Die juristische Presseschau vom 5. bis 7. November 2016: Ermitt­lungen gegen VW-Auf­sichts­rats­chef / Neuer Ent­wurf für Ein­wan­de­rungs­ge­setz / Brexit-Dis­kus­sion

07.11.2016

Recht in der Welt

Großbritannien – Brexitverfahren: Mit der Entscheidung des Londoner High Court, der in der vergangenen Woche festgestellt hatte, dass das Verfahren zum Austritt aus der EU nicht ohne Zustimmung des Parlaments in Gang gesetzt werden darf, befassen sich in englischer Sprache auf verfassungsblog.de Adam Tomkins, Ioanna Tourkochoriti und Richard Lang. Maximilian Steinbeis kritisiert auf verfassungslog.de die Reaktion der britischen Yellow Press: So bezeichnete beispielsweise die "Daily Mail" am Freitag die Richter als "enemies of the people" – als "Feinde des Volkes".

Stefan Kornelius (Montags-SZ) erläutert die Konsequenzen der Entscheidung bis hin zu einer möglichen Neuwahl des Parlamentes. Das Volk müsse sich dann ein Parlament wählen, das seinen Brexit-Wunsch auch mit Mehrheit umsetzen könne. Jacques Schuster (WamS) wundert sich über die harsche Reaktion der Brexit-Befürworter. Gerade Großbritannien sei durch die Stärke seines Parlamentes geprägt – auch als Gegengewicht zur Brüsseler "Bürokratiekrake". Marcus Theurer (FAS) weist darauf hin, dass zwar klar sei, wogegen die Briten im Frühjahr gestimmt hätten, nicht aber wofür. Den einen Brexit gebe es nicht, sondern stattdessen ein ganzes Spektrum denkbarer Varianten.

USA – Abstimmung zur Legalisierung von Marihuana: Die taz (Bernd Pickert) weist darauf hin, dass am 8. November nicht nur über den künftigen Präsidenten der Vereinigten Staaten, sondern in neun Staaten auch über Neuregelungen zum Gebrauch  von Marihuana abgestimmt wird. Der Autor meint, dass das Abstimmungsverhalten der Anfang vom Ende des Marihuanaverbotes in den USA bedeuten könnte – mit potenzieller Vorbildwirkung für den Rest der Welt.

USA – sexueller Missbrauch an Penn State: Wegen des jahrelangen Missbrauchs von Studenten durch den früheren Football-Coach Jerry Sandusky muss jetzt auch die Universität von Pennsylvania 2,4 Millionen Euro Strafe zahlen. Wie spiegel.de  berichtet, hat die Universität Beschwerden gegen den Trainer ignoriert. Sandusky selbst wurde bereits 2012 zu mindestens 30 Jahren Haft verurteilt.

USA – Verurteilung wegen Verleumdung: Das Magazin Rolling Stone wurde laut Montags-SZ (Karoline Meta Beisel) wegen Verleumdung verurteilt. Das Magazin hatte 2012 über eine Massenvergewaltigung an der Universität von Virginia berichtet, dabei jedoch wesentliche journalistische Sorgfaltspflichten außer Acht gelassen. Kurz nach Erscheinen des Artikels kamen dann Zweifel auf, ob sich die beschriebenen Vorgänge tatsächlich so abgespielt hatten.

Sonstiges

Anti-Doping-Gesetz: Der Spiegel (Gerhard Pfeil) berichtet von einem Symposium, das eigentlich die einjährige Erfolgsgeschichte des Anti-Doping-Gesetzes feiern sollte. Stattdessen kamen mehrere Experten jedoch zu dem Schluss, dass das deutsche Kontrollsystem ineffektiv sei. Der Sportmediziner Perikles Simon forderte deshalb die Einrichtung eines unabhängigen Wissenschaftsgremiums aus Forensikern, das die Stiftung Nationale Anti Doping Agentur Deutschland NADA ablösen soll.

Gerichtsvollzieheralltag: Die Samstags-SZ (Gianna Niewel) beschreibt den Alltag eines Berliner Gerichtsvollziehers.

Jugendkriminalität: Der Spiegel (Guido Mingels) hat sich die Kriminalitätsstatistik angeschaut und festgestellt, dass die Jugendkriminalität entgegen der landläufigen Meinung seit Jahren rückläufig ist. In der Gruppe der 14- bis 17-Jährigen sind beispielsweise die Zahlen der Verurteilungen für Delikte wie Körperverletzung, Mord, Totschlag oder Vergewaltigung seit 2007 erheblich gesunken, teils um mehr als die Hälfte.

NSU-Aufklärung: Bundesjustizminister Heiko Maas hat sich bei den Opfern der Terrorzelle NSU entschuldigt. "Dass Rechtsextreme der NSU über ein Jahrzehnt lang mordend durch die Lande gezogen sind und wir nicht in der Lage gewesen sind, dies zu stoppen und die Bürgerinnen und Bürger besser zu schützen, ist nichts anderes als ein großes Staatsversagen", wird der Minister in einer Meldung der Samstags-FAZ zitiert. Die Samstags-taz (Andreas Speit/Konrad Litschko) unterhält sich mit dem Präsidenten des Amtes für Verfassungsschutz Thüringen, Stephan Kramer, einem der Nebenklagevertreter im NSU-Prozess, Sebastian Scharmer, sowie der Bundestagsabgeordneten Petra Pau über die schleppende Aufklärung der Taten des Untergrundnetzwerkes. Petra Pau spricht dabei von "Blockade und teilweise sogar Sabotage".

Auch Christian Bommarius (BerlZ) wundert sich, weshalb es seit fünf Jahren ungeklärt ist, wie es den Mördern gelingen konnte, 13 Jahre lang ungefährdet im Untergrund zu leben und die Verbrechen zu planen. Und vor allem auch, welche Helfershelfer sie hatten.

Die Versäumnisse bei der Aufklärung wurden jetzt auch in einem Theaterstück aufgearbeitet. Die Montags-taz (Anette Walter) stellt die Kollage der Regisseurin Christiane Mudras vor, in der Zitate von Vertretern des NSU-Untersuchungsausschusses, Beamte der Landes- und Bundesbehörden für den Verfassungsschutz, Sprecher der Bundesanwaltschaft, des Bundesverfassungsgerichts und der Generalbundesanwalt zusammengefasst werden. Dazwischenmontiert sind Zeugenaussagen, Pressestimmen und offizielle Verlautbarungen zu den Untersuchungen.

Urheberrechte bei Youtube: Corinna Budras (FAS) befasst sich mit der Einigung zwischen Google und der GEMA zu den Rechten an auf Youtube gezeigten Musikvideos. Sie meint, dass zwar das Internet eine Zäsur im Umgang mit Urheberrechten gebracht habe, der Schutz des geistigen Eigentums aber deshalb noch langen kein Relikt der analogen Zeit sei.

"Terror" von Schirach: Heribert Prantl (SZ) rezensiert in der Montags-SZ die Kritik des Strafrechtsprofessors Wolfgang Schild an dem Theaterstück von Ferdinand von Schirachs "Terror". So spreche Schirach zentrale strafrechtliche Probleme gar nicht an und unterscheide in seinem Stück nicht zwischen Unrecht und Schuld. Wolfgang Schilds Schrift über die Rettungstötung und ihre juristischen Probleme sei der Idealfall eines Programmheftes, lobt Prantl.

Das Letzte zum Schluss

Massenüberwachung durch "Knöllchen-Horst". Dem Arbeitseifer von "Knöllchen-Horst" hat das Verwaltungsgericht Göttingen jetzt einen Dämpfer verpasst. Laut lawblog.de (Udo Vetter) wurde dem Frührentner die Verwendung seiner Dashcam bei der Jagd auf echte oder vermeintliche Verkehrssünder verboten. Allein im vergangenen Jahr hatte "Knöllchen-Horst" mehr als 5.000 Anzeigen erstattet, insgesamt sollen es über 50.000 sein. Bei zahlreichen Anzeigen hatte er als Beweis Aufnahmen seiner Dashcam vorgelegt. Damit ist jetzt Schluss, die niedersächsische Datenschutzbeauftragte verfügte eine Untersagung, die das Verwaltungsgericht Göttingen bestätigte. In dem Beschluss weist das Gericht auch darauf hin, dass die Verfolgung von Verkehrsverstößen eine öffentliche Aufgabe darstellt, deren Erfüllung Polizei und Ordnungsbehörden vorbehalten ist.

 

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Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.

lto/pf

(Hinweis für Journalisten)

Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 5. bis 7. November 2016: Ermittlungen gegen VW-Aufsichtsratschef / Neuer Entwurf für Einwanderungsgesetz / Brexit-Diskussion . In: Legal Tribune Online, 07.11.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/21071/ (abgerufen am: 03.05.2024 )

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