vertretbar, wogegen sie die Rechtfertigung der neuen Rechenschaftsablegung für zweifelhaft hält.

Kopftuchverbot in Berlin: In der Diskussion um das Kopftuchverbot für Lehrpersonal hatte die Berliner SPD-Fraktion ein Rechtsgutachten zum "Neutralitätsgesetz" beim Wissenschaftlichen Parlamentsdienst in Auftrag gegeben – und dieses Gutachten dann mit einem Sperrvermerk versehen lassen, so dass es nicht öffentlich zugänglich ist. Das berichtet der Tsp (Jost Müller-Neuhof). Das Gutachten, aus dem die SPD einzelne Auszüge selbst veröffentlicht hat, komme zum Schluss, dass das Neutralitätsgesetz verfassungswidrig sei.

Arbeitsmarktpolitik: In einem Gastkommentar in der FAZ kritisiert Johannes Vogel, FDP-Generalsekretär in Nordrhein-Westfalen, das geplante Gesetz zu Zeitarbeit und Werkverträgen. Dieses drücke ein Misstrauen gegenüber der arbeitsteiligen Wirtschaft und den Unternehmen aus, das den Interessen der Beschäftigten schade, die etwa von der Zeitarbeit durchaus profitierten. Neben anderen jüngeren Gesetzesänderungen vollziehe sich damit eine "wirtschaftspolitische Gegenreformation", die die Zukunftsfähigkeit Deutschlands gefährde.

TTIP-Gericht: Auf JuWiss.de beschäftigt sich der Kanzlei-Mitarbeiter Sebastian Wuschka mit dem von EU-Kommissarin Malmström vorgeschlagenen Modell eines Investitionsschutzgerichts mit zwei Instanzen. Er erläutert die Anforderungen an die Qualifikation und Neutralität der Entscheidungsträger und setzt sich mit der Vollstreckung von Gerichtsentscheidungen auseinander. Im Ergebnis hält er die Vorschläge für nicht geeignet, grundsätzlichen Bedenken beizukommen, und spricht sich für eine multilaterale Lösung aus.

Rechtsextremistische Straftaten: Aufgrund des sprunghaften Anstiegs von Straftaten, die sich direkt oder indirekt gegen Flüchtlinge richten, soll ab dem kommenden Jahr eine neue Statistik eingeführt werden. In dieser sollen rechtsextremistisch motivierte Straftaten, etwa gegen Asylsuchende, Journalisten, Politiker oder Ehrenamtliche erfasst werden. Das meldet spiegel.de.

Datenschutz: Das Handelsblatt (Anja Stehle) befasst sich mit der Aufwertung der Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit zur obersten Bundesbehörde. Diese ermögliche eine unabhängige Arbeit anstelle der bisherigen Angliederung ans Bundesinnenministerium. Aufgabe der Beauftragten ist die Kontrolle der Bundesministerien, der Bundesbehörden, der Geheim- und Sicherheitsdienste sowie sämtlicher Telekommunikationsunternehmen und Postdienstleister. In einem ergänzenden Interview äußert sich die derzeitige Bundesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit Andrea Voßhoff zum verfassungsrechtlichen Auftrag ihrer Behörde und dem Safe-Habor-Urteil des EuGH.

BND-Affäre: Jost Müller-Neuhof (Tsp) argumentiert in einem Kommentar, dass nicht eine Gesetzesnovellierung die Missstände beim BND beheben werde – stattdessen bedürfe es gebildeter, kritischer Nachwuchsmitarbeiter, die Recht von Unrecht unterscheiden könnten.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 22. Dezember 2015: BGH zu Sexfotos / Internetverbot als Bewährungsauflage / Sperre für Blatter und Platini . In: Legal Tribune Online, 22.12.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/17942/ (abgerufen am: 19.05.2024 )

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