Die juristische Presseschau vom 19. bis 21. Februar 2022: Kampf gegen Plas­tik­müll / Busch­mann im Inter­view / Eich­mann-Ankläger ver­s­torben

21.02.2022

In Nairobi wird ab Ende Februar über ein rechtsverbindliches Abkommen gegen Plastikmüll verhandelt. Justizminister Buschmann hat Zweifel an der Begründbarkeit einer Impfpflicht und Gabriel Bach, Ankläger im Eichmann-Prozess, ist tot.

Thema des Tages

Plastikmüll: Ende des Monats beginnt in Nairobi die 5. Umweltversammlung der Vereinten Nationen. Auf der Tagesordnung steht unter anderem der Vorschlag, Verhandlungen über ein neues globales, rechtsverbindliches Abkommen zur Verschmutzung durch Plastik aufzunehmen. Dafür ist zunächst ein entsprechendes Mandat erforderlich. "Dies wäre nach jahrelangen Vorbereitungen ein Meilenstein im Kampf gegen ein großes Menschheitsproblem", heißt es in der Mo-FAZ (Katja Gelinsky), die über die die Konferenz und die verschiedenen Positionen berichtet.

Offenen Widerstand gegen dieses wegweisende Projekt gebe es mittlerweile kaum noch, schreibt Katja Gelinsky (Mo-FAZ) in einem separaten Kommentar. In Zeiten internationaler Dissonanzen und Divergenzen sei allein das zwar schon ein Verhandlungserfolg, keineswegs sicher sei aber, ob eine Einigung auf ein Mandat für eine rechtsverbindliche Konvention gelinge. Es bedürfe jedoch eines verpflichtenden und überprüfbaren Fahrplans zur Eindämmung von Plastikabfall.

Rechtspolitik

Marco Buschmann im Interview: Im Gespräch mit dem Spiegel (Sophie Garbe/Martin Knobbe) wiederholt Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) seine Tyrannei-Kritik am bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) wegen dessen Ankündigung einer Aussetzung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht. Daneben fordert er eine baldige Neuregelung des Verfahrens zur Festlegung des Genesenenstatus und äußert Zweifel an der Erforderlichkeit einer allgemeinen Impfpflicht. Es liege auf der Hand, dass es schwieriger werde, eine Impfpflicht zu begründen, wenn die Datenlage indiziert, dass die Infektionsgefahr an Dynamik verliere und keine Überlastung des Gesundheitssystems drohe. Außerdem stellt er erneut seine Pläne für familienrechtliche Reformen, die beispielsweise das Abstammungsrecht oder das Namensrecht betreffen, vor.

Marco Buschmann – Wissenschaft und Rechtspolitik: Im Feuilleton erinnert die Sa-FAZ (Patrik Bahners) an eine Forderung des heutigen Justizministers Marco Buschmann aus dem Jahr 2011, Rechtspolitik wissenschaftlich begleiten zu lassen. Damals ging es um Ergänzungen zum Terrorismusbekämpfungsgesetz, heute aber könnte Buschmann in seiner neuen Funktion diesen Anspruch selbst durchsetzen – bei der Erstellung der im Koalitionsvertrag vorgesehenen "Überwachungsgesamtrechnung". Erinnert wird auch an Buschmanns Dissertation bei Otto Depenheuer.

Corona – Allgemeine Impfpflicht: Statt einer allgemeinen Impfpflicht schlägt der Soziologieprofessor Marcel Erlinghagen in der FAS einen Zuschlag zu den Krankenversicherungsbeiträgen vor, um eine möglichst hohe Impfquote zu erreichen. Weil es um die Risikoreduzierung für vulnerable Gruppen gehe, sei ein solcher Zuschlag auch nicht der Bepreisung eines erhöhten individuellen Erkrankungsrisikos vergleichbar. Die so eingenommenen Mittel könnten etwa zur Finanzierung von Gehaltsprämien für Beschäftigte im Gesundheitssektor genutzt werden, was wiederum die Akzeptanz erhöhen sollte.

Corona – Pflege-Impfpflicht: Die FAS (Wibke Becker) zeichnet die Entstehungsgeschichte der Regelungen zur einrichtungsbezogenen Impfpflicht nach und will dabei das Narrativ eines handwerklich schlecht gemachten Gesetzes, das gegen den Widerstand der Union umgesetzt werden soll, widerlegen. Juristen seien hier jedoch unterschiedlicher Meinung: Der Augsburger Jurist Josef Franz Lindner meint, dass der Bund hier hätte Verwaltungsvorschriften hätte erlassen sollen, für Fabian Wittreck von der Universität Münster sei das Gesetz dagegen klar und umsetzbar.

Rechtsanwalt Tom Stieber analysiert auf LTO, welche Auswirkungen die einrichtungsbezogene Impfpflicht für Drittbetriebe haben wird. Das praktische Problem: Einerseits hätten die Pflegeeinrichtungen keinen unmittelbaren vertraglichen Einfluss auf Drittpersonal, andererseits seien sie zur Überwachung der Impfpflicht (und zur Information an die Gesundheitsämter) hinsichtlich aller Beschäftigten verpflichtet.

Die Akademische Rätin Anna-Lena Hollo widmet sich im Verfassungsblog den Auswirkungen der Pflege-Impfpflicht auf Ansprüche auf Arbeitslosengeld I. Je nach Ausgestaltung könne schon der Anspruch auf Alg I dem Grunde nach ausgeschlossen sein beziehungsweise könnte eine Sperrzeitregelung faktisch zu einer Sanktionierung durch die Hintertür führen, meint die Autorin.

Corona – Maßnahmen: Die Mo-Welt (Claudia Kade) berichtet über die Diskussionen um den Umfang der Coronaschutzmaßnahmen nach dem 19. März. Die Ministerpräsident:innen hatten sich bei ihrer letzten Zusammenkunft darauf geeinigt, lediglich einen so genannten "Basisschutz" aufrecht zu erhalten. Was konkret dazu gehört, ist jedoch noch nicht geklärt. 2G und auch 3G seien sicher keine niedrigschwelligen Basisschutzmaßnahmen, sondern stellten einen erheblichen Eingriff in Grundrechte dar, wird Rechtsprofessor Franz Josef Lindner in einem weiteren Artikel der Mo-Welt (Thomas Vitzthum) zitiert. Auch Rechtsprofessor Thorsten Kingreen meint, dass man 2G oder 2G plus mit dem individuellen Infektionsschutz nicht mehr rechtfertigen könne.

Homeoffice: Nachdem die pandemiebedingte Homeoffice-Pflicht voraussichtlich Ende März auslaufen wird, betrachtet LTO-Karriere die Diskussion um eine dauerhafte Implementierung. Während Gewerkschaftsvertreter "klare Regeln für das Homeoffice der Zukunft" fordern, spricht sich der Arbeitgeberverband gegen "fixierende Regeln" aus. Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hatte kurz vor der jüngsten Bund-Länder-Konferenz bekräftigt, aus dem "coronabedingten ungeplanten Großversuch zum Homeoffice" grundlegende Konsequenzen ziehen zu wollen.

Suizidhilfe: Im Interview mit der Mo-FAZ (Helene Bubrowski/Heike Schmoll) erläutert die Gesundheitspolitikerin der Grünen Kirsten Kappert-Gonther den Gesetzentwurf zur Regelung der Suizidhilfe, den sie gemeinsam mit vier anderen Angeordneten von FDP, CDU, SPD und Linken erarbeitet hat. Vorgesehen sind zwei Untersuchungen von Fachärztinnen und -ärzten für Psychiatrie und Psychotherapie im Abstand von drei Monaten. Nach der zweiten Untersuchung soll eine Frist von mindestens zwei Wochen eingehalten werden bis der assistierte Suizid stattfinden kann. Nach den Vorstellungen von Kappert-Gonther soll ein entsprechendes Gesetz noch in diesem Jahr verabschiedet werde

Heribert Prantl (Sa-SZ) kritisiert in seiner Kolumne einerseits Regelungsvorschläge, wonach Sterbewillige eine Art "Sterbereifeprüfung" absolvieren müssen, um eine Art "Sterbeprüfungszeugnis" zu erhalten. Andererseits kritisiert Prantl das BVerfG, das zu weit gegangen sei. Es habe den Gesetzgeber "vor die schier unmögliche Aufgabe gestellt, aus dem abstrakt absoluten Sterberecht etwas konkret relativ Anständiges zu machen."

EU-Datenstrategie: Der baden-württembergische Datenschutzbeauftragte Stefan Brink und Rechtsprofessor Rolf Schwartmann geben in der Mo-FAZ einen Überblick über die verschiedenen geplanten Rechtsakte, die die europäische Datenstrategie definieren sollen. Mit dem Digital Markets Act (DMA) und dem Digital Services Act (DSA) soll die Marktmacht der "Gatekeeper" eingehegt und deren Dominanz für die Willensbildung im Netz gebremst werden. Der Data Governance Act (DGA) soll neue Anreize für eine Datenverwaltung in Europa schaffen. Ergänzend dazu soll noch im Februar der Entwurf für einen Data Act veröffentlicht werden, der den Zugang zu Daten regeln soll.

Digitale Hauptversammlung: Weil das Bundesjustizministerium virtuelle Hauptversammlungen von Aktiengesellschaften dauerhaft zulassen will, werden Hauptversammlungen in großen Mehrzweckhallen mit Verpflegung für die Teilnehmer zum Auslaufmodell, prophezeit Rechtsanwalt Matthias Grote auf LTO. "Richtig, zeitgemäß und längst überfällig" findet Grote das Vorhaben und begrüßt, dass Erfahrungen aus der Pandemie im entsprechenden Referentenentwurf berücksichtigt wurden. Rechtsanwalt Sebastian Goslar hofft im Hbl-Rechtsboard, dass der Gesetzgeber auch einzelne Elemente der virtuellen HV auf die Präsenzveranstaltung überträgt, um deren Attraktivität sowohl für Gesellschaften als auch institutionelle Investoren zu steigern.

BAföG: Die Ampelkoalition hat für eine BAföG-Erhöhung einen Gesetzentwurf vorgelegt. Die BAföG-Sätze sollen um fünf Prozent steigen, außerdem sollen die Freibeträge um 20 Prozent angehoben werden, schreibt LTO.

Justiz

EuGH zu EU-Rechtsstaatlichkeit und Finanzen: Maximilian Steinbeis (Verfassungsblog) hat sich angeschaut, was der EuGH in seinem Urteil zum finanziellen EU-Rechtsstaatsmechanismus über die Identität der EU geschrieben hat und erinnert sich dabei an das Lissabon-Urteil, in dem das Bundesverfassungsgericht "einst die Idee einer von ihm kontrollierten Verfassungsidentität formte". Karlsruhe habe sich damals als eine Art integrationspolitisches Über-Ich gegenüber Bundestag und Bundesregierung installiert und das sei weder dem Gericht noch der Bundesrepublik und ihrer parlamentarischen Demokratie noch der Europäischen Union am Ende sonderlich gut bekommen.

BGH zu Böllerwurf im Stadion: Der Bundesgerichtshof hat im Dezember laut LTO die Verurteilung eines Mannes bestätigt, der bei einem Fussball-Derby einen Böller geworfen und dadurch 21 Menschen verletzt hatte. Das Landgericht Köln hatte den Mann zu drei Jahren und drei Monaten Haft wegen Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion verurteilt. Auch der BGH hält die vorliegende Zahl von 21 betroffenen Personen für hinreichend zur Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzung von § 308 Abs. 2 Alt. 2 StGB (Gesundheitsschädigung einer "großen Zahl" von Menschen).

OLG Düsseldorf – IS-Rückkehrerin Verena M.: Wie spiegel.de meldet, hat die Bundesanwaltschaft Anklage gegen eine weitere IS-Rückkehrerin erhoben. Verena M. soll zusammen mit ihrem minderjährigen Sohn im Sommer 2015 zum IS nach Syrien gereist sein. Für ihren nach islamischem Ritus angetrauten Ehemann soll sie den Haushalt geführt und ihm so eine Betätigung als IS-Kämpfer ermöglicht haben.

OLG Schleswig zu Online-Bewertung: Auch scharf formulierte Bewertungen müssen sich Unternehmen auf "Google Places" gefallen lassen, hat das Oberlandesgericht Schleswig laut LTO entschieden. Ein Immobilienmakler hatte bei "Google Places" eine Bewertung erhalten, die ihn als "arrogant und nicht hilfsbereit" beschreibt. Die Klage des Maklers auf Unterlassung blieb sowohl vor dem LG Flensburg als auch jetzt vor dem OLG erfolglos. Zwar sei die Bewertung geeignet, den Makler in seinem allgemeinen sozialen Geltungsanspruch und auch in seiner Geschäftsehre zu verletzen, jedoch trete das Interesse des Maklers am Schutz seines sozialen Geltungsanspruchs hinter dem Recht auf Meinungsfreiheit des Rezensenten zurück.

OLG Frankfurt/M. – Franco A.: Die Sa-taz (Daniel Schulz/Sebastian Erb) berichtet vom Prozess gegen Franco A. Der 33jährige Bundeswehrsoldat steht seit Mai 2021 wegen des Vorwurfes eine schwere staatsgefährdende Gewalttat vorbereitet zu haben, vor Gericht. Detailreich beschreiben die Autoren die Befragungen des Angeklagten, der sich bei seinen Antworten immer wieder selbst widerspreche.

KG – "Keinohrhasen"/Urheberrecht: Das Kammergericht Berlin verhandelte in der vergangenen Woche über die Berufung gegen den vom LG Berlin festgestellten Auskunftsanspruch der Drehbuchautorin Anika Decker gegen die Produktionsfirma der Kinofilme "Keinohrhasen" und "Zweiohrküken“. Es ging letztlich um eine angemessene Vergütungsbeteiligung an den Umsätzen der beiden Erfolgsfilme. Die FAS (Julia Encke) berichtet im Feuilleton über die Auseinandersetzung und den tatsächlichen und rechtlichen Rahmen. Nachdem die Berufung am Ende der mündlichen Verhandlung zurückgenommen wurde, ist Deckers Auskunftsanspruch über die Höhe der Einnahmen jetzt rechtskräftig. Vor dem LG muss nun geklärt werden, ob auch Zahlungsansprüche bestehen.

VG Berlin zu Rechten von Genesenen: Die Halbierung des Genesenenstatus auf drei Monate durch das Robert-Koch-Institut Mitte Januar war rechtswidrig. Zu diesem Schluss kam am letzten Donnerstag das Verwaltungsgericht Berlin in einer Eil-Entscheidung, weil die Delegation auf das RKI nicht von der Verordnungsermächtigung im Infektionsschutzgesetz gedeckt war. Das VG Berlin erklärte sich für bundesweit zuständig und muss nun mit einer Klagewelle rechnen, wenn die Bundesregierung nicht bald Abhilfe schafft. Sa-taz (Christian Rath) berichtet.

VG Berlin zu Rechten von Geimpften: Auch wer sich nur einmal mit dem Impfstoff&Johnson und Johnson hat impfen lassen, gilt nach einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtes Berlin, über die LTO berichtet, als vollständig geimpft. Der Ausschluss vom vollständigen Impfstatus durch das Paul-Ehrlich-Institut sei voraussichtlich rechtswidrig, so das Gericht in einem Eilbeschluss. Auch hier hätte die Bundesregierung selbst entscheiden müssen. 

LG Frankfurt/M.  zu Drogenhandel/Encrochat: LTO (Joschka Buchholz) berichtet über eine aktuelle Verurteilung des Landgerichts Frankfurt/M. auf der Grundlage von Encrochat-Daten. Hier wurde ein mit Erlösen aus Drogenhandel erworbener Lamborghini eingezogen sowie die Einziehung von Wertersatz in Höhe von rund fünf Millionen Euro angeordnet.

Deutsche Drogenfahnder haben kriminellen Nutzern von Encrochat-Krypto­-Handys den Zugriff auf mehr als 319 Millionen Euro entzogen, berichtet der Spiegel (Jörg Diehl/Roman Lehberger). Die Beamten erwirkten seit 2020 gerichtliche Vermögensarreste inin dieser Höhe, wobei bereits 187 Millionen Euro hatten sichergestellt werden können, etwa in Form von Immobilien, Autos und Bargeld. Derzeit warten die Ermittler  auf die vollständige Übermittlung eines weiteren gehackten Datensatzes des Kryptoanbieters Sky ECC. Dessen Kundenstamm soll in Deutschland fünfmal so groß sein wie der von Encrochat. 

LG Frankfurt/M. – "NSU 2.0"-Drohschreiben: Die These der Anklage, es handele sich bei dem Berliner Angeklagten um einen Einzeltäter, sei vorschnell, meint Julian Staib (FAS). Täglich stelle sich im Prozess von Neuem die Frage nach einer möglichen Verbindung des Drohschreibers zur Polizei. 

LG Frankfurt – Cum-Ex/Maple Bank: Das Landgericht Frankfurt wird die vier Angeklagten im Cum-Ex-Prozess um die Geschäfte der Maple Bank wohl zu Haftstrafen verurteilen, wie nun auch die Sa-FAZ (Marcus Jung) berichtet. Die Verhandlung pausiert jetzt für mehrere Wochen, die Beteiligten haben damit die Möglichkeit, Verfahrensabsprachen zu treffen.

Der Hinweis der Frankfurter Strafjustiz an die Angeklagten müsse über das konkrete Verfahren hinaus als Mahnung für andere Cum-Ex-Profiteure verstanden werden, mit den Staatsanwaltschaften zu kooperieren, meint Marcus Jung (Sa-FAZ) in einem separaten Kommentar.

LG Frankfurt/M. zu Insiderhandel: Das Landgericht Frankfurt/M. hat die bislang höchste Haftstrafe – drei Jahre, acht Monate - für Insiderhandel ausgesprochen. Der Verurteilte habe zwischen Mai 2018 und Februar 2020 Aktien und Derivate diverser Emittenten gehandelt, vorwiegend vor Übernahmeangeboten. Ein früherer Banker der US-Investmentbank Lazard, von dem Insiderinformationen gekommen waren, wurde nach einem Geständnis zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. 8,5 Millionen Euro Gewinn konnten durch den Insiderhandel erzielt worden, knapp sieben Millionen Euro wurden vom Gericht eingezogen. Hbl (René Bender), Sa-FAZ (Markus Frühauf) und Bloomberg (Karin Matussek, in englischer Sprache) berichten über die Urteile.

LG Frankfurt/M. zu Strompreisen: Das Landgericht Frankfurt hat dem Energieversorger Mainova untersagt, von Neukundinnen und -kunden in der Grundversorgung höhere Preise zu verlangen als von Bestandskunden. Die Spaltung des Tarifs sei wettbewerbswidrig und verstoße gegen das Energiewirtschaftsgesetz, so das Gericht laut spiegel.de (Stefan Schultz).

AG Sigmaringen – Demonstration vor Politikerhaus: Vor dem Amtsgericht Sigmaringen muss sich an diesem Montag in einem Strafprozess im beschleunigten Verfahren, über den die Mo-taz (Benno Stieber) berichtet, ein Mann wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz verantworten. Er soll Mitte Februar eine unangemeldete Kundgebung vor dem Privathaus des baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann (Grüne) geleitet haben.

GenStA Hamburg – Cum-Ex/Warburg-Bank: Über die Anzeige des Hamburger Rechtsanwaltes Gerhard Strate gegen Olaf Scholz und Peter Tschentscher im Zusammenhang mit dem Cum-Ex-Skandal berichtet jetzt auch die Sa-FAZ (Marcus Jung/Matthias Wyssuwa). Der Anwalt wirft den beiden Politikern Beihilfe zur Steuerhinterziehung und Scholz auch falsche uneidliche Aussage vor. Strates Strafanzeige zeuge von tiefen Kenntnissen der Cum-Ex-Geschäfte der Warburg-Bank und ihrer Geschäftspartner sowie der internen Abläufe im Finanzamt für Großunternehmen im Herbst 2016, heißt es im Text. Hamburgs Generalstaatsanwalt tue also gut daran, Inhalt und Vorwürfe ausreichend zu prüfen.

Rechtsextremer Richter Jens Maier: Nachdem das sächsische Justizministerium angekündigt hatte, den in den Justizdienst zurückkehrenden früheren AfD-Abgeordneten Jens Maier dem Amtsgericht Dippoldiswalde zuzuweisen, ihm die Ausübung seiner Dienstgeschäfte aber zu untersagen und gleichzeitig seine Versetzung in den Ruhestand zu beantragen, fasst der Spiegel (Steffen Winter/Dietmar Hipp) den tatsächlichen und den rechtlichen Hintergrund der Causa Maier zusammen. Der Fall zeige "vor allem ein Problem, das schon Kurt Tucholsky in der Weimarer Republik beklagte: Richter, das sind in Deutschland eigentlich die 'Unabsetzbaren'".

Es sei ein vernünftiger Ausweg, den die Ministerin gefunden habe, meint Stefan Locke (FAS). Sachsen betrete hier rechtliches Neuland, aber im Zweifel müsse das Handeln der Justizministerin vor Gericht Bestand haben.

Richter und Verfassungstreue: Die Sa-SZ (Gianna Niewel/Ronen Steinke) berichtet über den bisher wenig erfolgreichen Versuch des SPD-Landtagsabgeordneten Gerald Kummer, eine Richteranklage gegen den Gießener Verwaltungsrichter Andreas Höfer zu initiieren. Höfer hatte 2019 einer Klage der rechtsextremen NPD u.a. mit der Begründung stattgegeben, der von der Partei im Wahlkampf benutzte streitgegenständliche Slogan "Migration tötet" enthalte eine "empirisch beweisbare Tatsache". Weitere Fälle umstrittener Richterentscheidungen, wegen denen bereits Disziplinarverfahren anhängig sind, gibt es auch in Thüringen.

Recht in der Welt

IGH – Myanmar: Der Internationale Gerichtshof, vor dem diese Woche gegen Myanmar wegen des Vorwurfes des Völkermordes verhandelt wird, habe, so befürchtet die Ethnologin Judith Becker in der Mo-Taz, das dortige Militärregime quasi anerkannt. Wenn das Militär vor dem Gerichtshof den Staat vertreten dürfe, erfolge dadurch eine indirekte Anerkennung des Regimes und seiner Schreckensherrschaft, die in Myanmar mittlerweile über 1.500 Todesopfer gefordert, die zivile Widerstandsbewegung (CDM) in den Untergrund gedrängt und mehr als 450.000 Menschen vertrieben habe, schreibt Becker.

USA – Facebook/Rohingya: Die Sa-SZ (Lena Kamp/Georg Mascolo u.a.) berichtet in ihrem "Buch zwei" sehr ausführlich über die Sammelklage, die im Namen der in Myanmar verfolgten und vertriebenen Rohingya gegen Facebook vor dem Obersten Gericht des Staates Kalifornien für den Bezirk San Mateo erhoben wurde. Es geht um Entschädigung in Höhe von 200 Mrd. Dollar wegen Produkthaftung und Fahrlässigkeit. Facebook habe die Hetze gegen die Rohingya viel zu spät gestoppt, weil es kaum Inhalts-Kontrollen in der Landessprache gab. Geschildert wird auch, wie sich der Umgang Facebooks mit der Lage in Myanmar seither zum Besseren entwickelte, indem zum Beispiel die Accounts des Militärs gesperrt wurden.

Kanada – Ausnahmezustand: In Kanada wurde wegen der Grenzblockaden durch LKW-Fahrer kürzlich durch den Premierminister der Ausnahmezustand erklärt. Rechtsprofessor Clemens Arzt erläutert im Verfassungsblog den kanadischen Emergencies Act und auch die Kritik der Canadian Civil Liberties Union an der jetzigen Anwendung des Ausnahmerechts. Auch Arzt selbst ist skeptisch, ob der Ausnahmezustand einer Überprüfung durch Gerichte standhält.

Sonstiges

Offener Vollzug in Berlin: Der Spiegel (Claas Meyer-Heuer/Ansgar Siemens) berichtet über die von Verurteilten genutzte Möglichkeit, sich Hafterleichterungen durch Wechsel des Wohnortes nach Berlin zu verschaffen. Da der Strafvollzug Ländersache ist, variiert auch die Anwendung des offenen Vollzugs, in Berlin sei sie besonders großzügig. So haben sich beispielsweise verurteilte Drogenhändler aus Hamburg rechtzeitig nach Berlin umgemeldet, um ihre Strafe nicht im geschlossenen Vollzug verbüßen zu müssen.

Eichmann-Ankläger verstorben: Gabriel Bach, der stellvertretende Chefankläger im Jerusalemer Verfahren gegen den NS-Verbrecher Adolf Eichmann ist am Freitag im Alter von 94 Jahren in Israel gestorben, meldet spiegel.de. Eichmann wurde wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Verbrechen gegen das jüdische Volk und Kriegsverbrechen verurteilt und 1962 hingerichtet.

Rechtsanwalt und Kraftsportler: LTO-Karriere (Pauline Dietrich) hat sich mit dem Rechtsanwalt und erfolgreichen Hobby-Gewichtsheber Raffael Gordzielik unterhalten, der dreimal hintereinander die deutsche Strongman-Meisterschaft gewonnen hat. Der Marburger beschreibt, wie er Sport und juristische Ausbildung unter einen Hut gebracht hat und auf welche Vorurteile er gestoßen ist.

Ignatius Donnelly: Martin Rath erinnert auf LTO an den US-amerikanischen Juristen, Politiker und Autor Ignatius Donnelly, der insbesondere durch seine Thesen zu Atlantis bekannt wurde. Mit diesem Werk sei Ignatius Donnelly etwas ganz Neues gelungen: die Erfindung eines modernen "Neomythos".

 

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lto/pf

(Hinweis für Journalistinnen und Journalisten)

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Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 19. bis 21. Februar 2022: Kampf gegen Plastikmüll / Buschmann im Interview / Eichmann-Ankläger verstorben . In: Legal Tribune Online, 21.02.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/47595/ (abgerufen am: 21.05.2024 )

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