OLG verurteilt Mitglieder der "Gruppe S.": Mehr als "Sprüche klop­fende Wich­tig­tuer"

30.11.2023

Erst kam es wegen Corona zu Verzögerungen, dann starb einer der Angeklagten: Nach mehr als 170 Verhandlungstagen ist vor dem OLG Stuttgart der Mammutprozess gegen Mitglieder der rechtsextremen "Gruppe S." zu Ende gegangen.

Sie wollten mit Anschlägen gegen Moscheen einen Bürgerkrieg provozieren: Am Donnerstag hat der Prozess gegen Mitglieder der rechtsextremen Terrorgruppe "Gruppe S." sein Ende gefunden. Das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart hat unter anderem den Namensgeber Werner S. zu einer sechsjährigen Haftstrafe verurteilt (Urt. v. 30.11.2023, Az. 5 -2 StE 7/20). Nach Überzeugung des Gerichts hat Werner S. eine Terrorgruppe gegründet.


Die Bundesanwaltschaft hatte in ihrem Plädoyer eine Haftstrafe von sieben Jahren für Werner S. gefordert, die Verteidigung hatte auf einen Freispruch plädiert. Neben S. waren zehn weitere Mitglieder oder Unterstützer der Gruppe angeklagt. Sie wurden ebenfalls zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt, teils auf Bewährung. Ein Angeklagter wurde freigesprochen.

"Sie wollten einen Bürgerkrieg provozieren"


Den Männern wurde vorgeworfen, eine Terrorzelle gegründet zu haben. Die Mitglieder der Gruppe hätten die Übernahme der Bundesrepublik Deutschland durch Flüchtlinge gefürchtet und dagegen in den Kampf ziehen wollen, so die Vertreterin der Bundesanwaltschaft. Sie wollten demnach mit Anschlägen gegen Moscheen einen Bürgerkrieg in Deutschland provozieren. Ein Verteidiger hingegen nannte die Gruppe eine "Ansammlung Sprüche klopfender Wichtigtuer".

Aufgrund des Umfangs und der Corona-Pandemie wurde das streng gesicherte Verfahren in die Länge gezogen. Nach Angaben des Gerichts wurden in dieser Zeit mehr als 130 Zeugen vernommen und rund 1.000 Dokumente behandelt, darunter viele Chat-Protokolle der Gruppe. Außerdem seien mehr als 200 mitgeschnittene Telefonate angehört
 worden, teilte eine Gerichtssprecherin mit.

Ein Verdächtiger starb vor Anklageerhebung

Einer der Verdächtigen war bereits vor Anklageerhebung in Untersuchungshaft gestorben. Einer der Angeklagten aus Bayern war überraschend während des Prozesses gestorben. Der Mann war nach Angaben des OLG auf der Heimfahrt von einer Verhandlung im Stammheimer Hochsicherheitstrakt kurz vor seiner Wohnung tot zusammengebrochen.

Der Prozess gegen Mitglieder der "Gruppe S." war nicht der einzige gegen mutmaßliche rechtsextreme Terrorgruppen in Deutschland. Derzeit stehen in Koblenz vier Männer und eine Frau vor Gericht, die geplant haben sollen, zunächst einen großflächigen Stromausfall herbeizuführen und Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach zu entführen.
 
dpa/mw/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

OLG verurteilt Mitglieder der "Gruppe S.": Mehr als "Sprüche klopfende Wichtigtuer" . In: Legal Tribune Online, 30.11.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/53298/ (abgerufen am: 29.04.2024 )

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