Die juristische Presseschau vom 18. August 2016: Burka und Niqab / AfD-Post straf­frei / VW-Akten aus den USA

18.08.2016

Am heutigen Donnerstag diskutieren die Innenminister der Union über ein Verbot von Burka und Niqab. Außerdem in der Presseschau: StA Rottweil ermittelt nicht wegen AfD-Facebook-Post und Europäer wollen VW-Akten von der US-Justiz.

Thema des Tages

Verbot der Vollverschleierung: Am heutigen Donnerstag treffen sich die Innenminister der Union zu internen Beratungen, unter anderem zum Verbot der Vollverschleierung. Der CDU-Politiker Jens Spahn schreibt in der FAZ (faz.net-Zusammenfassung), dass Burka und Niqab nicht zu Deutschland gehören. Die Vollverschleierung stelle eine Verweigerung des gesellschaftlichen Miteinanders dar und entspringe "einem reaktionären islamistischen Frauenbild". Auch Iris Radisch (Zeit) sieht die Vollverschleierung als "nicht hinnehmbares Symbol islamischer Fanatiker". Ein Verbot sei ein "ein wichtiges politisches und kulturelles Signal". Elisabeth Raether (Zeit) spricht sich gegen ein Verbot aus. Das Illiberale könne nicht besiegt werden, indem man sich über grundlegenden Prinzipien der Liberalität hinwegsetze.

swr.de (Gigi Deppe) beleuchtet die rechtliche Zulässigkeit eines Verbots und verweist auf ein Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags, das Ende 2014 zu dem Ergebnis kam, ein Burka-Verbot sei nicht mit der Verfassung vereinbar. Patrick Bahners (FAZ) befasst sich mit der Frage, wie ein Verbot der Vollverschleierung gerechtfertigt werden kann. Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sprechen gegen eine verfassungsrechtliche Zulässigkeit. Die "vielleicht einzig denkbare Ratio für ein Verbot" sei der Grundsatz, dass das Recht die "Selbstversklavung" nicht anerkennen könne. Die Debatte dürfe jedoch nicht "formaljuristisch" bleiben, weil die Rechtsprechung des Verfassungsgericht mit den Intuitionen der Staatsbürger harmonieren müsse.

Rechtspolitik

Fahrverbote: Die Welt (Michael Gassmann) trägt Reaktionen auf die Pläne von Justizminister Heiko Maas zusammen, ein Fahrverbot als Sanktion auch für Straftaten einzuführen, die keinen Bezug zum Straßenverkehr haben. Der Deutsche Richterbund und der Präsident des Deutschen Verkehrsgerichtstags, Kay Nehm, kritisieren das Fahrverbot als willkürlich. Der Kölner Strafrechtsprofessor Michael Kubiciel sieht Fahrverbote hingegen insbesondere bei jungen Leuten, für die das Auto ein Statussymbol sei, als sinnvolle Ergänzung zu den bestehenden Sanktionsmöglichkeiten an.

Grundgesetz und Wohnungsbau: Christian Rath (taz.de) bewertet den Vorschlag von Bauministerin Barbara Hendricks, dem Bund durch eine Grundgesetzänderung wieder Einfluss auf den sozialen Wohnungsbau zu verschaffen: "Hendricks Vorschlag geht zwar in die richtige Richtung, ist aber noch zu halbherzig."

Antidiskriminierungsrecht: Hendrik Wieduwilt (FAZ) setzt sich mit dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz und den Vorschlägen der Antidiskriminierungsstelle zu dessen Reform auseinander. Die Vorschläge, insbesondere die geforderte Haftung für das Verhalten Dritter, würden zu einem "schleichenden Umerziehungsprogramm auf dem Rücken von Unternehmern" führen. Das Antidiskriminierungsrecht solle sich auf seine Wurzeln besinnen, die im Schutz des Einzelnen vor Benachteiligung liegen.

Europäische Integration: In einem Gastbeitrag für die FAZ spricht sich Hans Hugo Klein, emeritierter Rechtsprofessor und ehemaliger CDU-Politiker sowie Richter am Bundesverfassungsgericht, für eine Stärkung der nationalen Parlamente in der Europäischen Union aus. Da der Subsidiaritätsgrundsatz bisher weitgehend leer laufe, müssten die nationalen Parlamente die Möglichkeit erhalten, die Geltung von Unionsrecht, das ihrer Meinung nach gegen den Subsidiaritätsgrundsatz verstößt, in ihrem Staat zu verhindern. Ein solches "Opting-out" würde die Union nicht zum Einsturz bringen aber den Mitgliedstaaten "ein erhebliches Stück ihrer Souveränität zurückgegeben". Eine andere Meinung vertritt Christine Landfried in der FAZ. Die Politikwissenschaftlerin kritisiert die Praxis, Mitgliedstaaten Sonderrechte zuzugestehen, um einen Austritt zu verhindern. Ein Übermaß an Ausnahmen würde zur Desintegration europäischer Institutionen führen. Stattdessen sei ein neuer Konvent erforderlich, bei dem die Europäische Union neu konstituiert wird. Der politische Preis sei dabei, "dass nicht alle Mitgliedstaaten, die nach der Umsetzung des Brexits noch zur EU gehören, bei einem solchen Neustart des europäischen Projektes mitmachen werden".

TTIP und CETA: Das Hbl (Dietmar Neuerer) interviewt Klaus Müller, Vorstand des Verbraucherzentralen-Bundesverbands zu den Freihandelsabkommen TTIP und CETA. Der "oberste Verbraucherschützer" Deutschlands ist der Ansicht, dass die nationalen Parlamente CETA zustimmen müssen.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 18. August 2016: Burka und Niqab / AfD-Post straffrei / VW-Akten aus den USA . In: Legal Tribune Online, 18.08.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/20318/ (abgerufen am: 27.04.2024 )

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