Anwälte der Pornoindustrie mahnen Forum ab: Die abmahnende Kanzlei, die keine Abmahnkanzlei sein will

von Christian Solmecke, LL.M.

10.04.2013

Normalerweise mahnen Anwälte für ihre Mandanten Filesharer ab. Nun aber hat eine renommierte Hamburger Kanzlei, die unter anderem dafür bekannt ist, für Pornoproduzenten massenhaft etwaige Urheberrechtsverletzungen in Tauschbörsen abzumahnen, den Verantwortlichen des Forums "abmahnwahn-dreipage" abgemahnt. Zu Unrecht in die "Porno-Abmahnecke" gedrängt? Wohl kaum, meint Christian Solmecke.

Eine Hamburger Kanzlei, die nach eigenen Angaben einige Unternehmen aus der Erotik- und Filmindustrie vertritt und zu deren Tätigkeit es unter anderem gehört, für diese nach Urheberrechtsverletzungen durch Filesharing Abmahnungen zu versenden, will nicht namentlich in einem Forum unter dem Titel "Abmahnungen von …" im Netz genannt werden.

Auch gegen die "einseitige Darstellung als 'sogenannte Abmahnkanzlei'" wehren die norddeutschen Anwälte sich – auch wenn dieser Begriff sich unter der angegriffenen URL nicht findet und die Kanzlei auch nicht behauptet, er werde verwendet.

Adressat der Abmahnung ist Steffen Heintsch, Betreiber des Forums Abmahnwahn-Dreipage.de, das laut Subline "Information und Hilfe bei Abmahnungen wegen Urheberrechtsverletzungen" bieten will. Geordnet nach Kanzleien finden sich Unterseiten jeweils mit der Überschrift "Abmahnungen von …",  auf denen Abgemahnte Fragen stellen, die andere User, aber auch Seitenbetreiber Steffen Heintsch zu beantworten versuchen.

Das möchten die Hamburger nicht mehr. Heintsch solle es unterlassen, ein Forum unter diesem  Titel "Abmahnungen von …"  mit namentlicher Nennung der Kanzlei zu betreiben, fordern die Anwälte. Eine Unterlassungserklärung soll der Forenbetreiber abgeben,  und zwar auch in Bezug auf die Erbringung von Rechtsdienstleistungen, ohne dazu befugt zu sein. Die entstandenen Anwaltskosten beziffern die Advokaten mit 1.049 Euro. Die Kanzlei vertritt sowohl sich selbst als auch die beiden Gesellschafter.

Versendet, wer Abmahnungen versendet, keine Abmahnungen?

Der Forenbetreiber will die Unterlassungserklärung nach Informationen von LTO nicht unterzeichnen. Es verwundert kaum, dass die Abmahnung schnell die Runde machte in der Netzgemeinde und unter anderem das Mitglied der Piratenpartei Markus Kompa es sich nicht nehmen ließ, im heise.de-Blog zu titeln "Filesharing: Abmahnende Kanzlei mahnt ab, weil sie nicht Abmahnkanzlei sein will".  Und tatsächlich sind die Auffassungen der Hamburger Kanzlei in gleich mehreren Punkten kaum nachvollziehbar.

So monieren die Anwälte, die Behauptung in dem Forum sei unwahr, dass die Kanzlei Abmahnungen versende. Die Begründung:  Es werde nicht darauf hingewiesen, dass sie diese im Namen von Mandanten versende.

Man wird nicht aber nur voraussetzen dürfen, dass die angesprochenen Verkehrskreise wissen, dass Anwälte urheberrechtliche Abmahnungen wegen Filesharings in aller Regel selbstverständlich für ihre Mandanten, nämlich die Rechteinhaber, verschicken. Und selbst eine Auslegung nach dem Wortlaut würde zu keinem anderen Ergebnis führen. Anwälte versenden Abmahnungen. In ihrer Kanzlei wird die Abmahnung verfasst, unterzeichnet, eingetütet und verschickt. Selbstverständlich ist der Satz, dass Anwälte Abmahnung verschicken, keine unwahre Tatsachenbehauptung.

Massenhafte Abmahnungen und die "sogenannte Abmahnkanzlei"

Aber auch die "bloße Benennung des Namens der Kanzlei in Verbindung mit der Behauptung der massenhaft versendeten Abmahnung" setze ihre Dienstleistungen und Tätigkeiten herab, argumentieren die Anwälte weiter. Das ergebe sich schon "aus der einseitigen Darstellung als sogenannte 'Abmahnkanzlei' und dem damit einhergehenden Ruf, der in den Augen der angesprochenen Verkehrskreise erzeugt wird", so die Begründung der Abmahnung an Forumsbetreiber Steffen Heintsch.

Dabei räumen die Hamburger Advokaten selbst ein, Unternehmen der Erotik- und Filmbranche im bei Urheberrechtsverletzungen durch Filesharing zu vertreten. Hunderte solcher Abmahnung der Norddeutschen liegen allein einem einzigen Anwalt vor, das Forum veröffentlicht regelmäßig Statistiken, die aus Informationen von Abgemahnten, also Betroffenen erstellt werden.

Auch anhand dieser Zahlen wird deutlich, dass die Kanzlei tatsächlich mehrere tausend Abmahnungen im Jahr für die Pornoindustrie versandt hat. Selbst wenn man vom Eindruck massenhafter Abmahnungen durch die Gestaltung des Forums ausgehen wollte, wären auch solche Behauptungen mithin nicht unwahr.

Zitiervorschlag

Christian Solmecke, Anwälte der Pornoindustrie mahnen Forum ab: Die abmahnende Kanzlei, die keine Abmahnkanzlei sein will . In: Legal Tribune Online, 10.04.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/8494/ (abgerufen am: 26.04.2024 )

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