Die juristische Presseschau vom 12. August 2015: BVerfG zu Zeugen Jehovas – Im Zweifel für den Anwalt – Fischer zu Netz­po­li­tik

12.08.2015

Die Verleihung des Körperschaftsstatus an Religionsgemeinschaften darf nicht durch Gesetz erfolgen. Außerdem in der Presseschau: BGH zu Beweislast bei Anwaltsregress und Thomas Fischer kritisiert alle Beteiligten der Netzpolitik-Affäre.

Thema des Tages

BVerfG zu Zeugen Jehovas: Das Bundesverfassungsgericht hat einer Verfassungsbeschwerde der Zeugen Jehovas stattgegeben, mit der sie sich dagegen gewehrt hatten, dass ihre Anerkennung als Körperschaft des öffentlichen Rechts im Land Bremen vom Landesgesetzgeber abgelehnt wurde. Es verstoße nach der Entscheidung des BVerfG gegen den Grundsatz der Gewaltenteilung und die Rechtsschutzgarantie für eine solche Entscheidung ein Gesetz zu verlangen. Die entsprechende Vorschrift der Bremer Landesverfassung sei nichtig,berichtet lto.de.

Verfassungsblog.de (Maximilian Steinbeis) beschäftigt sich eingehend mit den divergierenden Meinungen der Richter. Nach einer Minderheit aus Voßkuhle, Herrmanns und Müller handele es sich bei der Verleihung des Körperschaftsstatus um einen ganz normalen Akt landesadministrativer Ausführung von Bundesgesetzen. Habe ein Land geprüft, ob die Voraussetzungen des Grundgesetzes vorliegen, könne dies bundesweit als geklärt gelten. Die Senatsmehrheit hielt dagegen eine Prüfung des Körperschaftstatus in jedem Bundesland für richtig, denn im Grundgesetz gebe es keine Kompetenzzuweisung für das Staatskirchenrecht an den Bund. Die taz (Christian Rath) stellt auch die lange Vorgeschichte des Rechtsstreits dar.

In einem separaten Kommentar bemängelt Christian Rath (taz), dass das BVerfG seine Aufgabe als Schützer von unbeliebten Minderheiten nicht erfüllt habe. Die Richter hätten zwar ausführlich über Förderalismus und Gewaltenteilung diskutiert, dabei aber die entscheidende Frage offen gelassen, ob ein Anspruch auf Anerkennung bestehe.

Rechtspolitik

Karenzzeitgesetz: Am 25. Juli 2015 ist das Karenzzeitgesetz in Kraft getreten, mit dem Bundesministern und parlamentarischen Staatssekretären künftig für bis zu 18 Monate der Wechsel in die Privatwirtschaft untersagt wird. Soll innerhalb dieser Zeit eine Beschäftigung außerhalb des öffentlichen Dienstes aufgenommen werden, muss dies der Bundesregierung angezeigt werden, die dann eine Ermessensentscheidung darüber trifft, ob und wie lange die angestrebte Tätigkeit zu untersagen ist. Der Anwalt David Pasewaldt kommt auf lto.de jedoch zum Schluss, dass Korruption auch bei Einhaltung einer Karenzzeit keinesfalls ausgeschlossen sei. So könnten die Straftatbestände der Vorteilsannahme (§ 331 StGB) und Vorteilsgewährung (§ 333 StGB) bereits dann verwirklicht sein, wenn ein Beschäftigungsverhältnis zumindest auch "für die Dienstausübung" gewährt werde.

Ärztekorruption: Der Rechtsanwalt Matthias Dann kommentiert in der FAZ den vom Bundeskabinett am 30. Juli 2015 verabschiedeten Entwurf für ein "Gesetz zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen". Der Entwurf sei präzise und stelle darauf ab, inwiefern die berufsrechtliche Pflicht zur Wahrung der heilberuflichen Unabhängigkeit verletzt werde. Eben diesen berufs- und sozialrechtlichen Vorschriften komme in Zukunft ein noch höherer Stellenwert zu. Wer sich hieran halte, werde in der Regel vor strafrechtlicher Verfolgung geschützt sein.

Ein-Personen-Gesellschaft: Mit der neuen Rechtsform Societas Unius Personae (SUP) will die EU-Kommission Mittelständlern die Gründung von Gesellschaften im Ausland erleichtern. Dazu soll die Registrierung über das Internet, ohne Offenlegung der Identität und mit einem Startkapital von nur einem Euro möglich sein. Wie das Handelsblatt (Frank Specht) schreibt, befürchten Kritiker Steuerbetrug und Sozialdumping.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 12. August 2015: BVerfG zu Zeugen Jehovas – Im Zweifel für den Anwalt – Fischer zu Netzpolitik . In: Legal Tribune Online, 12.08.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/16577/ (abgerufen am: 17.06.2024 )

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