Die juristische Presseschau vom 13. bis 15. August 2016: Burka und Sicher­heit / Kinder und Ehe / Richter und Unab­hän­gig­keit

15.08.2016

Nach der Ankündigung eines neuen Sicherheitspaketes läuft die Diskussion um Burka-Verbot und Doppelpass auf Hochtouren. Außerdem in der Presseschau: Bund-Länder-Arbeitsgruppe zu Kinderehen und Fischer zur richterlichen Unabhängigkeit.

Thema des Tages

Burka-Verbot und doppelte Staatsbürgerschaft: Bundesinnenminister Thomas de Maizière hat in der vergangenen Woche seine Pläne für ein neues Sicherheitspaket vorgelegt. Im Interview mit dem Sonntags-Tsp (Stephan Haselberger u.a.) erläutert er seine Vorschläge. Nicht vorgesehen ist danach die von einigen Landesinnenministern geforderte grundsätzliche Abschaffung der doppelten Staatsbürgerschaft und die Einführung eines Burka-Verbots. Mit dem Sicherheitspaket und den Reaktionen darauf befassen sich auch der Spiegel (Sven Böll u.a.), die Samstags-SZ (Nico Fried) und die FAS (Markus Wehner).

Im Leitartikel des Spiegel unterstellt Nils Minkmar jenen, die jetzt ein Bur­ka-­Ver­bot, die Lo­cke­rung der ärzt­li­chen Schwei­ge­pflicht bei ver­däch­ti­gen Mus­li­men oder das Ende des Dop­pel­pas­ses for­dern, dass es ihnen nicht um grö­ße­re Si­cher­heit gehe. Die­ Vor­schlä­ge zei­gten bloß den pein­li­chen Man­gel ei­ner ko­hä­ren­ten Stra­te­gie ge­gen das Übel des ra­di­ka­len Is­la­mis­mus. Christoph von Marschall (Tsp) fordert, dass die doppelte Staatsbürgerschaft die Ausnahme und nicht die Regel sein sollte. Für Tomas Avenarius (Samstags-SZ) gehört die Burka verboten. Anders sieht das Alan Posener (Montags-Welt), der sich in seinem Essay sowohl für die Beibehaltung der Möglichkeit der doppelten Staatsbürgerschaft als auch für ein erlaubtes Tragen der Burka ausspricht. Konstantin von Notz wirft in einem Interview mit der Montags-Welt (Claudia Kade) der CDU/CSU vor, mit der Forderung nach einem Burka-Verbot den Rechtsstaat zu missachten.

Rechtspolitik

Asylrecht: In dem Interview mit dem Sonntags-Tsp (Stephan Haselberger u.a.) stellte Bundesinnenminister Thomas de Maizière auch klar, dass straffällig gewordene Flüchtlinge und Asylbewerber, die falsche Angaben zu ihrer Herkunft machen, nicht nach Syrien abgeschoben werden, solange dort kein Frieden einkehrt.

Kinderehen: Bundesjustizminister Heiko Maas hat laut WamS (Martin Lutz) die Einrichtung einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe zum Thema Kinderehen angekündigt. Insgesamt werden etwa 1.000 Kinderehen gezählt, die Dunkelziffer wird höher eingeschätzt. Der Deutsche Kinderschutzbund fordert ein striktes Mindestheiratsalter von 18 Jahren. Außerdem will die Organisation, dass Ehen, die durch religiöse oder soziale Zeremonie und nicht vor einem Standesbeamten geschlossen werden, als Zwansverheiratung und damit als Straftatbestand erfasst und mit einer Strafe von bis zu fünf Jahren Haft geahndet werden können.

Fahrverbot: Auch der Spiegel (Dietmar Hipp) berichtet jetzt über die von Bundesjustizminister Heiko Maas angekündigte Einführung des Fahrverbotes als Nebenstrafe auch für Straftaten ohne Bezug zum Straßenverkehr. Dagegen spricht sich Torsten Krauel (Samstags-Welt) in einem Kommentar aus. Ein solches Fahrverbot hebele den Grundsatz der Gleichheit vor dem Gesetz aus, weil es beispielsweise für Stadt- und Landbewohner jeweils unterschiedlich Auswirkungen hätte. Außerdem verstoße es gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit von Schuld und Strafe. Auch Reinhard Mohr (WamS) hält den Vorstoß für absurd. Anderer Ansicht ist Philip Eppelsheim (FAS). Gerade für junge Straftäter, für die ein Gefängnisaufenthalt eine zu harte Strafe wäre, könnte das Fahrverbot durchaus eine Möglichkeit sein, den Tätern zumindest ein wenig weh zu tun.

Erbschaftsteuer: Das Montags-Hbl (Jan Hildebrand, Axel Schrinner) erinnert daran, dass der Zeitdruck für die Verabschiedung einer Erbschaftsteuerreform wächst. Für nach der Sommerpause hatte das Bundesverfassungsgericht angekündigt, die Sache selbst in die Hand zu nehmen.

Interview mit Dieter Grimm zum Europarecht: Im Focus befasst sich der frühere Bundesverfassungsrichter Dieter Grimm in einem Gastbeitrag mit dem Vorschlag des Präsidenten der Europäischen Kommission* Martin Schulz, das Europäische Parlament und die Europäische Kommission nach dem Vorbild eines Bundesstaates umzustrukturieren. Grimm gibt zu bedenken, dass es schwer einsehbar sei, wie gerade eine Umwandlung der EU in ein parlamentarisches System nach staatlichem Muster die Distanz zwischen Unionsbürger und der EU überbrücken sollte.

*Korrektur: Martin Schulz ist Präsident des Europäischen Parlaments, nicht der Europäischen Kommission

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 13. bis 15. August 2016: Burka und Sicherheit / Kinder und Ehe / Richter und Unabhängigkeit . In: Legal Tribune Online, 15.08.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/20289/ (abgerufen am: 26.04.2024 )

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